Benjamin: Remember
 
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Benjamin: Remember

Rezension von Martina Klein

 

"Benjamin lässt in seinen am Computer entstandenen Comics und Illustrationen ein einzigartiges Universum aus Farben entstehen, in das einzutauchen er seine Leser einlädt. Seine zum Teil autobiografischen Geschichten und seine einfühlsamen Beobachtungen des Alltags von Jugendlichen in China gewähren ganz neue Einblicke in dieses uns noch immer fremd erscheinende Land."

 

Pünktlich zur Sommer-Olympiade in China ist beim Tokyopop-Verlag der erste chinesische Comic auf dem deutschen Markt erschienen, um uns über den Sport hinaus noch mehr Facetten des chinesischen Lebens zu zeigen, was wirklich sehr spannend ist.

 

Der Alltag eines chinesischen Comiczeichners ist schwer: So muss er - im Gegensatz zu seinen deutschen Kollegen! - nicht nur gegen die mangelnde Akzeptanz des Genres als ernsthafte Kunst und die daraus folgende eher spärliche finanzielle Entlohnung kämpfen, sondern auch gegen die in China leider immer noch üblichen starren diktatorischen Grenzen und die verkrusteten altchinesischen Strukturen, um seine Werke zu veröffentlichen.

 

So gibt es in China drei wichtige Verbote, die jeder Comiczeichner auf jeden Fall beachten muss: "Erstens: Keine Küsse! Zweitens: Keine Toten und kein Blut! Drittens: Keine Darstellung der 'Drei Punkte' von Mädchen." Also keinerlei Erotik! Das macht die Sache natürlich ganz schön schwierig - sind diese Themen in den Comics und Mangas der restlichen Welt doch ziemlich präsent...

 

Zudem gilt auch noch das Gebot, die in China so erfolgreichen japanischen Mangas hemmungslos zu kopieren: So sagt der Chefredakteur in einer von Benjamins Geschichten zu dem jungen Künstler: "Vertrau mir! Das Wichtigste bleibt das Plagiat!"

 

Doch es gibt in China neben der bürokratischen altchinesischen Sicht auf der einen Seite auch die der jungen ambitionierten Comickünstler, zu denen auch Benjamin gehört, für die Comics eine wichtige Möglichkeit sind, die Gefühle der jungen Leute in ihrer Heimat darzustellen.

 

Doch erst mal zum Inhalt:

Das Buch besteht im Wesentlichen aus zwei Comicgeschichten und zu einem Drittel aus zusätzlichen farbigen Illustrationen, Aufzeichnungen und Kommentaren Benjamins zu seinen Werken. Diese kurzen Texte sind übrigens sehr charmant und sagen viel über den jungen chinesischen Künstler und sein Leben aus.

 

Die erste der gezeichneten Geschichten mit dem Titel „Niemand kann fliegen – Niemand kann sich erinnern“ ist stark autobiografisch geprägt und handelt von einem jungen Comiczeichner, der – erfolglos und frustriert! – in seiner eigenen schäbigen Welt lebt. Ein junges Mädchen verliebt sich in ihn, doch er stößt sie zurück, da er sie, die früher selbst Comics gezeichnet hat doch diese Leidenschaft zugunsten eines finanziell lukrativeren „normaleren“ Jobs aufgegeben hat, für diesen Realismus verachtet. Erst als sie geht, begreift er, was er eigentlich an ihr hatte! Einer der schönen und sehr poetischen Sätze Benjamins fast es treffend zusammen: „Dieser Comic erzählt vom Suchen und Verlieren.“

 

Die zweite Geschichte, betitelt mit „Der Sommer in jenem Jahr“, ist weitaus kürzer. Sie handelt von zwei Studenten an der „Akademie der Schönen Künste“ in Peking. Der eine, aus dessen Sicht die Handlung erzählt wird, ist bei allen beliebt und führt ein unbeschwertes Leben mit allem, was dazu gehört – Partys im Wohnheim mit seinen Kumpels und der ersten großen Liebe. Der andere hingegen, ein armer Bauernbursche, der sich nicht mal genug zu essen geschweige denn saubere Kleidung oder sonstigen Schnickschnack leisten kann, ist wie besessen vom Zeichnen und hängt Tag und Nacht über seinem Zeichenbrett. Die anderen Studenten verspotten den Außenseiter und lassen keine Gelegenheit aus, ihn zu demütigen und zu verprügeln. Einzig unser Ich-Erzähler hat Mitleid mit ihm und beginnt, ihm zu helfen – bis der sonderbare Eigenbrödler plötzlich spurlos verschwindet...

 

Grafisch hat dieser "Manhua", wie man einen chinesischen Comic nennt, wirklich mal eine ganz eigene Optik. Manhua zeichnen sich dadurch aus, dass sie farbiger und wesentlich illustrativer sind als die japanischen Manga. Und Benjamin kann darüber hinaus wirklich außerordentlich gut zeichnen. Zudem sind seine fast schon gemäldeartigen Bilder komplett am Computer entstanden, was sie noch zusätzlich interessant macht, da sie eben trotzdem nicht kalt oder seelenlos wirken. Man wird richtiggehend hineingesogen in den farbigen Rausch, den sie verströmen. Wirklich toll!

 

Zum Autor:

Benjamin wurde 1974 unter dem bürgerlichen Namen Zhang Bin in der chinesischen Provinz Hei Long Jiang geboren. Er gilt in seiner Heimat als einer der ganz großen Vertreter der neuen, jungen Comic-Szene Chinas. Seine Werke werden mittlerweile international verkauft.

 

Fazit:

Dieser Comic ist echt etwas ganz Besonderes - und zwar in jeder Hinsicht! So gewährt er nicht nur einen Einblick in eine fremde Welt, sondern ist auch optisch eine wahre Augenweide!

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240327232031f17cf0ef
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Comic:

Benjamin: Remember

Autor: Benjamin (Zhang Bin)

Broschiert: 192 Seiten

Sprache: Deutsch

Verlag: Tokyopop

Erschienen: Juni 2008

ISBN-Code (13):

978-3-86719-443-3

ISBN-Code (10):

3-86719-443-2

Erhältlich bei Amazon

weitere Infos:


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Erstellt: 15.09.2008, zuletzt aktualisiert: 24.03.2024 18:50, 7326