Bullet (Herausgeber: Sven Klöpping)
 
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Bullet und andere Storys aus dem MegaFusion-Universum herausgegeben von Sven Klöpping

Rezension von Ralf Steinberg

 

Verlagsinfo:

Niemand hat es anders gewollt: die erste Anthologie mit bösen, schnellen SF-Storys aus Sven Klöppings MegaFusion-Universum. Die Figuren sind keine Helden. Die Welt ist nicht ihre Bühne. Sie werden nur geduldet. Und manchmal geschieht etwas, mit dem niemand gerechnet hätte –

Es sind Geschichten aus der Zukunft, Geschichten von Kleinkriminellen, tragisch Liebenden, Sektenführern und schizophrenen Linguistikern. Bekannte und weniger bekannte Autoren des Genres Science-Fiction haben sich zusammengefunden, um einen Beitrag zu MegaFusion zu leisten. Das Ergebnis kann sich lesen lassen.

 

Rezension:

Die Zukunft in Sven Klöppings MegaFusion-Universum ist mies. Die Erde besteht aus einer einzigen, riesigen Stadt. Es gibt keine zentrale Regierung, vielmehr werden Stadteile oder auch nur einzelne Häuser von demjenigen kontrolliert, der es kann.

Nach 60 eigenen Geschichten reizte es Sven Klöpping, andere Geister auf seine Schöpfung loszulassen.

 

Den Anfang darf D. J. Franzen bestreiten. Chuck Torwian untersucht in Der große Gig Todesfälle in Zusammenhang mit Musikkonzerten und zieht sich dafür die Erinnerungen eines Chipheads ins eigene Hirn. Was er als Manager erlebt, sprengt alles, was er bisher erlebte …

Ausbeutung , Sex und Drogen sind typische Bestandteile einer Story über dystopische Riesenstädte. D. J. Franzen bedient sich ihrer souverän, ohne aber eine eine wirklich fesselnde Story zu entwickeln. Das Konzept der verschachtelten Erinnerungen hätte einen erzählerisch besseren Rahmen verdient.

 

Christian Künne wagt in Die Uhr schlägt nicht mehr ein sprachliches Experiment.

Zeffik ist ein Gangster mit Ambitionen. Bei seinem Aufstieg geht er über Leichen …

Man kann sich in die Sprache durchaus reinlesen und die starke Mischung aus Deutsch, Englisch und Slang erscheint als eine vorstellbare Fortentwicklung. Die Story selbst bleibt dahinter aber blass.

 

Redakteur Michael Schmidt ist bekennender Rock-Fan.

Auch She zeugt davon. Seine Drag-Queen möbelt nicht nur die unteren Etagen auf, ihre Geheimmission führt auch zu einer grandiosen Pointe. Allerdings muss man schrille Männerfantasien mögen, die in kurzen, knalligen Sätzen präsentiert werden.

 

Fast klassisch erzählt wirkt dagegen Thorsten Küpers Der Mechaniker.

Ein Servicetechniker soll einen reichen Mann aus einer misslichen Lage befreien und liest ihm zunächst erst einmal die Leviten …

Intelligente SF mit Sozialkritik ist selten so elegant verpackt und großartig erzählt worden. Mit Abstand die beste Story der Anthologie.

 

Mit Crime Sponsoring zeigt der Herausgeber die Aussichtslosigkeit, in einer von Konzernen beherrschten Welt, einen Sieg zu erringen.

Kurz und zynisch wir das Leben im MegaFusion-Universum.

 

Auch Jakob Mosers Revenge-Nummer Vision besteht eigentlich nur aus einer Kampfszene. Als Story in Summe zu wenig um einen tieferen Eindruck zu hinterlassen.

 

Rambo II von Stefan Blankertz blieb komplett unverständlich. Hier steht sich das Sprachexperiment selbst im Weg.

 

Horror-Experte Vincent Voss liefert mit der Titelstory Bullet eine gut erzählte Story um eine fiese Art der Lotterie. In der Idee erinnert sie an Wiener Roulette aus der gleichnamigen Fabylon-Antho.

 

Als erste Autorin der Anthologie wendet sich Susanne Schnitzler in Job of Clones den Tücken und Problemen von Klonen zu. Wir begleiten parallel die Ermittlungen im Fall einer Klonentsorgung und die gedanken eines Klons.

Die teilweise etwas verwirrende Handlung geht altbekannte Pfade und vermittelt den typischen Flair amerikanischer Krimiserien.

 

Das Herz der Anthologie ist John Aysas Ein einfacher Tag für ein einfaches Gemüt.

Patong ist Chef des Sicherheitsdienstes eines reichen Händlers, der nach Jahren der Genügsamkeit sein florierendes Obstimperium ausweiten will …

Die Art und Weise, wie Aysa die Stadt, die Gesellschaft und das Leben darin beschreibt, ist in ihrer klaren Schärfe in der Reihe der Geschichten einzigartig. Hinzu kommt das Aufladen mit einer eigenen Mystik in bestem Incal-Sinne.

John Aysa hat Megafusion inhaliert und in schillernden Wolken ausgeatmet.

 

Dirk Bernemanns J&G ist das komplette Gegenteil der Aysa-Story.

Eine Nichtgeschichte. Ein Hinblättern von Biographien und Infodumps mit einem verbratzten Ende ohne dramaturgische Bearbeitung.

 

Auch Frederic Brake gelingt mit Glücklichland wenig mehr als ein Schlaglicht auf das Leben in einer von Konzernen beherrschten Welt.

Die Auseinandersetzung zweier Headhunter ist zu kurz, um mit den Figuren mitgehen zu können. So hinterlässt die Geschichte das Gefühl, den Hauptteil der Geschichte verpasst zu haben.

 

Revenge Nummer Drei heißt auch so und stammt von Diane Dirt.

In prolligen Monologen werden wir Zeuge einer saftigen Rache.

Die stilistische Besonderheit überstrahlt den solide konstruierten, aber wenig fesselnden Inhalt, auch wenn die Rache durchaus ideenreich und vorstellbar konstruiert wurde.

 

Bloß nicht alt sein im U18 von Andreas Winterer spielt ebenfalls mit Sprache. Seine Protagonistin besorgt für ihre WG mal schnell ein paar Lebensmittel und meistert dabei die Widrigkeiten ultramoderner Diebstahlsicherungssysteme.

Die Idee ist witzig und spritzig erzählt, der Duktus klingt aber leicht künstlich und vermittelt zu viel aufgedrehtes Bemühen um Jugendlichkeit.

 

Andreas Flögel lässt in Who’s your Daddy? einen Experten für full body sensorical recording so richtig auflaufen.

Ziemlich böse Geschichte, die trotz ihrer Kürze schlüssig und rund erzählt wird.

 

Der MegaFusion-Schöpfer Sven Klöpping darf natürlich das letzte Wort behalten und beweist mit Homebasejump!, dass man auch aus einer friedlichen Freizeitbeschäftigung dystopisches Feeling generieren kann. Den Abschluss der Anthologie bildet damit wieder ein Streiflicht ohne eine wirkliche Story zu erzählen.

 

Geschichten aus verkommenen Megalopolen sind nicht jedermanns Geschmack.

Betrachtet man die Texte dieser Themenanthologie im Zusammenhang, ergibt sich ein recht buntes Bild, allerdings nicht sehr breit. Der Fokus liegt auf kaputten Typen und Verbrechen.

Die sprachliche Experimentierfreudigkeit der einzelnen Beiträge ist in dieser Masse in SF-Anthologien durchaus nicht üblich und gehört zu den Pluspunkten von »Bullet«.

 

Störend wirken hingegen die Fußnoten. Das ist bei Fforde lustig, bei dem meisten Prosa-Texten kann jedoch schnell der Verdacht einer Unfähigkeit entstehen, Fakten in eine Story einbauen zu können.

 

Das optische Highlight sind aber ohne Zweifel die fünf ganzseitigen und komplett farbigen Illustrationen von Lothar Bauer. Zusammen mit dem Cover unterstreichen sie den bedrohlichen, düsteren und chaotischen Charakter einer Welt, die heute noch Zukunft ist, aber irgendwann zu einem Alptraum werden könnte.

 

Fazit:

Herausgeber Sven Klöpping gelingt es durch eine Reihe experimentierfreudiger Texte, sein MegaFusion-Universum auszubauen. Dabei bewegen sich die Geschichte von »Bullet« in den üblichen dystopischen Bahnen wie Sex, Drogen, Gewalt und lausigem Leben. Manchmal sind sie verstopft, manchmal rast durch sie der Puls einer gigantischen Metropole in denen alles möglich scheint, nur kein friedliches Ende.

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Buch:

Bullet und andere Storys aus dem MegaFusion-Universum

Anthologie

Reihe: sternwerk 2

Herausgeber: Sven Klöpping

p.machinery, Oktober 2014

Taschenbuch, 193 Seiten

Titelbild und Illustrationen: Lothar Bauer

 

ISBN-10: 3957650151

ISBN-13: 978-3957650153

 

Erhältlich bei: Amazon

Inhalt:

  • D. J. Franzen: Der große Gig

  • Christian Künne: Die Uhr schlägt nicht mehr

  • Michael Schmidt: She

  • Thorsten Küper: Der Mechaniker

  • Sven Klöpping: Crime Sponsoring

  • Jakob Moser: Vision

  • Stefan Blankertz: Rambo II

  • Vincent Voss: Bullet

  • Susanne Schnitzler: Job of Clones

  • John Aysa: Ein einfacher Tag für ein einfaches Gemüt

  • Dirk Bernemann: J&G

  • Frederic Brake: Glücklichland

  • Diane Dirt: Revenge

  • Andreas Winterer: Bloß nicht alt sein im U18

  • Andreas Flögel: Who’s your Daddy?

  • Sven Klöpping: Homebasejump!

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024042010362872efe1ed
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Erstellt: 08.11.2014, zuletzt aktualisiert: 06.10.2023 09:48, 13758