Der Fall Jane Eyre (Autor: Jasper Fforde)
 
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Der Fall Jane Eyre von Jasper Fforde

Rezension von Ralf Steinberg

 

Dass Familie Next ihre Tochter Thursday nennt, mag befremden. Aber dieses wohlige Befremden hält den Leser bis zum Schluss gefangen. Für alternative Welten gibt es viele Möglichkeiten, ja selbst die Reise in ein Buch war schon da, aber der Walise Fforde zückt mit seinem Roman gleich mehrere Tricks aus der Westenteasche, um es gehörig knallen zu lassen.

Die Geschichte handelt von der jungen Agentin Thursday Next, die bei einer Spezialabteilung der Polizei arbeitet und sich intensiv mit Literaturfälschungen beschäftigt, denn Next lebt in einer Welt, in der Literatur wirklich wichtig ist.

Die Leute lesen und kaufen, was das Zeug hält, und so ist es nicht verwunderlich, dass fiese Schurken zu rabiaten Mitteln greifen. So nutzt der Drittübelste von allen eine nette Gelegenheit und entführt erst das Manuskript von "Martin Chuzzlewit" und dann natürlich auch das titelbestimmende "Jane Eyre" von Charlotte Brontë.

Next ist die nächstbeste, um dieses böse Spiel zu beenden. Und so erfahren wir vom Krimkrieg, von einer deutschen Besetzung Englands, von der walisischen Volksrepublik und natürlich die abschließende Antwort auf die Frage nach der Urheberschaft shakespearescher Werke.

Wie Terry Pratchett in seinen besten Scheibenwelt-Romanen, ist es kaum möglich alle Pointen und Albernheiten zu inhalieren oder nachzuerzählen. Selbst wenn man nur rudimentäre Ahnungen von britischer Literatur besitzt, wird man nicht allein gelassen mit den vielen Anspielungen auf die großen Werke, deren Essenzen durch den Roman wogen. Selbstironisch wird sogar die offensichtliche Parallelität zwischen Jane Eyre und ihrem Fall dem bereits nachdenklichen Leser offenbart. Die Sprache ist klar und effektvoll, jeder Figur angepasst, eine Reporterin redet BBC-like und der Schurke gibt das intelligente Genie im Stile Sherlock Holmes.

Jasper Ffordes Erstling erschien 2001. In Großbritannien ist "The Eyre Affair" ein Riesenerfolg. Erstaunlich, wie lange eine deutsche Veröffentlichung dauerte. Erst in diesem Jahr brachte dtv das Werk in einer überzeugenden Übersetzung von Lorenz Stern heraus, welche nun sogar schon als zweite Auflage im Handel ist. Der Deutsche Taschenbuch Verlag gönnte dem Buch ein Auftauchen in der "premium"- Reihe, die mit leuchtendem Rot und einer kleinen Zeichnung Thornfields sehr gut aussieht und überhaupt nicht auf einen amüsanten Science Fiction Band schließen lässt. Aber es würde nicht verwundern, wenn nun auch "Sturmhöhe", „Martin Chuzzlevit" und natürlich "Jane Eyre" neue Verkaufserfolge erzielen.

"Der Fall Jane Eyre" ist ein großes Amüsements, ein Buch zum Immerwiederlesen und ein hochprozentiger Cocktail der zu einer ausgelassenen Mahlzeit anregt.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240425130508e6e4a7c1
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Buch:

Titel: Der Fall Jane Eyre

Autor: Jasper Fforde

Roman

dtv premium im Großformat

Übersetzer: Lorenz Stern

380 Seiten

Deutsche Erstausgabe

ISBN: 3423243791

Erhältlich bei: amazon


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Erstellt: 08.07.2005, zuletzt aktualisiert: 10.04.2024 18:52, 527