Hörbuch

Reihe: Chronik der Vampire 2

Rezension von Ingo Gatzer

Rezension:

San Francisco, 1984. Der Vampir Lestat ist - angelockt von Radio-, Phono- und Fernsehwellen sowie den Proben der Rockband Satan´s Night Out - nach seinem jahrzehntelangen Rückzug in die Welt der Lebenden zurückgekehrt. Als neuer Sänger der Musikgruppe erlangt er schnell großen Ruhm. Doch er plant den ultimativen Verrat an seiner Art. In einer ausführlichen Autobiographie will er von seinem Leben berichten und dabei die Geheimnisse der Vampire offenbaren. Dazu blickt er zurück in die Mitte der 18. Jahrhunderts, als er noch ein Mensch war, schildert seine Umwandlung zum Vampir durch den lebensmüden Magnus, beschreibt sein Leben als blutsaugender Dandy, das Zusammentreffen mit dem mächtigen Vampir Magnus und den geheimnisvollen "Die-bewahrt-werden-müssen" und das Leben in der "Neuen Welt."

Im Sog des Erfolgs der "Biss-Romane" haben Vampirgeschichten Konjunktur, so dass vermehrt auch Genreklassiker wieder veröffentlicht oder - wie in diesem Fall - als Hörbuch herausgebracht werden. Anne Rices "Der Fürst der Finsternis" erschien im Original bereits vor 25 Jahren und ist der zweite Roman aus dem Zyklus "Die Chronik der Vampire". Die Kenntnis des ersten Teils "Interview mit einem Vampir", der mit Brad Pitt und Tom Cruise verfilmt wurde, ist nicht unbedingt notwendig, ermöglicht aber interessante Einsichten, da hier und dort teilweise die gleichen Personen aber aus anderer Perspektive beschrieben werden.

Anne Rice gönnt sich gleich zu Anfang eine amüsante und ironische Spielerei, indem sie den ersten Teil des Zyklus als Buch auftauchen und von Lestat, der in "Interview mit einem Vampir" nicht besonders sympathisch geschildert wird, als "kleiner, zerfledderter Schundroman" bezeichnen lässt. Insgesamt wirkt der Protagonist hier positiver als im Vorgängerroman, was bei einer fiktiven Autobiographie allerdings auch nicht besonders verwunderlich ist. Der Autorin gelingt es ihre Hauptfigur, die den Roman aus der Ich-Perspektive erzählt, sehr glaubwürdig und plastisch zu schildern, wobei sie besonders Lestats Freiheitsdrang als Triebfeder seines Handelns und seinen Kampfgeist als Grund für sein Überleben hervorhebt. Anne Rice lotet den Charakter des Blutsaugers minutiös aus, zeigt seine dunklen aber auch lichten Seiten und schildert ihn als ein Lebewesen, das sich wie Menschen mit den fundamentalen Fragen - etwa der nach dem Sinn des Lebens - beschäftigt. Nicht zuletzt dadurch enthält der Text eine interessante philosophische Komponente. Sehr ansprechend wird auch der Übergang vom Mensch- zum Vampirsein und das Erleben des Letzteren, mit dem immerwährenden Drang nach Blut, geschildert.

Die Verpflichtung von David Nathan als Sprecher war zweifelsohne eine gute Entscheidung. Die deutsche Synchronstimme von Hollywoodgrößen wie Johnny Depp und Christian Bale hat nicht nur bereits "Interview mit einem Vampir"als Hörbuch gelesen, sondern mit der Vertonung diverser Werke von H. P. Lovecraft und Wolfgang Hohlbein auch einige Erfahrungen im Phantastikbereich. Hier arbeitet er sehr ansprechend den Charakter von Lestat heraus, verleiht aber auch anderen Figuren wie dem lebensmüden Magnus Glaubwürdigkeit.

An einigen wenigen Stellen, weist "Der Fürst der Finsternis" allerdings auch Längen auf, etwa wenn sehr ausführlich das Geigenspiel von Lestats Freund Nicolo und dessen Auswirkungen geschildert werden. Zudem wirkt Lestat manchmal etwas sehr feminin, was nicht ganz zu seinem immer wieder durchscheinenden raubtierhaften Charakter passen will.

Fazit:

"Der Fürst der Finsternis" ist eine überzeugende, größtenteils auch spannende Vampirbiographie und fiktive Charakterstudie die nicht nur wegen des Cliffhangerendes Lust auf den nächsten Teil von Anne Rices "Chronik der Vampire" macht.