Der Wüstenplanet (Autor: Frank Herbert)
 
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Der Wüstenplanet von Frank Herbert

Rezension von Ralf Steinberg

 

Verlagsinfo:

Der erfolgreichste Science-Fiction-Roman aller Zeiten – jetzt neu übersetzt.

Tausende von Jahren in der Zukunft und eine fantastische Welt: Arrakis, der Wüstenplanet. Einzigartig, herrlich – und grausam. Und doch haben es die Menschen geschafft, sich dieser lebensfeindlichen Umwelt anzupassen ... Vor fünfzig Jahren erschien Frank Herberts Roman Der Wüstenplanet – ein Datum, das den Beginn einer großartigen Erfolgsgeschichte markiert: Der Wüstenplanet wurde zum weltweiten Bestseller und von David Lynch spektakulär verfilmt. Heute gilt das Buch als Meilenstein der Zukunftsliteratur – ein monumentales Epos, das jede Generation von Leserinnen und Lesern neu für sich entdeckt.

 

Rezension:

Ein halbes Jahrhundert ist es nun her, seit Frank Herbert mit Dune den Beginn seiner unglaublich populären Romanreihe vorlegte. Aus Anlass dieses Jubiläums wagte sich der Heyne Verlag nicht nur an die Herausgabe einer Jubiläums-Edition, er beauftragte auch eine neue Übersetzung, obwohl die beliebte Übertragung von Ronald M. Hahn aus dem Jahr 1978 weiterhin lieferbar ist.

Während der Vorstellung seiner Arbeit in der Berliner Buchhandlung Otherland im Februar 2016, legte Übersetzer Jakob Schmidt die Gründe der Neuübersetung dar. Neben der notwendigen Modernisierung der Sprache wurden auch Straffungen aufgelöst und dank neuer technischer Hilfsmittel viele Ungenauigkeiten entfernt. Besonders Bezüge auf die arabische Sprache konnten durch Achmed Khammas, dem Schmidt auf der letzten Seite noch einmal ausdrücklich dankt, einer kritischen Neubewertung unterzogen werden. Das betraf übrigens auch das Original, da Frank Herbert selbst wohl eher geringe Kenntnisse des Arabischen besaß.

Da Schmidt aber bereits Bücher aus dem Dune-Universum ins Deutsche übertrug und auch die sprachliche Kontinuität zu den fünf Folgeromanen gewahrt bleiben sollte, sind wichtige Begriffe, die Hahn einst prägte, unverändert übernommen worden, wie etwa die großartige Erfindung MAFEA (Merkantile Allianz für Fortschritt und Entwicklung im All) als Akronym für die Handelsgilde. Der sprachliche Bezug zur Mafia ist so genial wie simpel und schwer zu toppen. Für Fans des Romans wird es eine Geschmacksfrage sein, welche Übersetzung er als gelungener empfindet und für jene, die den Wüstenplanet zum ersten Mal erkunden, wird es wohl eher nebensächlich sein, denn »Der Wüstenplanet« ist und bleibt ein fesselnder Roman.

 

Die Spannung wird zunächst durch einen recht einfachen Trick erzeugt. Herzog Leto Atreides muss seinen paradiesischen Planeten Caladan verlassen, da ihn der Imperator Arrakis, den Wüstenplaneten, zum Lehen gab. Als LeserIn erfährt man schnell, das es sich hierbei um eine Intrige handelt und die Atreides vernichtet werden sollen. Es gibt einen Verräter und obwohl die Atreides von der Intrige wissen und sich entsprechend vorbereiten, bleibt erst einmal vor ihnen verborgen, wer und warum er sie verrät. Im Mittelpunkt steht dabei Paul, der Sohn des Herzogs und seiner Konkubine Jessica, die dem Orden der Bene Gesserit angehört.

Paul ist in diversen Dingen hochgradig ausgebildet, darunter Nahkampf, Politik und dem Geheimwissen der Bene Gesserit, denn Jessica hofft, mit ihm den, in über 90 Generationen sorgfältiger und geheimer Fortpflanzungsstrategien kreierten Supermensch geboren zu haben. Und so steigert sich die Erwartungshaltung immer mehr, bis es dann tatsächlich zur Invasion kommt.

Der folgende Teil bezieht seine Spannung aus dem Überleben in der Wüste, das Kennenlernen der Ökologie des Wüstenplaneten, wie sich Paul bei den Fremen ein Leben aufbaut, wie er sich durch das Gewürz verändert und versucht, die Zukunft aufzuhalten, in deren Konsequenz er einen gewaltigen Dschihad durch das Universum branden sieht.

 

Diese Spannung kann im letzten Teil des Romans nicht mehr aufrecht gehalten werden. Zu viele Ereignisse werden in Retrospektiven erzählt, zu viele taktische Entscheidungen werden langatmig durchgekaut, ohne dass sie in diesem Roman Wirkung zeigen. Insofern muss man wieder auf die Folgeromane zurückgreifen, die nach und nach das Versprochene einlösen und das kosmische Gemälde um sehr viele Farben erweitern.

 

Zu den wichtigsten Kritikpunkten an Frank Herberts berühmtesten Buch zählt sicher der Führerkult. Die Kulturen des Wüstenplaneten sind stark hierarchisch. Macht wird mit Gewalt durchgesetzt, Familien und Erbfolge bestimmen, wer an der Spitze steht. Durch das Konzept der Bene Gesserit wird zudem sichergestellt, dass nicht degenerierte Inzestkinder auf die Throne gelangen, wie in der europäischen Geschichte, sondern per Zuchtprogramm definierte, nur mit den besten Genen ausgestatten Superführer.

Klug, hübsch, fit und hochgefährlich. Begleitet von religiöser Indoktrination stellt Herbert es als vollkommen logisch dar, dass ein freies Volk wie die Fremen, die Herrschaft eines fremden Knaben anerkennen. Dabei hat lediglich ein ferner Imperator beschlossen, dass irgendeine Familie sich den Planeten nehmen darf. Der institutionelle Hintergrund des »Wüstenplaneten« ist insofern auf sehe enge Prämissen aufgebaut, konservativ und letztlich unglaubwürdig.

Wesentlich faszinierender ist da schon die Ökologie. Herbert schuf mit den riesigen Sandwürmern, dem Gewürz und den sie betreffenden Kreislauf eine der ganz großen SF-Ikonen. Niemand wird die Beschreibungen vergessen oder das Bild aus dem Kopf bekommen, wie Fremen auf den augenlosen Würmern reiten in einer Wüste, die tödlicher ist, als alle bekannten Wüsten der Erde. Und genauso beeindruckend und unvergesslich ist das Verhältnis der Fremen zu Wasser, ihr Totenkult und das Generationen währende Projekt zur Begrünung von Arrakis. Der Lebenszyklus des Wüstenwurms und vor allem die Bedeutung des Gewürzabbaus für das Leben gehören vielleicht zu den frühesten Stimmen gegen ökologischen Raubbau und dem gedankenlosen Wildern in empfindlichen Ökosystemen.

 

Jüngere LeserInnen finden auch eine weitere hochbrisante Thematik. Den Islam.

Pauls Bemühungen, keinen Dschihad loszutreten, wirken aus heutiger Sicht wesentlich bedeutsamer als zum Erscheinen des Buches. Wir haben eine deutlich konkretere Vorstellung davon, was dieser religiöse Fanatismus bewirken kann. Vielleicht fand Herbert den Islam exotisch, vielleicht reizten ihn gewisse Teile der Kultur oder er verband Wüste automatisch mit dem Islam, letztlich erklärt Herbert den Glauben in seinem Buch zu einem Kunstprodukt. Geschaffen, um zukünftigen Predigerinnen Schutz zu bieten, indem sie sich auf Prophezeiungen und Kulte berufen könnten. Umso gefährlicher ist das Spiel mit den manipulierten Massen. Es gibt niemanden, der Hass und religiösen Wahn aufzuhalten vermag, wenn der Funke erst einmal entzündet ist. Denn nicht Götter stecken die Welt in Brand, sondern Menschen.

 

Die Jubiläumsedition glänzt im Übrigen nicht nur durch die Neuübersetzung, es wurden auch die berühmten Gemälde von John Schoenherr als ganzseitige Farbtafeln eingefügt. Dafür muss man zwar das Buch quer halten, aber wem die alten Cover gefielen wird sich freuen, sie und weitere Bilder hier in guter Qualität wiederzufinden.

 

Fazit:

»Der Wüstenplanet« von Frank Herbert ist jede Neuausgabe wert, wenn sie so sorgfältig und engagiert daherkommt wie diese Ausgabe zum 50jährigen Erscheinungsjubiläum.

Die Geschichte von Paul Atreides, der sich zum Anführer eines Wüstenvolkes erhebt, um sein geraubtes Erbe zurückzufordern, die Geschichte vom Gewürz und den Zuchtplänen eines uralten Frauenordens und die Geschichte vom Beginn des Dschihads, gehören zu den berühmtesten Fabeln der Science Fiction. In der Neuübersetzung von Jakob Schmidt präsentiert sich das Werk in ungetrübter Aktualität.

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Buch:

Der Wüstenplanet

Original: Dune, 1965

Autor: Frank Herbert

Übersetzer: Jakob Schmidt

Taschenbuch, 800 Seiten

Heyne, 11. Januar 2016

Farbtafeln: John Schoenherr

 

ISBN-10: 3453317173

ISBN-13: 978-3453317178

 

Erhältlich bei: Amazon

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Erstellt: 11.03.2016, zuletzt aktualisiert: 10.03.2024 18:58, 14365