Die Farbe aus dem All (Gruselkabinett 90)
 
Zurück zur Startseite


  Platzhalter

Die Farbe aus dem All von H. P. Lovecraft

Reihe: Gruselkabinett Folge 90

Hörspiel

 

Rezension von Oliver Kotowski

 

Rezension:

Aus Boston werden zwei Landvermesser – Jeff Burger und Rose Kenny – in ein Heidegebiet geschickt, das als Stausee für Arkham genutzt und nun vermessen werden soll. Schon auf der Fahrt weiß Jeff einiges zu berichten: In Arkham spricht man nur ungern über das Gebiet, das „Teufelsheide“ genannt wird. Und vor etwa fünfzig Jahren war es eine sehr fruchtbare Gegend – die vielen Wege zu den ehemaligen Bauernhöfen künden noch davon. Jetzt wächst dort kaum noch etwas, und alles ist mit einem seltsamen Staub bedeckt, der, obschon federleicht, nicht vom Wind aufgewirbelt wird. Das Zentrum scheint bei einem Krater nahe des Brunnens eines in Ruinen liegenden Hofes zu sein. Zwar hatte Rose während der Fahrt noch über Jeffs Spukgeschichten gespottet, doch jetzt spürt sie ganz deutlich: Hier ist etwas Grauenhaftes geschehen. Es ist den beiden kaum möglich, am Ort zu bleiben. Rasch steigen sie wieder ins Auto, um mit dem alten Ammi Pierce Kontakt aufzunehmen. Ammi ist einer der wenigen Bauern, die geblieben sind. Zudem ist er alt genug, um sich an die Ereignisse von vor fünfzig Jahren zu erinnern. Zögernd beginnt der Alte die schreckliche Geschichte zu erzählen, die sich auf dem Hof seines Freundes Nahum Gardner zugetragen hatte.

 

Die Farbe aus dem All verwendet einen Plot, der für aktuelle Geschichten eher ungewöhnlich ist: Den des Niedergangs einer Familie. Prototyp dieser Plot-Art ist natürlich Thomas Manns Buddenbrooks: Verfall einer Familie. Indes gleichen sich die Geschichten kaum. Lovecrafts Geschichte ist nur eine Kurzgeschichte, sie kann gar keine epische Breite aufbauen. So wird die Zeit vor der Katastrophe nur skizziert, die Familie Gardner verfügt über wenig Fallhöhe und entsprechend kurz ist der Zeitraum des Falls. Am wichtigsten ist natürlich der Unterschied hinsichtlich der Ursache des Niedergangs: Es ist eben kein sich über Generationen ziehender, schleichender sozialer Verfall, der aus der Gesellschaft herrührt, sondern ein Meteorit, der Übles aus dem All mitbringt und die Familie innerhalb weniger Monate physisch vernichtet – sie ist eben Bestandteil des Cthulhu-Mythos. Im Rahmen des Hörspiels wirkt das übrigens deutlich epischer als in Textform. Und typisch für H. P. Lovecraft gibt es noch ein Knalleffekt am Ende der Geschichte (der im Hörspiel indes weniger knallig ausfällt). Bei der Adaption für das Hörspiel bin ich mir unsicher. Da gibt es die Rahmengeschichte mit den Landvermessern und die Binnengeschichte um die Familie Gardner, Ammi Pierce ist der Anknüpfpunkt zwischen beiden Geschichten. Doch statt die Binnengeschichte einfach in die Rahmengeschichte einzubetten, wird oft zwischen den Erzählsträngen hin und her gesprungen – mal ist Ammi handelnde Person, mal ist er Erzähler, der auf die Kommentare der Landvermesser reagiert. Eigentlich eine gute Idee, in der Umsetzung wird der Hörer aber gelegentlich aus der Binnengeschichte herausgerissen, was nicht gut für die Spannung ist. Auch die Dialoge klingen teilweise künstlich – man hat den Eindruck, als würden die Figuren sich nicht unterhalten, sondern dem Hörer die Lage erklären. Schade, dass Skriptautor Marc Gruppe nicht deutlicher von der Vorlage abwich und natürlichere Dialoge verfasste – den Mut dazu bringt er auf, wie die Erfindung der Landvermesserin Rose zeigt. Alles in Allem ist das Skript durchwachsen auf solidem Niveau, was an den durchaus grausigen Momenten mit der Familie Gardner liegt.

 

Das Sprecherensemble ist recht klein – das Booklet zählt nur acht Sprecher auf, von denen zwei sogar kaum zu Wort kommen. Beginnen wie mit den Landvermessern. Einer wird von Johannes Berenz gesprochen; der bringt einiges an Hörspielerfahrung mit, wenn auch aus eher kleineren Rollen, etwa aus Maritims Sherlock Holmes-Reihe, Mord in Serie, aber auch dem Gruselkabinett selbst wie etwa in Die Abenteuer eines Geistersehers. Seine Kollegin wird von Melanie Pukaß gesprochen. Auch sie hat einige Erfahrung in kleineren Rollen etwa aus Benjamin Blümchen, Die drei ??? oder Anne. Damit zum Dreh- und Angelpunkt Ammi: Der wird von Jochen Schröder eingesprochen. Schröder ist ein altgedienter Veteran – Dorian Hunter, Gabriel Burns, das Verhext (Gruselkabinett 47) selbst usw. Damit zur Familie Gardner. Den Vater Nahum gibt der ebenfalls erfahrene Peter Reinhardt – man konnte ihn schon im Der weiße Wolf (Gruselkabinett 49) oder Point Whitmark oder Team X-Treme hören. Mutter Nabby bekommt von Cornelia Meinhardt die Stimme verliehen. Noch eine erfahrene Sprecherin, hörbar in Die drei ???, einigen Gruselkabinett-Folgen wie Der Sandmann und natürlich den Live-Auftritten der drei ???. Von den drei Söhnen ist eigentlich nur Thaddeus etwas wichtiger, er wird von Daniel Schlauch gesprochen. Überraschung: Soweit ich weiß, hat er außerhalb der Hörspiele des Hauses Titania Medien – einige Anne-Folgen und Peter Pan – keinerlei Hörspielerfahrung. Am bekanntesten dürfte er als deutsche Stimme von Percy Weasly sein, doch in den Harry Potter-Filmen klingt er deutlich anders als hier. Hier hat er mehr Ähnlichkeit mit der hellen, quitschigen Stimme des Tim Kreuer als Phillip Hayward in der Dorian Hunter-Reihe.

Insgesamt liefert die Sprecherriege eine solide bis gute Performance.

 

Die Inszenierung ist gemäßigt modern. So gibt es keinen Erzähler, doch Ammi, vor allem im Strang um die Gardners, übernimmt dessen Funktion häufig. Die Geräusche werden recht dicht und ausschließlich illustrativ verwendet. Die Musiken sind treffend gewählt: Überwiegend kommen Saiteninstrumente – Streicher, Bass, Klavier – und eine Triangel zum Einsatz, doch gelegentlich auch ein sanft gespieltes Blasinstrument (welches ich nicht ganz zuordnen kann, vermutlich ein Horn oder eine Oboe), um wehklagende Töne zu erzeugen. Insgesamt erinnert die orchestrale Musik oftmals an romantische Filmmusik. Die Tonschichten sind überraschend flach gestaffelt: Zu Spitzenzeiten sind es drei – Sprecherdialog, Musik und Geräuschkulisse – doch üblicherweise nur zwei (meist Dialog und Musik). Hier wird also der bekannt gute Standard geboten.

 

Fazit:

Die Landvermesser Burger und Kenny sollen das Gebiet für Arkhams neuen Stausee vermessen – doch bald stellen sie fest, dass sich dort etwas Schreckliches ereignet hat. Ein weiteres Spitzenwerk Lovecrafts wurde vertont, und insgesamt wird eine gute Adaption abgeliefert, sieht man von Schwächen bei den Dialogen und den Übergängen zwischen den Handlungssträngen ab. Trotzdem ein Gewinn für die Hörspielsammlung.

Nach oben

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240419190712869958fd
Platzhalter

Hörspiel:

Die Farbe aus dem All

Reihe: Gruselkabinett 90

Vorlage: Howard Phillips Lovecraft

Buch: Marc Gruppe

Produzent: Stephan Bosenius & Marc Gruppe

Label: Titania Medien

Erschienen: September 2014

Umfang: 1 CD, ca. 72 min

ASIN: 3785750226

Erhältlich bei: Amazon

 

Sprecher

Johannes Berenz

Melanie Pukaß

Jochen Schröder

Peter Reinhardt

Cornelia Meinhardt

Daniel Schlauch

 


Platzhalter
Platzhalter
Erstellt: 14.10.2014, zuletzt aktualisiert: 28.12.2023 19:05, 13730