Die Mumie (Gruselkabinett 51)
 
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Die Mumie

Gruselkabinett 51

Rezension von Oliver Kotowski

 

Rezension:

Abercrombie Smith hat vor nicht all zu langer Zeit ein Studium der Medizin begonnen. Er hat eine Unterkunft nahe des Campus', die er sich mit den beiden Sonderlingen William Monkhouse Lee und Edward Bellingham teilt; von den beiden bekommt er allerdings nicht viel zu sehen. Doch das bleibt nicht so. Eines Abends besucht der Kommilitone Jephro Hastie seinen alten Freund Abercrombie und warnt ihn vor den beiden seltsamen Genossen: Monkhouse Lee sei ja noch ganz anständig, wenn man ihm allein über den Weg laufe, was indes selten genug vorkomme. Bellingham jedoch – ein ganz ungehobelter Patron. Hatte sogar – trotz seiner zwergenhaften Statur – sich dazu verstiegen, Long Norton zu drohen. Hastie kann gar nicht verstehen, was Monkhouse Lees Schwester, eine solche Schönheit, an dieser warzigen Kröte findet, dass sie sich mit ihm verlobte; klar, auf seinem Fach soll er eine Koryphäe sein und dennoch … Abercrombie hört nur zu deutlich die Eifersucht seines Freundes aus den Sätzen heraus. Einige Zeit später drängt Lee Abercrombie flehentlich nach unten zu Bellingham zu kommen – es sei etwas Schreckliches geschehen. Der junge Medizinstudent findet Bellingham bewusstlos vor und kann ihn bald wieder aufwecken; dabei hatte Lee gedacht, dass … Bellingham dankt in seiner typisch unhöflichen Art Abercrombie für die Hilfe, schilt den armen Lee nach dem Schließen der Tür allerdings tüchtig aus. Doch Abercrombie scheint für Bellingham interessant zu sein: Er sucht dessen Rat bei gewissen Fachbüchern, schwärmt von der Ägyptologie und stellt gelegentlich seltsame Behauptungen auf.

 

Die Mumie verwendet einen eigenwilligen Thriller und Rätsel-Plot, den man sonst eher im Rahmen des Krimis findet. Bei Alfred Hitchcocks Das Fenster zum Hof etwa. Der Fotojournalist Jefferies sitzt mit gebrochenem Bein zu Hause und langweilt sich. Er beginnt den eigenen Hinterhof – und damit die Nachbarn – zu beobachten. Er entdeckt Seltsamkeiten – ist etwa ein Verbrechen geschehen? Der zunächst unbeteiligte Beobachter wird langsam, nach und nach, in eine gefährliche Situation gezogen. Der Plotaufbau von Die Mumie ist durchaus ähnlich: Abercrombie wird aus Neugierde langsam in eine gefährliche Situation gezogen. Während Das Fenster zum Hof immer wieder die Fragen aufkommen ließ, ob wirklich ein Verbrechen geschah und später wie sich dieses bewerkstelligen ließ, ist das Rätsel von Die Mumie leider schon mit dem Titel gelöst – dieser Aspekt der Spannungsquellen bremst sich von vornherein aus. Die Momente direkter Bedrohung sind sehr selten und treten eher gegen Ende auf, wobei der Showdown leider fast einen Antiklimax darstellt. Die einzige funktionierende Spannungsquelle ist die Frage, ob Abercrombie mit Bellingham gemeinsame Sache machen wird; sobald die Frage geklärt ist – etwa nach zwei Dritteln der Laufzeit – ist die Spannung raus.

Meines Erachtens hätte das Hörspiel erheblich davon profitiert, wenn der Charakter von Bellingham stärker in den Fokus gestellt und vor allem ambivalenter dargestellt würde – es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, was Abercrombie an Bellingham fasziniert, Bellingham scheint einfach ein abstoßender und lästiger Mensch zu sein. Dann müsste die Charakterisierung Abercrombies viel mehr Aufmerksamkeit erhalten und nachdem die Prüfung beendet ist, sollte sich auch für das Hörspiel ein schneller Abschluss finden.

So bleibt das Skript leider eines der schwächeren der Reihe.

 

Die Sprecherriege wartet mit einigen Ungewöhnlichkeiten auf. Zunächst die kleinste: Es gibt nur neun Sprecher, was für eine gute Stunde Laufzeit eher wenig ist, zumal die Mehrheit der Rollen nur wenige Sätze zu sprechen haben. Weiterhin fällt auf, dass die zentralen Rollen an Sprecher gegangen sind, die im Medium Hörspiel eher neu sind. Da ist zunächst Bene Gutjan, der Abercrombie Smith spricht. Als Hörspielsprecher kenne ich ihn sonst nur aus Verhext – seine Stimme wird wohl eher aus der Bis(s)-Reihe (Jasper) bekannt sein. Abercrombies alter Freund Jephro Hastie wird von Alex Turrek eingesprochen. Er ist ein junger Synchronsprecher, allerdings in letzter Zeit öfters im Gruselkabinett aufgetreten (z. B. 44/45, 46, 47); auch an Die letzten Helden hat er mitgewirkt. Max Felder spricht den unsicheren William Monkhouse Lee. Er ist vermutlich der bekannteste der zentralen Sprecher. Zwar ist er – wie erwähnt – in puncto Hörspiel eher ein Neuling (einzelne Auftritte im Gruselkabinett oder Die letzten Helden wären hier zu nennen), doch als Filmsynchronstimme von Rupert "Ron Weasley" Grint hat er seine Meriten gesammelt. Die drei bieten eine solide Performanz, Felder ist sogar besser. Das kann man über Hannes Maurer, der den Fiesling Edward Bellingham übernimmt, leider nicht sagen. Man kann ihn aus Abseits der Wege, Gabriel Burns oder Die Playmos kennen. Indes klingt er hier durchgehend gekünstelt fies und nervig. Eine unglückliche Interpretation der Rolle. Bekanntere Namen findet man bei den Nebenrollen – doch was Uli Krohm oder Dagmar von Kurmin beizutragen haben, ist eher Hintergrundgeräusch als Dialog.

Alles in allem eine durchwachsene Performanz: weitgehend solide mit einer nervig gekünstelten Interpretation.

 

Die Inszenierung ist gemäßigt modern. So gibt es keinen Erzähler, doch Abercrombie übernimmt dessen Funktion häufig. Die Geräusche werden recht sparsam und ausschließlich illustrativ verwendet. Die Musiken sind zumeist treffend gewählt: Überwiegend kommen Saiteninstrumente – Streicher, Klavier – zum Einsatz, doch gelegentlich auch Flöten und Trommeln mit arabischer Melodie um ein ägyptisches Flair zu erzeugen. Die Tonschichten sind überraschend flach gestaffelt: Zu (seltenen) Spitzenzeiten sind es drei – Sprecherdialog, Musik und Geräuschkulisse – doch üblicherweise nur zwei (meist Dialog und Musik) oder gar nur eine (meist Dialog). Hier könnte man den Hörer etwas mehr beschäftigen.

 

Fazit:

Der junge Medizinstudent Abercrombie Smith macht die zweifelhafte Bekanntschaft mit dem Genie Edward Bellingham – und wird in üble Angelegenheiten verwickelt. Die Mumie ist eine eigenwillig langsame Mischung aus Gruselthriller und Rätsel, die leider nur sehr bedingt aufgeht. Die Sprecherperformanz ist mit einer Ausnahme solide, die Inszenierung ist weitgehend gelungen, könnte allerdings komplexer sein. Alles in allem einer der schwächeren Beiträge der Reihe, aber immer noch hörbar.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240420101949b7259ffb
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Hörspiel:

Die Mumie

Reihe: Gruselkabinett 51

Vorlage: Arthur Conan Doyle

Buch: Marc Gruppe

Produzent: Stephan Bosenius & Marc Gruppe

Label: Titania Medien

Erschienen: März 2011

Umfang: 1 CD, ca. 64 min

ASIN: 3785744714

Erhältlich bei: Amazon

 

Sprecher

Bene Gutjan

Hannes Maurer

Max Felder

Alexander Turrek

Jochen Schröder

Peter Reinhardt

 

Weitere Infos:


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Erstellt: 25.05.2011, zuletzt aktualisiert: 28.12.2023 19:05, 11828