Dort draußen, hinter den Sternen (Autor: Christian Weis)
 
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Kurzgeschichte des Monats Oktober 2008

"Dort draußen, hinter den Sternen" bildet den Auftakt zur Reihe Kurzgeschichte des Monats, die uns lesenswerte Geschichten aus den Genres SF, Fantasy und Horror bietet.

Christian Weis: Dort draußen, hinter den Sternen

Wann immer Dennis gefragt wurde, welchen Beruf er später einmal ergreifen wolle, so antwortete er stets: »Astronaut – wie mein Papa.«

Astronaut wollten viele Jungen in seinem Alter werden, aber die allerwenigsten hatten einen Vater, der diesen Beruf tatsächlich ausübte. Die meisten hatten Väter, die das ganze Jahr über zu Hause weilten und nicht wochen- oder monatelang auf einer Mission im All unterwegs waren.

»Wieso müssen wir Menschen eigentlich den Weltraum erforschen?«, fragte Dennis seinen Vater eines Abends, als dessen Heimaturlaub sich wieder einmal viel zu schnell dem Ende näherte.

Vater legte den Kopf in den Nacken, und seine Atemwolke stieg dampfend in den klaren Nachthimmel auf. Er ließ seinen Blick übers Firmament schweifen, wo die Sterne wie das Spiegelbild der unzähligen Eiskristalle glitzerten, die bis zum Horizont die schneebedeckten Wiesen und Felder bevölkerten. »Warum steigen wir Menschen auf einen hohen Berg und klettern bis weit über die Baumgrenze hinaus, bis zum höchsten Gipfel?« Er wandte sich um und sah auf Dennis herab.

»Weil er da ist.« Dennis kannte die passende Antwort auf diese Frage. Nicht zum ersten Mal führte er so ein Gespräch mit seinem Vater.

»Genau!« Vater nickte ihm zu. »Der Spruch stammt nicht von mir, wie du weißt. Ein schlauer Mensch hat das einmal gesagt, und wie man es auch dreht und wendet – es ist wahr.«

»Stimmt es, dass die Erde irgendwann unbewohnbar wird? Fliegst du deshalb dort hinauf, um herauszufinden, ob wir woanders leben können, wenn es hier nicht mehr geht?«

Vater schüttelte den Kopf. »Deswegen brauchst du dir keine Sorgen zu machen, Dennis! Es stimmt – die Erde wird eines Tages unbewohnbar werden, aber erst dann, wenn es uns alle, deine Mutter und dich und mich, längst nicht mehr gibt. Erst wenn der Staub, zu dem wir einst zurückkehren, in alle Winde zerstreut sein wird – erst dann werden sich die Menschen Sorgen machen und sich nach anderen Lebensräumen umsehen müssen.« Er lächelte, dann ging er in die Hocke und malte eine aufsteigende Treppe in den knöcheltiefen Schnee. »Was wir in der Raumfahrt momentan unternehmen, sind erste kleine Schritte, um irgendwann einmal die Grenzen unserer Galaxie zu erforschen und uns eines Tages auch in Nachbargalaxien vorzuwagen.« Mit einem Augenzwinkern fügte er hinzu: »Aber da stehen wir noch ganz am Anfang, und es werden erst die künftigen Generationen sein, die den nächsten großen Schritt gehen werden. Zunächst erweitern wir den Raum, den wir durchstreifen, nur ganz allmählich.«

»Aber wenn du tiefer und tiefer ins All fliegst, dann dauert es jedes Mal länger, bis du wieder nach Hause kommst.«

»Im Prinzip hast du Recht, Dennis. Durch den technischen Fortschritt werden wir jedoch in immer kürzeren Zeitabschnitten immer größere Strecken im All bewältigen können. Wenn wir die Raumkrümmung verstärken, verschafft uns das Möglichkeiten, von denen wir vor einigen Jahren noch nicht einmal zu träumen wagten.«

Manchmal drückte Vater sich so aus, dass Dennis Mühe hatte, zu verstehen, was er eigentlich meinte. Aber das lag wohl daran, dass er im Raumschiff nur von klugen und klügsten Köpfen umgeben war, von Piloten und Wissenschaftlern, die natürlich ganz anders redeten als ein elfjähriger Junge.

Die vielen Reisen durchs Weltall hatten Vater verändert. Nicht unbedingt zum Schlechten – er war nur eben anders als früher. Jetzt nahm er sich, wenn er auf der Erde Station machte, an den gemeinsamen Tagen viel mehr Zeit für Dennis. Beinahe jede freie Minute verbrachte er mit ihm, beantwortete geduldig seine Fragen oder saß einfach nur stumm mit ihm da, um die Sterne oder das Meer oder ein im Herbstwind wogendes Weizenfeld anzusehen. Alles Dinge, die er nicht gemacht hatte, als er noch mitten in der Ausbildung zum Astronauten steckte.

Dagegen hatte er für Mutter kaum noch Zeit übrig. Vielleicht liebte er sie auch nicht mehr so wie früher. Er sprach nicht mehr so viel mit ihr, und er umarmte und küsste sie auch nicht mehr; jedenfalls nicht tagsüber, wenn Dennis dabei war. Aber dafür gab es ja noch die Nächte. Dennis war alt genug, um zu wissen, was Väter und Mütter nachts taten, wenn die Kinder schliefen. Aber vielleicht … taten sein Vater und seine Mutter es gar nicht mehr?

Die Zeit verändert uns, hatte Großvater erklärt, als Dennis ihn auf seine Beobachtungen bezüglich seiner Eltern angesprochen hatte. Schau mich an, hatte Großvater gesagt und seine schaufelartige Hand neben Dennis’ Kinderhand gehalten. Faltige, lederartige, verbrauchte Haut neben glatter, zarter, frischer Haut. Dennis hatte verstanden, dass nichts wirklich von Dauer und alles ewiger Veränderung unterworfen war – mit Ausnahme des Sternenhimmels vielleicht, der jeden Abend gleich aussah. Aber selbst die Sterne veränderten ihre Position, weil die Erde nicht still stand. Alles befindet sich im Fluss, hatte Großvater erklärt, unser ganzes Leben besteht aus Veränderung. Jedes Jahr, jeden Monat, und jeden Tag.

Erst viel später hatte Dennis erkannt, dass Großvater damit viel Wahres gesagt hatte – und dass er geschickt Dennis’ Frage nach der vermutlich abgekühlten Liebe seiner Eltern ausgewichen war.

Im Sommer erhielt Vater einen Monat Heimaturlaub. Es schien eine kleine Ewigkeit zurückzuliegen, dass er so viel Zeit am Stück bei seiner Familie verbringen konnte. Selbst nach einer Woche lag das Ende seines Urlaubs noch in viel weiterer Ferne als der Anfang.

Zu dritt fuhren sie ein paar Tage ans Meer. Nicht dorthin, wo sich die Touristen gegenseitig auf die Füße traten, sondern in eine abgelegene Gegend weiter im Norden, wo meterhohes, leuchtendgrünes Schilfgras die zwei verwitterten Holzstege umschmeichelte, die so weit in die kleine Bucht hineinragten, dass man von ihrem Ende aus bedenkenlos mit einem Kopfsprung ins Wasser hechten konnte.

Vater hatte eine kleine Angel gebastelt, mit der Dennis vergeblich versuchte, die glitschigen Fische zu fangen, die sich in Ufernähe dicht unter der Wasseroberfläche herumtrieben. Nach einer Stunde brach Dennis enttäuscht seine Jagd auf das Abendessen ab und hielt Ausschau nach seinen Eltern. Da er sie beide zunächst nicht entdecken konnte, beschleunigte sich sein Herzschlag – nicht weil er von Angst ergriffen war, sondern weil er hoffte, sie würden die Zeit nutzen, in der er sich mit dem Fischen beschäftigte, um miteinander zu reden.

Als er mit den Händen das Schilfgras vor seiner Nase teilte, konnte er sie ausmachen. Sie saßen am Ende des kleineren der beiden Stege und wandten Dennis den Rücken zu. Stumm ließen sie die Beine baumeln, kühlten ihre Füße und blickten aufs blaugrüne Wasser hinaus, das sich leicht im Wind kräuselte. Vater rückte näher an Mutter heran – so nahe, dass er sie bei ausgestrecktem Arm erreichen konnte. Seine Hand strich zaghaft über ihre Hüfte, über den Rücken und den Bund ihrer Bikinihose. Unvermittelt erhob sie sich, warf die schulterlangen blonden Haare zurück und verschwand mit einem Satz im Wasser. Vater schaute ihr nach, bis sie einige Meter vor dem Steg wieder auftauchte. Dennis erwartete, dass sein Vater ihr folgte, aber er tat ihm den Gefallen nicht. Er blieb reglos auf dem Steg sitzen, während Mutter mit kräftigen Kraulzügen in die Mitte der Bucht schwamm, wo sie sich schließlich auf dem Rücken treiben ließ.

Seufzend zog Dennis sich ins Schilfgras zurück und watete ans Ufer. Erst als er aus dem Wasser stieg, merkte er, dass er seine Angel verloren hatte. Einen Moment überlegte er, ob er sie suchen sollte, aber dann fragte er sich, was er mit einer Angel anfangen sollte, mit der man keine Fische fangen konnte.

Am nächsten Tag verschlechterte sich das Wetter zusehends, und sie fuhren wieder nach Hause.

Abends im Bett wälzte Dennis sich von einer Seite auf die andere. Er starrte abwechselnd an die Zimmerdecke und durchs Giebelfenster hinauf zum Sternenhimmel, der sich allmählich aus den grauschwarzen Wolken schälte. Während das Wetter langsam aufklarte, trübten sich seine Gedanken mehr und mehr ein. Das umgekehrte V unter dem Dachfirst kam ihm mitunter so vor, als würde es gleich zusammenklappen und ihn samt seinem Bett zwischen den Brettern der Holzdecke zerquetschen. Er bekam Bauchschmerzen.

Eigentlich war er viel zu groß, um noch nachts ins Schlafzimmer der Eltern überzuwechseln. Im Kindergartenalter war er regelmäßig zu Vater und Mutter unter die warme Decke gekrochen, wenn er sich gefürchtet hatte oder nicht einschlafen konnte. Aber jetzt machte man das nicht mehr. Vielleicht … wenn er sich schlafwandelnd stellte? Aber das würden sie vermutlich sehr schnell durchschauen.

Während er grübelte und grübelte, ertappte er sich dabei, wie er, eigentlich ohne es zu wollen, die Beine aus dem Bett schwang. Ehe er sich versah, spürte er die kühlen Trittflächen der Holztreppe unter seinen nackten Fußsohlen. Der Sommer hatte eine Pause eingelegt, und Dennis wünschte sich, er wäre in seine Hausschuhe geschlüpft und hätte seine silberne Astronauten-Trainingsjacke über den Pyjama gezogen. Aber zurück konnte er jetzt, da er den ersten Stock beinahe erreicht hatte, nicht mehr. Stufe um Stufe ging es nach unten. Wie ferngesteuert lenkten ihn seine Beine zum Schlafzimmer seiner Eltern, das am Ende des Flurs lag.

Plötzlich erklangen dumpfe Stimmen, die leise an seine Ohren drangen, als würden sie über die einsame Bucht und durchs Schilfgras zu ihm herüberwehen. Mitten in der Bewegung hielt Dennis inne. Er stand da wie Vaters Bronzestatue des altgriechischen Athleten, der gerade einen Ausfallschritt machte und mit dem Speer zum olympischen Wurf ausholte. So kalt wie Metall fühlte sich Dennis’ gesamter Körper inzwischen auch an.

Obwohl er nicht verstehen konnte, was dort hinter der Tür gesprochen wurde, konnte er die Stimmen dennoch identifizieren. Sie gehörten eindeutig seinen Eltern.

Auf beinahe gefühllos gewordenen Zehenspitzen näherte Dennis sich der Schlafzimmertür, die einen Spalt breit offen stand. Mattes Dämmerlicht drang durch die Ritze nach draußen. Vorsichtig ging er auf die Knie, dann legte er sich auf den Bauch und robbte in Indianermanier an den Türspalt heran. Darin war er gut.

Ganz langsam schob er seinen Kopf so weit nach vorn, dass er aus der Perspektive einer Maus ins Zimmer schauen konnte. Die Schirmlampen auf den beiden Nachttischchen brannten und warfen einen schwachen, orangebraunen Schimmer auf die Tapete. Dennis’ Eltern hoben sich als Schattengestalten dunkel davon ab. Ihre Gesichtszüge waren lediglich zu erahnen. Jeder saß, auf seiner Seite des Bettes, auf der Matratzenkante. Mutter hatte Vater den Rücken zugekehrt. Sie trug ein knielanges Nachthemd und starrte stumm zu Boden. Vater hockte im gestreiften Pyjama mit seitlich verdrehtem Körper so da, dass er sie anschauen konnte.

Hatten sie etwa gestritten? Dennis konnte sich dunkel daran erinnern, dass sie früher ab und zu gestritten hatten. Seit Vater den Weltraum bereiste und nur noch selten zu Hause war, hatten sie sich nicht mehr in die Haare gekriegt. Jedenfalls nicht in Dennis’ Gegenwart. Er war nicht in der Lage, sich ins Gedächtnis zu rufen, wie es sich damals angehört und angefühlt hatte, wenn sie eine lautstarke Auseinandersetzung geführt hatten.

Erinnerungen sind wie Schmetterlinge, hatte Großvater zum Abschied gesagt, bevor er vor zwei Jahren in die Altersklinik eingeliefert worden war. Das, was einem im Gedächtnis bleibt, ist meistens nicht die glibberige, dreckige Raupe und auch nicht der unappetitliche Kokon. Das weniger Schöne und das Hässliche vergisst man oft. Vielleicht ist das ein Geschenk Gottes an seine unvollkommene Schöpfung. Denn wenn man alles Schlimme, alles Schlechte im Kopf behalten würde – wie sollte man das mit zunehmendem Alter aushalten können?

Und jetzt lag Dennis hier vor der Schlafzimmertür auf dem Bauch und versuchte auszuloten, was dort drinnen vor sich ging. Er wusste nicht, ob seine Eltern gestritten hatten oder ob sie sich einfach nur, wie in den letzten sechs Jahren auch, nicht viel zu sagen hatten. Er konnte es nicht unterscheiden. In diesem Augenblick fragte er sich, ob er seine Eltern überhaupt noch kannte. Im Vergleich zu seinen Erinnerungen waren sie ihm jetzt irgendwie … fremd.

Vater durchbrach die Stille. Diesmal lauschte Dennis angestrengt, und so konnte er verstehen, was gesprochen wurde.

»Wäre das Resomatisierungsprogramm früher freigegeben worden, dann hätten sie schon damals Klone auf die langen Raumreisen geschickt. Klone kann man genetisch viel besser auf den Aufenthalt in den Kälteschlafkammern vorbereiten.«

»Es wäre besser gewesen«, gab Mutter stockend zurück, ohne sich nach Vater umzudrehen, »wenn sie Klone geschickt hätten anstelle von Menschen.«

»Wir sind auch Menschen.«

Sie seufzte, und jetzt warf sie einen kurzen Blick über die Schulter. »Natürlich, entschuldige bitte. Ich wollte nicht …«

»Ist schon gut«, sagte er sanft.

Mutter senkte den Kopf und schaute wieder zu Boden. »Sie hätten niemals Familienväter schicken dürfen.«

»Es war ein Fehler, Familienväter beim Galaxis-Programm überhaupt in die Auswahl einzubeziehen.«

»Frank hätte hier bei Dennis und mir bleiben müssen.«

Schweigen.

Dann wieder er: »Aber er hat sich für diese Mission entschieden. Und wenn er am Ziel seiner Reise aus dem Kälteschlaf erwacht, wird Dennis ein erwachsener Mann sein.«

»Und ich eine steinalte Frau.«

Erneut entstand eine kurze Pause. Dann erklärte er: »Die Gen-Gesetze wurden geändert, um dieses Problem für künftige Astronauten zu lösen. Aber das Rad der Zeit kann nicht per Gesetz zurückgedreht werden. Keine Mission, die unser Sonnensystem verlässt, kann zurückgerufen werden – das weißt du, Ellen. Deshalb wurde ja das Resomatisierungsprogramm ins Leben gerufen – damit wenigstens die Kinder ihre Väter wiederhaben.« Kaum hörbar fügte er hinzu: »Und die Frauen ihre Ehemänner, wenn sie es wollen.«

Ihr Körper erzitterte, als sie sich nach ihm umdrehte. »Ihre Väter?« Sie schüttelte den Kopf. »Frank … du bist nicht Dennis’ Vater, und du bist auch nicht mein Mann …«

»Leider. Aber ich bin ein naturgetreues Abbild, ein bis ins kleinste Detail perfektes Duplikat. Ich gleiche ihm aufs Haar. Es …« Er räusperte sich. »Es war sehr weitsichtig von der NAESA, vor dem Start Körperproben von allen Astronauten einzufrieren.«

Sie atmete tief durch. »Verzeih, ich bin ungerecht dir gegenüber. Du … du kannst ja nichts für all das.«

»Aber ich bin dir wohl auch keine große Hilfe.«

»Was Dennis betrifft bist du mir sogar eine sehr große Hilfe, Fran…« Sie stockte und setzte neu an. »Ich muss zugeben, ich tu mich schwer damit, dich Frank zu nennen. Sehr schwer. Kannst du nicht einen anderen Vornamen annehmen? Dennis könnten wir sagen, dass dir der alte nicht mehr gefällt. Oder dass es eine Regel gibt, nach der bei der Raumschiffbesatzung jeder Vorname nur einmal vorkommen darf.«

»Das müsste sich machen lassen, denke ich.«

Sie beugte sich zu ihm hinüber und strich ihm vorsichtig über die Wange. »Du gleichst Frank wirklich bis ins kleinste Detail, bis in jede Gesichtsfalte. Erstaunlich, dass so etwas möglich ist.«

Er zuckte zurück. »Ellen, ich bin keine Maschine, die man begutachten und deren Perfektion man bewundern kann. Ich habe Gefühle.«

Nach kurzem Zögern nickte sie und fragte: »Welcher Name würde dir denn gefallen?«

»Ich weiß nicht, darüber habe ich noch nie nachgedacht.«

Sie beugte sich nach vorn und hauchte ihm einen Kuss auf den Mund. Im nächsten Moment kroch sie auf Händen und Knien über die Matratze auf ihn zu und umschlang ihn mit ihren Armen. Sie pressten ihre Lippen fest aufeinander, ihr Atem ging heftiger. Dann verloren sie das Gleichgewicht und sanken aufs Laken, ohne sich voneinander zu lösen.

Dennis spürte seinen Körper nicht mehr. Trotzdem gelang es ihm irgendwie, sich von dem Türspalt zu entfernen und rückwärts zu kriechen. Als er sicher war, dass sie ihn nicht mehr sehen konnten, erhob er sich zitternd und schlich, so leise es ihm möglich war, zur Treppe.

In seinem Zimmer zog er lautlos seine Jogginghose an und streifte die silberne Trainingsjacke mit der Rückenaufschrift NAESA über. Dann schlüpfte er in seine Hausschuhe, verließ das Zimmer und betrat die lang gezogene Dachkammer gegenüber, wo er sich, wie schon so oft, wenn er mit Mutter allein zu Hause gewesen war, im Lichtkegel seiner Taschenlampe den Weg zwischen den alten Schränken und Kisten hindurch bahnte, bis er sein Teleskop vor sich hatte, das Vater ihm vor Antritt seines ersten Raumfluges geschenkt hatte.

Mit zittrigen Händen nahm Dennis die beiden Verschlusskappen ab und richtete das schwere Fernrohr durch das Dachfenster gen Himmel. Langsam kehrte das Gefühl in seine klammen Glieder zurück, und in seinem Magen stellte sich ein leichtes, warmes Kribbeln ein, das allmählich stärker wurde. Er schluckte hart, dann schaute er durchs Teleskop. Während er das Rad für die Schärfeeinstellung justierte, lichtete sich auch der Nebel in seinem Kopf. Er zwang sich, nicht mehr zu zwinkern und betrachtete die hellen Lichtpunkte durchs Okular.

Dort oben lag Vater in der Kälteschlafkammer eines Raumschiffes, das unbeirrbar seine Bahn durchs Firmament zog. Er war irgendwo dort draußen, hinter den Sternen.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024041910213074c62c0f
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Die Geschichte erschien erstmals in dem SF Magazin Exodus, Ausgabe 20

 

Exodus

 

 

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Erstellt: 05.10.2008, zuletzt aktualisiert: 16.04.2019 10:44, 7502