Gevatter Tod (Autor: Terry Pratchett; Scheibenwelt)
 
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Gevatter Tod von Terry Pratchett

Hörbuch

Rezension von Christel Scheja

 

Welcher Besucher der Scheibenwelt kennt nicht Gevatter Tod? Der freundliche Sensenmann von Nebenan mit der seltsamen Angewohnheit in Großbuchstaben zu sprechen, ist schon seit 1987 nicht mehr aus Terry Pratchetts eigenwilligem Universum weg zu denken und hat immer wieder Gastauftritte in Romanen, in denen andere Figuren die Hauptrolle spielen.

 

2004 wurde der zunächst bei Heyne, nun bei Piper erschienene Roman nicht nur als Hörbuch, sondern als Hörspiel umgesetzt. Der WDR und SWR produzierten einen höchst eigenwilligen Zweiteiler, der Terry Pratchetts Geschichte selber noch einmal auf seine eigene Weise interpretiert.

 

Erzählt wird die Geschichte des jungen Mort. Der ist so ungeschickt, dass sein Vater sich nicht traut, ihm mehr Pflichten als nötig aufzubürden, weil er sonst um seinen Hof fürchten müsste. Deshalb nutzt er die Gelegenheit, den Jungen auf einem der nächsten Märkte als Lehrling anzubieten. Es sieht schlecht aus - bis zu dem Augenblick, da eine verhüllte Gestalt auftaucht. Gevatter Tod ist bereit, den ungeschickten Jüngling als Lehrling anzunehmen. Man wird sich schnell einig, denn Mort ist nicht verängstigt, sondern eher neugierig auf das, was ihn erwartet.

 

Im Heim Gevatter Tods lernt er den mürrischen Diener Albert und die freche Isabell kennen, Tods Tochter. Aber wie kann es sein, dass der Sensenmann ein Kind hat? Bevor sich Mort weitere Gedanken machen kann, wird er von Tod in die Pflicht genommen. Zunächst siegt noch sein Mitgefühl, dann aber versteht er, warum die Arbeit von Tod sein muss. Er macht seine Sache bald so gut, dass Tod sich auch einmal ein wenig Urlaub gönnen kann.

 

Während der Sensenmann seine freien Tage in Ankh-Morpork zu begehen gedenkt, um das menschliche Verhalten ein wenig zu studieren, kümmert sich der junge Mann um seine Aufgaben.

 

Dann aber begeht Mort einen folgenschweren Fehler: Weil er Mitleid mit der jungen Prinzessin Keli hat, rettet er sie vor dem Dolch des Attentäters, anstatt ihre Seele mitzunehmen, wie es das Schlicksal festgelegt hat.

Damit gerät die Welt aus den Fugen, denn die eigentlich vorgesehene Wahrheit wird von einer neuen, sehr instabilen Realität ersetzt, die nicht nur Prinzessin Keli zu schaffen macht, weil niemand mehr so richtig glauben kann, dass sie noch lebt.

Auch Mort muss bald erkennen, dass er einen üblen Fehler gemacht hat, und versucht diesen wieder in Ordnung zu bringen, ehe sein Lehrherr etwas merkt. Doch durch seine Einwirkung wird alles noch viel schlimmer...

 

Tod hingegen ahnt nichts von dem Chaos. Er macht seine eigenen Erfahrungen mit den Sterblichen und hat viel Spaß dabei - wird aber ohne es zu merken auch immer menschlicher...

 

Hörspiele sind wie Filme immer so eine Sache: Da jeder Leser seine eigenen Vorstellungen von Charakteren entwickelt, kann eine Umsetzung in ein anderes Medium eine ernüchternde oder gar böse Überraschung werden. Ich hatte etwa erwartet Tod in einer viel dunkleren Stimme reden zu hören und war zunächst von Peer Augustinski, den ich nur als Komödiant kenne, etwas irritiert. Im Laufe des Hörspiels gewöhnt man sich aber schnell daran, zumal seine Stimme leicht verfremdet ist, um sie etwas hohler klingen zu lassen. Auch wenn er Tod über weite Strecken eher amüsiert klingen lässt, so kann er ihm in den passenden Momenten genug Nachdruck und Schärfe verleihen, so dass die Figur sehr ernst und bedrohlich wirkt.

Auch die anderen Rollen sind gut besetzt, ihre Sprecher erwecken den passenden Eindruck von jungen verwöhnten Prinzessinnen oder frechen Gören, gemütlichen Zauberern oder hintergründigen Dienern, die mehr wissen, als sie sagen. Soundeffekte sind sparsam eingesetzt und unterstützen die Handlung, ohne sie zu dominieren.

 

Terry Pratchetts Roman wurde geschickt gekürzt, man hat sich auf kurze und prägnante Szenen und die wichtigsten Charaktere beschränkt, so dass die Handlung des Buches weitestgehend erhalten bleibt. Nur zum Ende hin schafft es ein etwas überraschender Sprung, den Leser zu verwirren und zu fragen: Fehlt da nicht noch eine Erklärung? Und: Wo bin ich hier?

In einem normalen Hörspiel wäre das vielleicht so.

"Gevatter Tod" ist jedoch etwas anders, wird im vierseitigen Booklet als "spritzige Revue" bezeichnet und ist auch wie jedes Musical von vielen Musikstücken durchzogen. Jeder der führenden Charaktere singt mindestens ein Lied, das seine derzeitige Situation und seine Gefühle wiedergibt, die Musik treibt zwar die Handlung weiter, entkräftet aber auch die spannenden Szenen zum Ende hin und nehmen ihnen abrupt die düstere Atmosphäre.

Die Musik ist gewöhnungsbedürftig, zumal sich die jazzig-poppigen Stücke nicht an dem aktuellen Geschmack der Masse orientieren, sondern an klassischen Vorbildern des deutschen Variete. Das verleiht dem ganzen einen gehoben satirischen Anstrich, der sicherlich nicht jeden Geschmack trifft.

 

Trotzdem ist "Gevatter Tod" insgesamt eine gelungene Umsetzung von Terry Pratchetts Werk, die sich einerseits selber nicht ganz ernst nimmt und die satirische Atmosphäre des literarischen Vorbilds einfängt,andererseits sollte der Zuhörer schon ein wenig Verständnis für gedienenen deutschen Humor zu haben, um das Hörspiel wirklich genießen zu können.

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240327161527e34e724e
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Buch:

Gevatter Tod

Autor: Terry Pratchett

Hörspielbearbeitung: Leonard Koppelmann und Robert Steudner

Komposition: Alex Geringas, Tim Hellmers und Katharina Mittermeier

Regie: Leonhard Koppelmann

Dramaturgie& Redaktion: Leslie Rosin

Umfang: 2 Audio-CDs

Laufzeit: ca 140 min

(C ) CD - Random House Audio

(P ) WDR, Köln/SWR

Erscheinungsdatum: Februar 2005

ISBN: 3898309401

0162061RDH

 

Sprecher

Mort: Andreas Pietschmann

TOD: Peer Augustinski

Prinzessin Keli: Laura Maire

Ysabell: Nina Weniger

Schneidgut/Türklopfer Juan: Carlos Lopez

Albert: Herrmann Lause

 

Erhältlich bei Amazon


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Erstellt: 02.08.2005, zuletzt aktualisiert: 24.03.2024 10:01, 883