Kolumne: Sense of Wonder
 
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Kolumne: Sense of Wonder

Autor: Holger M. Pohl

 

Wie bei vielen anderen damals, so dürfte auch bei mir eine der ersten Begegnungen mit dem literarischen SF-Kosmos in der Gestalt des Erben des Universums erfolgt sein: Perry Rhodan! Eine Heftserie, Schund für manche. Trivialliteratur. Groschenromane. Ja, alles irgendwie richtig. Doch was gab es damals, Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts schon auf dem deutschen Print-Markt viel anderes? Und vor allem Erschwingliches für das schmale Taschengeld eines Schülers?

Unser Mann im All entführte mich damals in einen unbekannten Kosmos. Er weckte mein Interesse für Raumfahrt, Astronomie und Kosmologie. Er vermittelte mir den Sense of Wonder.

Dass er dies mittlerweile schon seit geraumer Zeit nicht mehr tut, hat weniger damit zu tun, dass ich älter und hoffentlich reifer geworden bin, sondern damit, dass Perry und seine Gefährten mittlerweile in Sphären schweben, die mir nicht gefallen und mir nicht zusagen. Das muss nun beileibe nichts negatives sein – es ist einfach eine Tatsache. Es wurde alles ein wenig gigantisch. Es hat zwar eine gewisse Rückbesinnung stattgefunden, doch jener Sense of Wonder von damals stellt sich leider nicht mehr ein.

Im Laufe der Jahre gab es immer Versuche, Perry Rhodan zu kopieren. Zahlreiche Heftserien erschienen am Firmament und verschwanden ebenso schnell wieder in irgendwelchen schwarzen Löchern. Etwas Erfolgreiches zu kopieren bedeutet nicht zwangsläufig ebenfalls erfolgreich zu sein. Ich gestehe auch, dass ich den wenigsten dieser Heftserien nachtrauere. Zu ähnlich war das Schema und zu ähnlich die Konflikte: da die Guten – in aller Regel die Menschheit –, da die Bösen – irgendwelche Schurken, Überwesen oder Überrassen –, die nichts anderes im Sinn haben, als die Galaxis, das Universum, alle Universen zu erobern. Alles bei Perry schon gehabt, alles dort schon gelesen. Etwas wirklich Neues, Innovatives war nicht dabei. Nichts, was den Sense of Wonder in mir wiedererweckte.

Vielleicht liegt das daran, dass natürlich seit geraumer Zeit die Buch-Verlage, das Kino und das Fernsehen den Markt SF entdeckt und vereinnahmt haben. Für Heft-Serien bleibt da nur eine kleine Nische. Zudem haftete und haftet ihnen das Image des „Groschenromans“, der „Schundliteratur“ und ähnliches an. Keine Empfehlung um „seriöse“ neue Ideen zu entwickeln. Von diesen Medien wird das Verlangen nach dem Sense of Wonder hinreichend bedient.

Auch sind wir SF-Leser – gleich welchen Alters – erwachsen geworden. Wir wollen vielleicht nicht mehr einfach nur von irgendwelchen Konflikten in irgendeinem Teil des Universums zwischen irgendwelchen Parteien lesen. Reale Konflikte bekommen wir tagtäglich durch die Medien genügend vorgeführt. Zudem, wer heute noch von Heftserien schwärmt, dem wird der Vorwurf gemacht, er sei nie erwachsen geworden. Nun ja, dann werde ich eben nicht älter. Manch andere sind schon alt…wissen es nur noch nicht.

Warum also überhaupt einen Gedanken an eine Heftserie verschwenden?

Vielleicht weil es Spaß macht sie zu lesen? Weil es zu bestimmten Zeiten, an bestimmten Orten etwas anderes ist, als sich durch ein dickes Buch zu hangeln? Weil Heftserien auf dem gedruckten Markt vielleicht das sind, was TV-Serien bei bewegten Bildern? Warten wir nicht auch bei unserer Lieblingsserie – oder den Lieblingsserien – Woche für Woche darauf, wie es denn nun weitergeht?

Ich denke, eine gut gemachte SF-Heftserie mit einem einigermaßen überzeugenden wissenschaftlichen Hintergrund – Science eben – und durchaus viel Phantasie – Fiction eben – mit Spannung und Abenteuern – ohne „Ich gut – Du böse – wumm!!“ – könnte ihre Leserschaft finden.

Denn unser Universum bietet weitaus mehr als Raumschlachten und böse Invasoren…erheblich viel mehr! Schon mal bei Hubble-Bildern von den Wundern des Universums geträumt…?

 

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Erstellt: 26.08.2007, zuletzt aktualisiert: 26.06.2022 18:51, 4737