Kolumne: Die kleinen Dinge
 
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Kolumne: Die kleinen Dinge

Autor: David Grashoff

 

Irgendjemand hat einmal gesagt, dass es gerade die kleinen Dinge im Leben sind, die man bewusster wahrnehmen und genießen sollte. Vielleicht war es der Dalai Lama, vielleicht stammt es aber auch aus irgendeinem Hollywoodschinken. Ist eigentlich auch nicht wichtig.

Auf jeden Fall habe ich gemerkt, dass es gerade die kleinen Dinge im Leben sind, die mich am menschlichen Verstand zweifeln lassen.

Klar, die großen Themen, wie die Umweltverschmutzung, soziale Ungerechtigkeit, Kriege oder Bankenkrisen sind allgegenwärtig und verstärken nicht gerade den Eindruck, als wäre die menschliche Rasse mit Intelligenz gesegnet, doch gerade im scheinbar Trivialen, in der banalen Alltäglichkeit, stecken Details, die mich immer wieder dazu bringen kopfschüttelnd die Augen zu verdrehen. Ein paar Beispiele gefällig? Kein Problem.

 

Als ich neulich im Büro saß und partout keine Lust hatte, irgendetwas zu tun, was die lächerliche Entlohnung meines Arbeitgebers rechtfertigen würde, verzog ich mich auf die Toilette. Dorthin zieh ich mich öfter mal zurück, um in Ruhe eine zu Rauchen, oder eine Textidee gedanklich weiter zu spinnen, ohne dabei dem Lärm des Telefons, des Kopierers oder meiner Arbeitskollegen ausgesetzt zu sein. Nun saß ich dort, mit einer Marlboro Menthol zwischen den Lippen und mein Blick wanderte zu einer Großpackung Toilettenpapier, wie man sie in jedem üblichen Großhandel bekommt.

Zwanzig Rollen Toilettenpapier für gehobene Ansprüche in Chefetagen und Büros. Superweiches Zellstoff-Tissue, geprägt, 4-lagig, 150 Blatt, weiß. Besonders dick, reißfest und sicher. Chlorfrei gebleicht. Frischer Frühlingsduft.

Während ich also dort so saß und das Klopapier betrachtete, bildete sich in meinen zugegebenermaßen manchmal recht wirren Gedanken, eine Frage, die mich fortan, öfter als mir lieb ist, beschäftigen sollte. Wo zum Teufel liegt der Sinn von parfümiertem Toilettenpapier?

Gut, bei Taschentüchern kann ich das ja noch verstehen, ist doch unser Riechorgan beim Gebrauch dieser Papierfetzen doch direkt involviert - so kann man sich dann kurzzeitig nach dem Erfolg des Naseputzens an dem Duft der Minze ergötzen -, doch was bringt der Frühlingsduft beim Toilettenpapier? Als Duftverbesserer für die Toilette kann es ja kaum gedacht sein, ist der Geruch dieser Papierrollen doch nur in unmittelbarer Nasennähe wahrzunehmen.

Zwar ist mir der Spruch - das Auge isst mit – bekannt, so muss ich aber zugeben, dass mir bis jetzt die Äußerung – der Arsch riecht mit – noch nicht zu Ohren gekommen ist. Habe ich da möglicherweise etwas verpasst?

 

Ein weiterer Gegenstand, der mir aufgefallen ist – weniger aufgrund einer Sinnfrage, als wegen dem zweifelhaften Geschmack der Hersteller/Designer/oder-was-auch-immer -, befindet sich im Poohnobyl: der Winnie Pooh verseuchten Zone, die meinem Sohn als Kinderzimmer dient. Dabei handelt es sich um ein Spielzeug, genauer gesagt, um ein Plastikflugzeug, in dem ein Winnie Pooh aus Holz steckt. Drückt man nun diesen hölzernen Bären herunter, gibt das Spielzeug ein Flugzeuggeräusch von sich, dass mir immer wieder die Bilder des Luftangriffs auf Dresden vor Augen ruft. Nicht, dass ein zweijähriges Kind viel mit dem Februar 1945 verbindet, doch als interessierter Geschichtssendungsverfolger (bitte nicht verwechseln mit Gerichtssendungsverfolger), konnte ich mir beim erstmaligen Hören dieses Geräusches nur schwer ein verschämtes Lächeln verkneifen und auch bei meinen historisch interessierten Freunden entlockte die Vorführung des „Winnie-Pooh-Bombers“ ein schiefes Grinsen, meist gefolgt von Bemerkungen, die unmittelbar mit Dresden 45 oder einem ähnlichen Ereignis zu tun hatten. So zermaterte ich mir den Kopf mit der Frage, ob nun die Hersteller/Designer/oder-was-auch-immer dieses Spielzeugfliegers entweder mangelhafte Geschichtskenntnisse besaßen und nicht auf die Idee gekommen sind, dass sich ihr Produkt verdächtig nach einem B52-Bomber anhörte, oder ob es ihnen einfach egal war. Hauptsache Flugzeug. Gut, sie fragen sich wahrscheinlich, wie man sich über so einen Blödsinn überhaupt Gedanken machen kann. Hat der Mann sonst keine Hobbys? Hat der zuviel Zeit?

 

Nein, nein, wie ich eingangs erwähnte, ist es die genauere Betrachtung des vermeintlich Banalen, die mich gelegentlich dazu bringt Dinge zu hinterfragen. Dabei fallen mir dann oftmals Sachen auf, die ich bisher immer als selbstverständlich hingenommen habe. Das funktioniert übrigens auch mit den großen Sachen, wie mit der Religion, der Politik oder der Beziehung zu anderen Menschen.

 

Wie es ja schon bei der Sesamstrasse heißt: Wer nicht hinterfragt bleibt dumm ... oder so ähnlich. Zum Thema „kleinen Dinge“ fällt mir übrigens noch ein Zitat ein: Suche die kleinen Dinge, die dem Leben Freude geben. Stammt von Konfuzius. Der war übrigens Chinese. Die sind ja bekanntlich nicht wirklich groß.

 

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Erstellt: 07.10.2008, zuletzt aktualisiert: 26.06.2022 18:51, 7514