Kolumne: Verlag sucht (Autor) Geldgeber
 
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Kolumne: Verlag sucht <strike>Autor</strike> Geldgeber!

Autor: Holger M. Pohl

 

Man stelle sich folgendes Szenario vor:

Du bist arbeitslos und suchst eine Stelle. Du bewirbst Dich und noch ehe die Bewerbung richtig weg ist, kommt schon die Einladung zum Vorstellungsgespräch. Du gehst hin und man ist begeistert. Du bist genau der/ die Richtige! Deine Bewerbung hat man nur kurz überflogen und man weiß schon genau, Du oder keine(r). Die Sache hat nur einen Haken … Da man gerade etwas klamm in der Kasse ist, Dich aber unbedingt haben möchte, wäre es nett und sehr freundlich von Dir, wenn Du einen kleinen Lohnkostenzuschuss leisten würdest. Man rechnet Dir natürlich haarklein vor, wann Du den wieder raus hast. Vorausgesetzt Du hältst so lange durch. Sonst ist der Zuschuss natürlich weg.

Absurd, oder?

 

Ein weiteres Szenario:

Du bist Handwerker, sagen wir einmal Dachdecker. Ein Kunde möchte Dir unbedingt einen Auftrag erteilen, weil Du genau der Richtige für den Job bist; genau der, den der zukünftige Kunde gesucht hat. Allerdings gibt es da ein kleines Problemchen. Der Kunde ist gerade knapp bei Kasse. Du müsstest Dich ein ganz klein wenig an den Kosten des Auftrags beteiligen. Einen Auftragskostenzuschuss sozusagen. Natürlich rechnet man Dir haarklein vor, wann sich das alles wieder gegeneinander aufgerechnet hat.

Absurd, oder?

 

Noch ein Szenario:

Du bist Autor und schickst ein Manuskript an einen Verlag. Noch ehe es richtig angekommen ist, klingelt schon das Telefon/ ein Fax kommt/ eine Email geht ein und Du wirst als neuer Star am Literaturhimmel beglückwünscht. Auf Dich, genau auf Dich hat man gewartet! Dein Roman ist genial und so gut, dass man ihn sofort und auf der Stelle veröffentlichen möchte. Es gibt da nur ein kleines Problem mit der Kasse: damit man Dein geniales Werk veröffentlichen kann, müsstest Du Dich mit einem Druckkostenzuschuss beteiligen. Natürlich rechnet man Dir vor, wie wenige Werke Du verkaufen musst, bis das alles wieder im grünen Bereich ist.

Absurd?

 

Nein, ist es nicht! Es ist angewandte Praxis im Verlagswald. Du als Autor sollst nicht nur Zeit, Mühe und Kreativität in Deine Arbeit investieren, sondern auch noch Geld. Du sollst nicht nur Material liefern, sondern das auch noch bezahlen. Du bist zwar der, den der Verlag gesucht hat, doch nicht wegen Deines Werkes, sondern wegen Deines Geldbeutels.

 

Druckkostenzuschuss-Verlage – oder Pseudo-Verlage, wie man mittlerweile ungestraft sagen darf – wollen immer Dein Bestes. Aber nicht Deine Kreativität, sondern Dein Geld. Und viele, allzu viele fallen trotz aller Warnungen immer wieder darauf rein. Entweder sie selbst – oder noch perfider, weil man Tochterfrau oder Sohnemann natürlich die Weltkarriere nicht versauen will – die Eltern sind bereit, oft nicht unerhebliche Summen zu bezahlen, damit das Werk veröffentlicht wird. Oder sich zu verpflichten, eine gewisse Anzahl von Werken – zur Verkaufsunterstützung – abzunehmen, um diese selbst unter das verwandtschaftliche und befreundete Volk zu bringen. (Erinnert mich an die Praktiken mancher Direktvertriebler, die mit diesem System arbeiten. Ist dann diese Klientel mal abgegriffen …)

 

Hin und wieder kommt die verteidigende Aussage: man erbringe ja Leistungen und diese Leistungen müssen ja bezahlt werden. So weit – so gut. Doch warum soll der Autor die bezahlen? Ist das nicht Sache des Verlages? Man sollte in solchen Fällen einfach offen dazu stehen, was man ist: ein Dienstleister und kein Verlag!

Manche tun das ja ein winziges bisschen. Irreführenderweise nennen sie sich Dienstleistungsverlag. Und lassen sich dann aber auch jede kleinste Dienstleistung teuer (oft zu teuer) bezahlen. Natürlich schließen auch diese Verlage einen wunderbaren Vertrag mit dem Autor. Sie rechnen ihm in wunderschönen Zahlen vor, wie schnell er mit seinem Werk durch den Verkauf etwas verdient. Apropos Verkauf, gegen einen kleinen Werbekostenzuschuss könne man den Autor gerne bei seiner Verkaufsarbeit unterstützen.

 

Ob diese Verlage nun in Frankfurt, Berlin, Bocholt oder sonst wo sitzen, ob sie sich eines bekannten Namens, eines verwechselbaren Tiersymbols, eines schön designten Namens oder etwas anderem zur Täuschung bedienen, all das spielt keine Rolle. Auch irgendwelche tollen Slogans wie „Wir suchen Dich, Autor!“ oder ähnliches sind belanglos. Das Einzige, was zählt, ist: veröffentlicht wird, was Geld bringt. Das Geld des Autors!

 

Viele wissen gar nicht, wie schwierig es ist, bei einem richtigen Verlag unterzukommen. Allzu leicht lässt man sich – oder lassen die Eltern sich – von irgendwelchen Werbesprüchen oder salbungsvollen Worten blenden. Zu groß ist die Begeisterung es geschafft zu haben. Vielleicht noch am gleichen Tag, an dem das Manuskript eingeht.

Diese Menschen wissen nicht, dass in aller Regel der Autor den Verlag sucht – nicht der Verlag den Autor. Manchmal findet man sich – ohne dass der Autor der Geldgeber des Verlages ist. Wenn aber der Autor den Verlag – oder Pseudoverlag – finanziert, dann läuft etwas ziemlich falsch. Diese so genannten „Verlage“ leben nicht vom Verkauf ihrer Bücher. Sie leben vom Geld des Autors. Manche davon sehr gut.

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Ältere Kommentare:

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240329143447c4975d08
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Erstellt: 03.01.2010, zuletzt aktualisiert: 26.06.2022 18:51, 9814