Bestiarium – Zeugnisse ausgestorbener Tierarten
Rezension von Christel Scheja
Bei der Fülle an Tierarten, die uns Fernseh- und Filmdokumentationen oder die Zoos und Naturparks präsentieren, fällt es gar nicht mehr auf, dass immer mehr Tierarten von der Erde verschwinden. Gerade in den letzten zweihundert Jahren haben die Verluste sprunghaft zugenommen – oft verursacht durch den Menschen. Um darauf aufmerksam zu machen, wie viele Wesen bereits verschwunden sind, ist nun „Bestiarium – Zeugnisse ausgestorbener Tierarten“ erschienen.
Luc Semal stellt auf knapp 170 Seiten gut 80 Tiere vor, die exemplarisch für die Gattungen stehen, die es heute nicht mehr gibt. Dafür beschränkt er sich bewusst auf Säugetiere und Vögel, nur wenige Reptilien, Amphibien und Fische haben Aufnahme gefunden, Insekten gar nicht, obwohl dort der Verlust weitaus größer ist.
Die einzelnen Einträge sind nicht nach Art und Gattung oder Ordnung sortiert, sondern nach dem Datum ihres Aussterbens. Daher wird die Liste von Riesenbeutlern, Höhlenbären und Mammuts angeführt, die bereits in prähistorischer Zeit ausgerottet wurden.
Wirklich heftig und bewusst nahmen die Menschen das Artensterben jedoch erst bewusst in der Zeit der Forschungsreisen und Kolonialisierung wahr. Inseln, die bisher abgeschirmte Biotope mit einer einzigartigen Tierwelt bildeten, wurden von den Europäern und ihren „Mitbringseln“ - Schädlingen wie Haustieren überflutet, die zusätzlich zu den Jägern selbst, nach und nach Säugetieren und Vögeln den Garaus machten. Dazu gehört auch der Dodo, der als Synonym für ausgestorbene Tiere in die Kultur eingegangen ist, aber auch der „Blaubock“, der „Boninfink“, der „Riesenalk“ oder der „Falkland-Wolf“.
Seit der industriellen Revolution kam auch die zunehmende Umweltverschmutzung dazu, die so manchem empfindlicheren Tier zu schaffen machte. Und auch wenn heute alles unternommen wird, Tierarten zu retten – wirklich gelingen kann das nur bei wenigen.
Der großformatige Bildband präsentiert die Tiere auf Doppelseiten. Rechts sind entweder Knochen oder – wenn noch vorhanden – Fotos ausgestopfter Exponate zu sehen, auf der Linken gibt es eine kurze Beschreibung, angeführt von einer Skizze und zooloogischen Informationen. Danach erwähnt der Autor, wo die Art gelebt hat, wann sie entdeckt wurde und warum sich ihre Zahl nach und nach verringerte, bis die Tiere ganz verschwanden und nicht mehr gesichtet wurden.
Ohne wertend zu werden, setzt der Autor den Tieren ein Denkmal, erinnert daran, dass weit mehr Wesen verschwunden sind als nur der Dodo, der durch Lewis Carrolls Alice im Wunderland bekannt wurde, den Höhlenbären oder das Mammut, die gerne in Dokumentationen über die Steinzeit auftauchen dürfen, weil sie so beeindruckend wirken.
Denn tatsächlich fallen nur die wenigsten Tierarten wirklich auf, gerade bei den Vögeln wird das sichtbar, die auch in den Exponaten eher unscheinbar wirken und dem Laien gar nicht aufgefallen wären.
Die Informationen gehen zwar nicht unbedingt in die Tiefe, bieten aber einen guten Überblick und laden dazu ein, sich mehr mit dem entsprechenden Biotopen und dem Artenschutz zu beschäftigen.
Gerade weil das Buch als Bildband konzipiert ist, lädt es immer wieder zum Blättern ein, man muss es tatsächlich nicht chronologisch lesen.
Damit ist „Bestiarium – Zeugnisse ausgestorbener Tierarten“ eine interessante Sammlung für alle an seltenen oder bereits von der Erde verschwundenen Wesen interessierten Leser, die zudem eine schöne Aufmachung und einen lesenswerten aber nicht all zu wissenschaftlichen und komplexen Überblick über den Niedergang einer Tierart schätzen.
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