Die Bestimmung – Insurgent (Kino, Sci-Fi-Abenteuer, FSK 12)
 
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Insurgent – Die Bestimmung II

Filmkritik von Kai Bosse

 

Dass die Fortsetzung des gelungenen ersten Teils dieses Young-Adult-Filmzyklus, basierend auf den drei Bestimmung-Bestsellerromanen von Veronica Roth, im Kino auch gut werden würde, durfte vorab bezweifelt werden. Zum einen ist es eigentlich der schwierige 2. Akt eines Dreiteilers – die im Roman angedeuteten Konflikte u. a. zwischen Tris und Tobias, und Tris und Christina, Tris' zunehmende Härte, ihre Rebellion gegen ihr früheres Vorbild, die Dauntless-Co-Chefin Tori. Dann erschien zumindest diesem Zuschauer die Heldin im ersten Film als ein wenig zu »lieb« dargestellt – ob die Schauspielerin Shailene Woodley die neue mit fast allem hadernde Tris annähernd hinbekommen würde?

 

In diesem 2. Film geht es von Anfang an um einen »MacGuffin«, hier eine fünfseitige Dose, die nur geöffnet werden kann, wenn die in der Dose gespeicherten Test-Simulationen für alle fünf gildenartigen Formationen des Divergent-Chicagos von einer einzigen Person geschafft werden können. Die Dose soll dann eine Nachricht für die Gegenwart von den Gründern der neuen Ordnung damals vor hunderten Jahren freigeben. Die manipulative Jeanine von der Ken-Gilde, die Dutzende von Altruan letztens ermorden ließ, lässt danach in den Ruinen der nun zerstörten Altruan-Fraktion suchen, findet die Dose im niedergebrannten Haus von Tris' Eltern, nur um zu entdecken, dass nur Unbestimmte (im Original: Divergents) die Simulationen-Herausforderung ansatzweise schaffen können. Ken hat inzwischen einen Handscanner entwickelt, der diese Geächteten dieser urbanen Weltordnung sofort erkennen kann, wenn man sie von kurzer Entfernung damit bestrahlt. Die Suche wird brachial bei allen Fraktionen durchgeführt, mit Unterstützung der Ferox-Komplizen von Kens vorheriger Machtübernahme. Die große Frage ist, ob die anderen Fraktionschefs das mit sich machen lassen. Und dann ist da noch die wenig sichtbare, aber größte, Gruppierung – die der unprivilegierten Fraktionslosen, die nun keine offizielle Fraktion mehr haben, die ihnen im Alltag zu Hilfe kommt.

 

Die Frage, ob Woodley Tris entsprechend »wachsen« lässt, ist schnell beantwortet: Im Rahmen der vereinfachten, geglätteten Filmhandlung schafft Woodley einen klar sichtbaren Quantensprung ins Erwachsene. Und das liegt nicht nur an ihren nun kurzen Haaren.

Es wird von vielen RezensentInnen bemängelt, dieser Film beinhalte nichts Erinnerungswürdiges. Aber da wäre zum einen, dass Tris im Begriff ist, eine toughe Heldin zu werden, die die Last der Erinnerung an die Greueltaten im ersten Akt irgendwann geschluckt hat, die u. a. zur Ermordung ihrer Eltern führten. Wie auch an ihre tödliche Notwehr gegen einen Ferox-Freund, der kurz davor war, sie unter Einfluss der Kenschen Fernlenk-Droge abzuknallen.

Tris hat nun nur noch ein Ziel: Die faschistoide Jeanine, die den Mord an ihren Eltern befahl, zu terminieren! Woodley kann also wesentlich mehr als nur springen, rennen und »lieb« sein wie im größten Teil des ersten Films.

 

Weil dieser so erfolgreich war, wurde diesmal auch mehr Geld ausgegeben, um das Fraktionssystem wie auch die Untergrundwelt der Fraktionslosen näher zu beleuchten. In einigen Szenen ist zu sehen, dass das postapokalyptische Chicago eine lebendige Stadt ist – tausende Menschen, die sich frei(er) bewegen. Dieser gewaltige Grenzzaun ist nicht nur eine mysteriös-ominöse Eingrenzung mehr, sondern das Tor zum Rest der Welt.

 

Auch fiel auf, dass der achterbahnartige zweite Roman doch genug Plotmeilensteine enthielt, um in der starken Komprimierung eines Kinofilm-Plot-Skeletts genügend tragende Punkte anzubieten. Es gibt einen Grund, warum sich Tris und Tobias dem Wahrheitstest der Candor stellen müssen; warum Tris sich Jeanine unterwirft; warum es am Ende richtig war, Tobias' Mutter die Hand zu reichen.

 

Erinnerungswürdig ist zweitens Kate Winslets Darstellung der Jeanine – die Oscar-Preisträgerin spielt Obsession, Arroganz und Verachtung wunderbar gezähmt und glaubhaft eisig, und beschert damit den bisherigen »Bestimmung«-Filmen ein besseres Plotrückgrat als vielen anderen mit ähnlicher Zielgruppe. Andernfalls würde Tris' Hass auf Jeanine – zentraler Antrieb der Story in diesem Film – aufgesetzter wirken.

 

Und nicht zuletzt bleibt auf jeden Fall das Aha-Ende in Erinnerung – der Grund, warum es diese oh so künstlich aufgesetzte Fraktionslösung seit Jahrhunderten gab; die daraus folgende Umkehrung der Bestimmungs-Regeln …

 

Fazit:

Mal von einigen etwas zu starken Glättungen abgesehen – dazu zähle ich auch die massive Investition in nur jedes zweite Mal wunderhübsch dekoratives CGI – ist der zweite Teil der Umsetzung der bekannten Young-Adult-Trilogie im Kino gelungen! Etwas weniger inspirierend für einen älteren Adult wie mich als der Vorgänger, aber Hoffnung machend auf einen fulminanten Abschluss! (Der wird leider mal wieder über zwei Hälften, je eine pro kommendes Jahr, aufgeteilt.)

 

Ergänzung: Obiges ist der Versuch, vor allem einen umfassenden Eindruck des Kinoerlebnisses zu geben. Bei späterer analytischer Betrachtung fällt im Vergleich zum Roman auf, dass der Film in alter Hollywoodtradition die weibliche Hauptrolle reduziert hat, nicht immer nur aus Gründen der stark komprimierten Erzählzeit eines Kinofilms. (Mein neues Selbsthilfemotto: Wenn TV-Serien neuerdings wie Romane sind, sind Filme fast immer wie Kurzgeschichten.) Im Buch ist Tris eine wesentlich unruhigere, notgedrungenere Person als im Film – ihr ganzes Auftreten ist härter: Gegenüber sich selbst, gegenüber Tobias und auch gegenüber ihren Kampfgegnern.

Hierfür gibt es ein deutliches Beispiel: Der Film glättet Tris' Charakter, lässt sie heroischer erscheinen. So entscheidet sie sich dagegen, einen alten Ferox-Kontrahenten – in Not – umzubringen, dies erledigt ein kaltblütiger Tobias – ohne Not. Unter anderem damit bleibt Tris leider auf der Leinwand »reiner« und die unangenehmen, unmenschlichen Taten werden Anderen überlassen. Dass Film-Tris von einigen wenigen Kritikern nun als eine der stärksten weiblichen Filmrollen seit langem eingestuft wird, und trotzdem eine verwässerte Variante der Buch-Tris ist, sagt aber viel über die kompromisslose Schreibe Roths aus.




Die Aufnahmen sind vom Roten Teppich der Deutschlandpremiere in Berlin, auf dem sich Woodley und Theo James (Tobias' Darsteller) mit engelsgleicher Geduld den Fragen, Signier-Bildern und Dauerblitzlichtern stellten.

 

Das goldgeile Biz im vollen Schwung – hier die vergötternden Fans, dort die sich in Zurufen duschenden Starlets und anderen Premierengäste, am Ende kurz die mindestens immer fünf Meter entfernten Stars.

 

Schon eine erstaunliche Erfahrung – trotz Fast-Erfrierung der größeren Zehen!




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Kino:

Die Bestimmung – Insurgent

Kinostart: 19.03.2015

USA, 2014

Summit Entertainment/ Concorde Filmverleih

Produktion: Douglas Wick, Lucy Fisher, Pouya Shabazian

Regie: Robert Schwenke

Drehbuch: Brian Duffield, Akiva Goldsman, Mark Bomback

Autorin des Originals: Veronica Roth

In 2D und 3 D

Laufzeit: ca. 119 Minuten

FSK: 12

DarstellerInnen

Shailene Woodley

Theo James

Octavia Spencer

Jai Courtney

Ray Stevenson

Zoe Kravitz

Miles Teller

Ansel Elgort

Maggie Q

Mekhi Phifer

Kate Winslet

Naomi Watts

Weitere Infos:

Webseite zum Film

Eintrag in der PhilmDB:

Die Bestimmung – Insurgent

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240419102908bb464a82
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Erstellt: 15.04.2015, zuletzt aktualisiert: 12.09.2023 16:21, 13908