Cugels Irrfahrten (Autor: Jack Vance, Dying Earth Bd. 1)
 
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Cugels Irrfahrten von Jack Vance

Reihe: Dying Earth Bd. 1

Rezension von Christian Endres

 

1966 erschien als »The Eyes of the Overworld« der erste von vier Sammelbänden mit den Abenteuern von Jack Vances außergewöhnlichen Romanhelden Cugel dem Schlauen. Zwanzig Jahre später – also 1986 – schaffte es dieser Band in ungekürzter, ähnlicher Form dann in einem erneuten Anlauf auch nach Deutschland, und zwar als »Die Augen der Überwelt«, auf den ein Jahr später »Cugel der Schlaue« folgen sollte. Nun, wiederum zwanzig Jahre später, bringt FanPro diese beiden der insgesamt vier Bücher in zwei dicken Paperbacks auf den Markt, wodurch am Ende endlich wieder alle Cugel-Stories von Phantastik-Ikone Jack Vance auf Deutsch erhältlich sein werden ...

 

Der vorliegende Band umfasst also die beiden Cugel-Einzelbände »Die Augen der Überwelt« und »Cugel der Schlaue« und bietet damit auf über 500 Seiten Cugel bzw. Vance satt. Dabei folgten wir Vance und dessen fragwürdigen Helden auf dessen abenteuerlichen Weg durch die Zukunft der Dying Earth, die sterbende Erde, deren Sonne immer schwächer wird und schon am nächsten Tag nicht mehr aufgehen könnte ...

 

Cugel ist kein typischer Held, doch geht er auch nicht in die Richtung anderer Fantasy- Revolutionäre wie Leibers Grauer Mausling oder Howards Conan. Nein, Jack Vance lehnte sich seinerzeit noch weiter aus dem Fenster als schon Fritz Leiber oder REH und schuf mit Cugel ein richtiges Ekelpaket, das trotz aller Tücke und Schliche aber mit einer dermaßen auffälligen Regelmäßigkeit alles doppelt und dreifach heimgezahlt bekommt und am Ende nie als Sieger dasteht, dass man irgendwann einfach Mitleid mit diesem armseligen Schurken und Lebenskünstler haben muss und letztlich sogar darauf hofft, dass er doch noch seine Rache an dem Zauberer Iucounu bekommt, der ihm mehrfach übel mitspielt und Cugel ja erst auf die gefahrvolle Reise über die Sterbende Erde geschickt hat ...

 

Jack Vance ist ein brillant vielseitiger Autor, und neben seinen unzähligen Science-Fiction-Werken dürfte er dem Freund phantastischer Literatur vor allem auch durch seine Lyonesse-Trilogie bekannt sein. Jedes seiner Werke – und da machen Cugels frühe Abenteuer keine Ausnahme – glänzt durch Ideenreichtum und einen vorzüglichen Schreibstil, der sich durch das gesamte Buch zieht. Natürlich sind manche Ideen oder Passagen aus heutiger Sicht, da man mehrbändige Fantasy-Sagas mit Dutzenden von politischen Intrigen und großen, epischen Schlachten als Mainstream vorgesetzt bekommt, ein wenig naiv, doch will ich an dieser Stelle lieber zum Wörtchen charmant greifen, da selbst das schwebende Bett, das magische Seil oder die Würmer, die ein Schiff antreiben, in der Summe einfach hinreißende Elemente einer nicht weniger hinreißenden Geschichte sind, die Vance zauberhaft zu Papier gebracht hat. Völlig zu Recht schwärmt George R. R. Martin von Vances Schreibe, und völlig zu Recht genießt dieser Vielschreiber trotz seines mächtigen Outputs aus fünfzig Jahren den Ruf eines vollendeten Stilisten, vor dem man einfach nur neidvoll das Haupt neigen muss ...

 

Die Aufmachung des ersten der zwei A5-Paperbacks von FanPro bietet durch eine »weiche Bindung« großen Lesekomfort, ohne dass man gleich Angst haben muss, Knicke in den Buchrücken zu bekommen. Ein stabiles, aber flexibles Paperback also, das den Leser auf seinen Stunden an Cugels Seite gute Dienste leistet und anschließend im Regal und der Sammlung noch sehr gut aussieht. Die positive Liste wird durch ein schönes Cover und die ausführlichen Anhänge am Ende des Bandes fortgesetzt, wo eine ausführliche Jack Vance-Bibliographie von Andreas Irle (Jack-Vance-Werkausgabe) sowie der Eintrag zu Vance aus FanPros Lexikon der Fantasyliteratur mit vielen Informationen auf den Leser warten. Auch die gewohnt gute Übersetzung von Lore Straßl trägt dazu bei, diesen außergewöhnlichen Klassiker der Fantasyliteratur zu einem rundum gelungenen Band werden zu lassen.

 

Fazit: »Cugels Irrfahrten« zeigen die Anfänge der modernen Fantasyliteratur und können trotz ihres Alters auch heute noch mit Genuss gelesen werden, was nicht zuletzt an Vances zeitlosem, exquisiten Schreibstil liegt. Natürlich sollte man ein Faible für augenzwinkernde Schelmengeschichten mitbringen und nicht auf Stackpole’sches Schlachtengetümmel oder tolkienesque Über-Questen hoffen, denn Vances Cugel ist vom Typus Mensch her letztlich nur eines: Ein liebenswerter Schurke, der jeder Queste und jeder Schlacht lieber aus dem Weg geht, unterwegs einen Priester beraubt und dann ein kleines Schiff kapert, um nach Hause zu segeln und sich auf den Weg dorthin die Zeit mit den Töchtern des Schiffseigners zu vertreiben, die er anschließend auf einem Sklavenmarkt verkauft ...

 

Ein toller Auftakt also, der das Warten auf den zweiten Dying Earth-Band ungemein schwer macht und dazu einlädt, einen echten Klassiker der Fantasyliteratur (neu) zu entdecken.

 

Bitte mehr davon!

 

Mit freundlicher Unterstützung von Fantasy Productions GmbH, www.fanpro.com und www.f-shop.de.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240420164456c29a8e05
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Buch

Titel: Cugels Irrfahren

Reihe: Dying Earth Bd. 1

Autor: Jack Vance

Verlag: FanPro

Seitenzahl: 525

ISBN: 3890644627

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 27.05.2006, zuletzt aktualisiert: 19.04.2024 08:43, 2277