Druckversion: Herlathing (Autorin: Maike Häußler)

Herlathing

Autorin: Maike Häußler

 

In einer dunklen Zeit streifte einst eine junge weiße Wölfin durch die Ebene von Varghal. Ausgestoßen von ihrem Rudel war sie einsam vom hohen Norden bis hier gewandert in der Hoffnung, Ihresgleichen anzutreffen. Denn sie war keine gewöhnliche Wölfin. In ihrer wahren Gestalt hatte sie silberweiße Schwingen und war größer und mächtiger als jeder andere Wolf. Doch um sich zu verbergen, hatte sie nun, da sie eine Ausgestoßene war, den Körper der Eiswölfin angenommen.

 

 

So zog sie durch die Steppe, immer auf der Suche, rastlos und dennoch mit der Ruhe des frischen Schnees, der die Tundra zudeckt. Sie spürte, dass sie nicht das einzige Halbwesen war. Es musste noch andere geben. Wesen begegneten ihr, begleiteten sie ein Stück ihres Weges und verließen sie wieder. Einige wurden ihr zum Freund, doch zu niemandem spürte sie die Seelische Verbundenheit, die der Legende nach die, die zusammen gehören, sich erkennen lässt. Nie hielt es sie lange an einem Ort, nie in der Sicherheit der Elfendörfer oder in der Gemeinschaft anderer Wölfe.

 

 

In den eisesstarren Nächten wachte sie auf hochgelegenen Felsen, sah den Mond rund werden und wieder abnehmen. Ihre Atemzüge schienen den Seinen zu gleichen. Graue Tage folgten einander wie stumme, nichtssagende Bilder. Schnee legte sich, wich der neuen, warmen Sonne, die die Bäume von ihrem Schlaf erweckte, doch in der nächsten Sekunde, so schien es der Wölfin, fegten Herbststürme über die Taiga und verwandelten alles in einen Wirbel aus glühenden Farben. Es verging Jahr um Jahr.

 

 

Eines Tages jedoch, die Wölfin war gerade auf der Jagd, überkam sie eine seltsame Unruhe. Sie verdrängte alle Gedanken aus ihrem Kopf. Hunger quälte sie, und das Reh auf der Lichtung durfte sie um alles in der Welt nicht verfehlen... Alle Muskeln angespannt schlich sie lautlos durchs Unterholz, setzte zum Sprint an, doch das Reh bemerkte sie und floh in den Wald. Doch der Wolf jagt mit den Beinen. Irgendwann hatte sie ihre Beute eingeholt, schnappte nach den Fesseln und brachte es zu Fall. Ihre Zähne lagen an der Kehle des Rehs, da spürte sie abermals die Unruhe. Sie ließ den Hals behutsam los, hob den Kopf und sah sich um. Da war doch nichts...

 

 

Lass mich am Leben, meine Schwester!

 

Eine dunkle, warme Stimme hallte in ihren Gedanken wider. Ihr Blick traf sich mit dem des Rehs.

 

Du hast mich erkannt und ich dich.

 

Zweifellos, ihr Mittagessen hatte gesprochen.

 

Dann bist auch du ein Halbwesen?

 

Bin ich.

 

Ich bin ein Wolfsgreif.

 

Ich bin der dunkle Engel

 

 

Die Wölfin ließ das Reh aufstehen. Sie spürte, wie ihr Körper sich verwandelte in das, was sie wirklich war. Breite Schwingen lagen nun an ihrem mächtigen WolFGAEörper. Mit haselbraunen Augen sah sie die Verwandlung des Rehs. Ein Engel mit hüftlangen, dunklen Haaren, schweren, schwarzen Lederstiefeln und der Kleidung eines Kriegers erhob sich vor ihr. Seine Flügel waren von leuchtendem Rotbraun und in der Hand hielt er einen Eschenbogen, der so lang war wie er selbst groß.

 

 

Lass uns die Anderen suchen, sagte die Stimme des Engels im Kopf der Wölfin. Und in ihrer wahren Gestalt machten sich die Beiden auf, ihre Geschwister zu finden.

 

 

Jahre vergingen, und inzwischen begleitete sie das schwarze Einhorn, dessen Fell glühte wie die nordischen Winternächte. Gemeinsam zogen sie durch das Land, durchquerten die Ebene Varghal, überwanden das Gebirge, das in den Himmel reicht und die Sümpfe des ewigen Friedens. Die Landschaft wurde immer leerer, graue Öde beherrschte die Welt. Und irgendwann waren sie im Lande cLef, dem Teil der Welt, der dem Licht gebührte. Es gab viele Arten von Licht, dass hatte die Wölfin gelernt. Doch hier schien alles aus dem wahren, uralten Licht zu bestehen, dem Licht vor dem Anfang, das selbst in seinen dunkelsten Schattierungen noch gleißte. Und hier trafen sie auf Lleanir. Lleanirs Augen waren das Licht. Lleanir war das Land, der Wind und der Himmel. Lleanir war überall anwesend. Und er geleitete die Wölfin, das Einhorn und den dunklen Engel zum eigentlichen Ziel ihrer Reise: nach Herlathing, dem Siegel der Reinheit. Sie schworen sich ewige Treue und versprachen Lleanir, die alte Ordnung im Land wieder herzustellen, denn in jenen Tagen war die Welt erschüttert von Kriegen. So wurden aus ihnen die Herlathing, die Herren des Lichts und der Dunkelheit, die Mächtigen über die Gefühle, die Wildheit und die Gezeiten und Gestirne.

 

 

Doch alles verändert sich. So wurden die Zauberwesen, Monster, Elfen und Weisen zu Phantasiebildern des Menschen, der kam und die Welt für sich beanspruchte. Uns Herlathing ist es nicht erlaubt, Veränderungen aufzuhalten oder rückgängig zu machen. So leben meine Freunde, der Dunkle Engel und das Nachtschwarze Einhorn, wie ich in der Gestalt des Menschen, um über alles zu wachen. Doch irgendwann werden wir erneut den Schwur Lleanirs sprechen müssen, um die Menschen vor dem Unheil zu bewahren, welches sie selber heraufbeschwören. Doch Zeit ist nur ein Begriff und nicht von Dauer.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024041921493911c6a0be

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, zuletzt aktualisiert: 27.09.2016 09:58