Rezension von Björn Backes
„Achtung, die Piraten kommen!“ – und dies tun sie nun wirklich in diesem schmucken Sammelband, der gleich 23 Kurzgeschichten über die berüchtigten Seeabenteurer beinhaltet und damit wohl zum umfangreichsten Werk zu diesem Thema zu zählen ist. Stimmig illustriert von Marion Elitez wagen sich hier einige bekanntere Namen unter den Kinderbuchautoren an sehr jugendliche Schatzsuchen, gefährliche Überfahrten und die merkwürdigsten Gerüchte aus dem beliebten Themenkreis heran und stellen währenddessen eine Kompilation zusammen, die in diesem Bereich ihresgleichen sucht.
Der Geschichtenschatz erstreckt sich dabei vor allem über die verschiedensten Erlebnisse jüngster Piraten an Bord der großen Koggen. Da gibt es die junge Penelope, die bei Knotenbart-Pitt in die Lehre geht und schon mindestens so gut fluchen kann wie ihr neunmalkluger Lehrer. Oder aber die witzige Geschichte um den König Pontius Piratus, der seine Kinder auf Schatzsuche schickt, um de erfolgreichsten seine Krone zu übergeben. In anderen Geschichten wird der Klabautermann angeschnitten, natürlich werden mysteriöse Schatzkarten erwähnt, und so manche(r) Autor(in) erzählt natürlich auch eine Menge Seemannsgarn.
Schön ist hierbei, dass wirklich alle Geschichten den nötigen Humor mitbringen, gleichzeitig aber auch verhältnismäßig spannend aufbreitet sind. Man wartet zwar oftmals auf die bereits vorab angedeutete Pointe, aber insgeheim fiebert man auch ein wenig mit, wenn die ganz kleinen Piraten in der Welt ihrer gefährlichen Idole ihr Stelldichein geben. Bekannte Schreiber wie Christine Nöstlinger und Isabel Abedi sorgen dafür, dass hier eine schöne Mischung aus Abenteuerdrang und Unterhaltungslust befriedigt wird.
Darüber hinaus ist auch die Aufmachung wirklich prächtig. Elitez bringt viele stimmungsvolle Illustrationen ein, unterstreicht hierbei den Witz der vielen Geschichten und sorgt besonders bei der Darstellung der manchmal recht verdutzten Hauptfiguren für den einen oder anderen Lacher. Wichtiger ist indes, dass hier ein stets homogenes Gesamtbild aus Text und Bild entsteht. Es gibt eine Menge zu sehen, während die aufregenden Abenteuer der Titelhelden erzählt werden. Gleichzeitig bekommt man aber auch eine Vorstellung davon, was es zum Beispiel bedeutet, mit einer Fischgräte ein Schloss zu knacken. Eigenheiten en masse also, und gerade diese sind es, die das ohnehin schon fantastische Buch zu etwas ganz Besonderem machen. Diesbezüglich scheint selbst die Erwähnung des schönen Totenkopf-Lesezeichens nur Erbsenzählerei.
Letztendlich überzeugt aber vor allem die Quantität. 23 Geschichten auf mehr als 120 Seiten – da ist für wochenlangen Erzählspaß gesorgt. Und da sich zwischen den vielen, kunterbunt gemischten Piratennovellen nicht ein einziger Lückenbüßer befindet, bleibt auch der qualitative Output astrein und macht diesen Schmöker zu einem der mit Abstand empfehlenswertesten Büchern im ganzen Kinderbuch-Bereich.
Fazit:
Da soll mal jemand sagen, dass alles Seemannsgarn längst aufgerollt sei. In „Achtung, die Piraten kommen!“ holt eine ganze Reihe mehr oder minder renommierter Kinderbuchautoren noch einmal recht weit aus und setzt den Anker direkt im Kinderzimmer. Dort nämlich ist ein Exemplar dieser illustren Geschichtensammlung nämlich bestens aufgehoben!