An einem einsamen Ort (Autor: Mari Jungstedt)
 
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An einem einsamen Ort von Mari Jungstedt

Rezension von Björn Backes

 

Inhalt:

Eine merkwürdige Tierschändung schockiert die Bürger Gotlands: Ein enthauptetes Pferd wird auf seiner Weide zurückgelassen, dies jedoch ohne den Kopf und die zugehörige Blutspur. Kommissar Knutas schiebt den Fall zunächst mangels wirklichen Interesses vor sich her, erkennt aber bald die Parallele zu einem erschütternden Mordfall. Die niederländische Archäologie-Studentin Martina Flochten verschwindet spurlos und wird schließlich erhängt und furchtbar zugerichtet aufgefunden. Während Knutas noch mit den Vernehmungen der potenziell Verdächtigen beschäftigt ist, stürzt sich auch die lokale Presse auf den Fall, der alsbald weitere Opfer fordert. Alles deutet darauf hin, dass die Spur zum Täterkreis über den Ausgrabungschef Staffan Mellgren führt, der offenkundig eine Affäre mit Flochten führte. Als dieser jedoch eines Tages einen Pferdekopf in seinem Garten entdeckt und sich auf den bevorstehenden Tod gefasst macht, scheinen sich die Motive und Indizien endgültig zu verlaufen – bis ausgerechnet der frische Vater und Fernsehreporter Johan Berg eine riesige Dummheit begeht…

 

 

Rezension:

„An einem einsamen Ort“ ist bereits der dritte Roman um den störrischen Kommissar Anders Knutas und womöglich auch der bis dato beste aus der Feder der aufstrebenden Schwedin Mari Jungstedt. Mit einer schier unnachahmlichen Souveränität, die im Übrigen im Nachfolgeband „Im Dunkeln der Tod“ leider ein wenig vermisst wurde, beschreibt sie Szenerie und vor allem die recht einprägsamen Charaktere in aller Ausführlichkeit und setzt die Kriminalhandlung währenddessen auf eine Stufe mit den zwischenmenschlichen Ereignissen, die das Buch ebenfalls stark prägen. Neben Knutas wird dieses Mal vor allem die Beziehung zwischen Reporter Johan Berg und dessen neuer Geliebten Pia beschrieben, die im Laufe der Geschichte den ersten gemeinsamen Elternfreuden, gleichzeitig aber auch den Schwierigkeiten infolge Pias Trennung in Auge blicken müssen. Dieser sensible Umstand treibt die Handlung überraschend stark in eine eher tragische Richtung, die sich von der Dramaturgie der Mordfälle noch einmal wohlwollend absetzt und ihr schon fast gleichwertig erscheint.

Wer nun aber eine verquere Liebesgeschichte innerhalb des Kriminal-Thrillers erwartet bzw. auch befürchtet, kann beruhigt aufatmen. Stattdessen verbindet Jungstedt lediglich die Mentalität und Melancholie der nordischen Kultur mit den mitunter knallharten Themen der vermeintlichen Hauptstory und bringt beide Seiten in ein sehr ansprechendes, sich zunehmend bedingendes Wechselspiel.

 

Unterdessen ist Knutas’ Fall überaus spannend gestrickt. Die Spuren verlaufen sich und insbesondere die offensichtlichsten Strickmuster versagen bei genauerer Analyse. Sicher geglaubte Täter verschwinden trotz zahlreicher Motive, wohingegen auch unscheinbare Figuren nicht so recht ins Profil des Serienmörders passen wollen. Ständig verlagert sich somit das Interesse der Ermittlungen, führt von den Hintergründen der archäologischen Ausgrabungen bis hin zu den sehr unterschiedlichen persönlichen Biografien der Hauptdarsteller, scheint aber bis zuletzt immer vom rechten Pfad abzukommen, da die Analysen kaum schlüssig erscheinen. Hinzu kommt, dass die Presse sich sehr stark in die Sache einmischt, um die eigene Publicity wieder auf gewohnte Standards zu bringen und die Stimmung weiter aufzubauschen. Mit einem geschickten Sprung zur nordischen Mythologie im letzten Drittel der Story holt die Autorin dann sogar noch einmal zum Rundumschlag aus, droht den zunächst homogenen Strang mit einem Mal auseinander zu reißen, fügt aber letztendlich nur das noch fehlende Puzzlestück zum Verwirrspiel hinzu, um dieses stilvoll und ohne überflüssiges Brimborium aufzulösen – ebenso wie es sich für eine Schriftstellerin von Rang und Namen gehört.

 

Fazit:

Spätestens mit diesem Roman gelang Mari Jungstedt vor zwei Jahren der internationale Durchbruch, und dies völlig verdient. Auch das ZDF erkannte das Potenzial der Autorin und produzierte „An einem einsamen Ort“ bereits als zweite Adaption der Schwedin für das kriminalistische Abendprogramm. Ob die cineastische Aufarbeitung ähnliche Qualitäten aufweist, bleibt zwar bis zu dieser Stelle ein Rätsel, doch angesichts der farbenfrohen Inszenierung dürfte es den Machern äußerst schwer gefallen sein, den Roman seiner besonderen Erzählatmosphäre entsprechend zu würdigen.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240328121943f9045959
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An einem einsamen Ort

Autor: Mari Jungstedt

Broschiert: 352 Seiten

Verlag: Heyne TB (März 2008)

Sprache: Deutsch

ISBN-10: 3453432835

ISBN-13: 978-3453432833

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 05.06.2008, zuletzt aktualisiert: 21.12.2023 16:34, 6643