Rezension von Lars Perner
Rezension:
Der Titel sagt es bereits: in diesem Buch geht es um Anja und ein Einhorn. Natürlich kein richtiges. Denn Einhörner gibt es ja gar nicht, oder? Auf dem Weg zur Schule findet sie ein kleines Plastikeinhorn. Pflichtbewusst und ehrlich wie Anja ist, liefert sie es in der Fundkammer beim Hausmeister ab. Und doch hofft sie inständig, dass sich der Besitzer nicht meldet. Denn eigentlich möchte Anja zu gerne das schöne Einhorn für sich haben. Da sich bis zum Ende der Woche niemand meldet, dem das Spielzeugpferd gehört, kann Anja es dann auch wirklich mit nach Hause nehmen. Dort wird sie jedoch völlig überrumpelt. Das Einhorn spricht nicht nur mit ihr, sondern will auch noch Futter und Wasser haben, welches Anja ihr in ihrer Barbiebadewanne zu trinken gibt. Also ist Xenia, wie das Einhorn heißt, kein Spielzeug sondern ein richtiges, echtes Einhorn. Zugegeben ein bisschen klein, doch damit passt sie hervorragend in Anjas Schulranzen. Denn Xenia ist nicht zu ihrem Vergnügen in die Menschenwelt gekommen. Sie soll jemandem helfen. Damit scheint sie bei Anja aber an der falschen Adresse gelandet zu sein, denn der fällt wirklich niemand ein, der dringend Hilfe benötigen würde. Doch da täuscht sich Anja. In der Schule geschehen bald merkwürdige Diebstähle. Als plötzlich Xenia auch spurlos verschwunden ist, macht Anja den Fehler und begibt sich auf eigene Faust auf die Suche nach Xenia. Dabei läuft sie dem Hausmeister in die Hände. Nun ist es Anja, die der Diebstähle bezichtigt wird und Hilfe benötigt. Doch Xenia ist verschwunden und ihre Freundin Lilly hängt neuerdings immer lieber mit den großen Mädchen aus der Vierten rum. Alleine und voller Angst geht Anja ihrem Schicksal entgegen. Ob sie aus der verfahrenen Lage wieder herauskommt?
Petra Burkhart erzählt die Welt und die Menschen, wie sie sein sollten. Die Charaktere erscheinen auf den ersten Blick liebenswürdig und nett. Doch jeder hat wie im wirklichen Leben seine Schwächen, auch Anja. Beinahe erliegt auch sie der Faszination, die von der Mädchenclique ausgeht und die schon ihre Freundin Lilly in ihren Bann geschlagen hat. Doch die Autorin zeigt, was hinter der Fassade eines elitären Clubs, dessen Kennzeichen nach außen Stärke und Mut sind, stecken kann. Nicht vermeintliches Ansehen und Coolsein ist entscheidend. Sich auch in schwierigen Situationen für seine Freunde bekennen und einzusetzen, sind Eigenschaften, nach denen man besser streben sollte. Somit schildert die Autorin vielleicht nicht die Welt wie sie immer ist, aber wie sie sein sollte. Die Hauptcharaktere können sowohl Identifikationsfigur als auch Vorbild für uns alle sein. Auch wenn gerade mit dem Einhorn fantastische Elemente in der Geschichte benutzt werden, so ist es doch keine herkömmliche Fantasyerzählung sondern wie es treffend auf dem Cover beschrieben ist: ein modernes Märchen. Petra Burkhart erzählt dieses in vielen Dialogen. Selbst wenn Anja alleine ist, führt sie meist ein Zwiegespräch mit sich, was wohl andere denken mögen, oder ob ihre Handlungen richtig waren. Damit ist die Geschichte ständig in Bewegung aber das beschreibende Element kommt zu kurz. Wie gerne hätte man einfach noch etwas an manchen Stellen verweilt und sich ein besseres Bild von den Orten und Charakteren gemacht. Auch findet man daher nicht unbedingt die Muße, die schönen Illustrationen von Bernd Hegeler zu betrachten, welche die Dynamik der Erzählung als statische Momentaufnahmen einer Szene unterbrechen. Denn die Schwarz/Weiß-Zeichnungen sind sehr hübsch und sehr gut zum Text passend, auch wenn in manchem Detail die Bildkomposition nicht ganz stimmig scheint.
Fazit:
Zum Schluss bleibt die Frage, ob sich Anja das alles vielleicht nur eingebildet hat. Aber eigentlich ist die Antwort darauf nicht weiter wichtig. Wichtig ist, dass jemand den Kindern an Hand positiver Vorbilder zeigt, dass es viele Lösungen für ein Probleme gibt, scheint es noch so ausweglos.