Druckversion: Arkham – Ein Reiseführer (Hrsg: Patrick J. Grieser)

Arkham – Ein Reiseführer von Patrick J. Grieser

Rezension von Bernd Wachsmann

 

Viel Beachtung wurde dem Buch schon vor Erscheinen zu teil. Was nicht nur an den mehreren Verschiebungen lag, sondern vor allem an Konzept und Autorenschaft. Die Creme de la Creme der deutschsprachigen Phantastik sollte Kurzgeschichten mit dem gemeinsamen Hintergrund Arkham bringen. Dazu war die Rede von einer extra angefertigten Karte der Örtlichkeiten und diversen Illustrationen. Das Ganze erschien dann in einer Auflage von 800 Exemplaren, die bei Erscheinen dieser Rezension schon ausverkauft sind. Waren Erwartungen und Käufe berechtigt? Kurz gesagt: Ja.

 

Natürlich gefällt bei einer Anthologie nicht jedem Leser jede Geschichte gleich gut. Aber insgesamt ist der Ideenreichtum vorhanden und auch genug Abwechslung gegeben. Wer jedoch nur die x-ten Lovecraftkopien erwartete, der könnte enttäuscht sein. Jeder Autor hat nicht nur eine Örtlichkeit in Arkham als Schauplatz gewählt, sondern auch seinen eigenen Stil und seine eigenen Ideen eingebracht. Genau das macht die Anthologie so reizvoll. Die Illustrationen von Timo Kümmel wirken teilweise arg nach Computer-Schöpfung und sind mal mehr oder weniger passend. Aber ja schon löblich, dass jede Geschichte eine bekam. Die Karte von Adrian Maleska ist eher praktisch als schön. Dafür weiß das Cover von Mark Freier zu überzeugen.

 

Michael Siefener eröffnet den cthuloiden Reigen mit einer sehr kurzen Geschichte, die eine Einleitung zur folgenden Geschichte darstellt: Lovecrafts „Träume im Hexenhaus. Siefener hat eine nette Pointe kurz erzählt, nicht preisverdächtig, aber akzeptabel und gelungen als Einstieg. Zur Geschichte von Lovecraft ist zu sagen, dass sie dem Rezensenten nie sonderlich gut gefallen hat. Aber immerhin ist sie thematisch passend und neu übersetzt.

 

Die Geschichte von Rainer Innreiter, „Phantasmagoria“, ist dann direkt ein gutes Beispiel für die etwas andere Herangehensweise an das Thema Arkham, die viele Beiträge dieser Anthologie prägt. Denn der Autor lässt den Grafen von Saint-Germain zur Tat schreiten. Dieser versucht einem alten Weggefährten und Gegner das Handwerk zu legen. Versucht letzterer doch, ein Tor zu den Großen Alten auf zu stoßen. Wer wird am Ende siegen?

 

Die dem Rezensenten unbekannt Nicole Rensmann spinnt eine interessante Geschichte um ein Wachsfigurenkabinett der besonderen Art, betrieben von einem Nachfahren Lovecrafts. Und dieser junge Mann hat einige Würfe auf geistige Stabilität nicht geschafft, wie ein Spieler des Cthulhu-Rollenspiels sagen würde. Kein Meisterwerk, aber eine gute Idee ordentlich umgesetzt, guter Durchschnitt.

 

„Kurschatten“ von Uwe Voehl ist eher durchschnittlich. Kein Tiefpunkt, aber insgesamt nicht zu den Top-Geschichten der Anthologie zählend. Andererseits hat die Geschichte wohl ihre Fans gefunden, bei einer Umfrage im Internet ist sie zum Zeitpunkt der Rezension die beliebteste Geschichte. Ein Mann mit vermuteten Lungenschäden kommt zur Kur nach Arkham, dort erläutert ihm ein mysteriöser Kurschatten, dass seine Lunge sich wandelt und er bald den Weg zu einem fernem Planeten antreten soll.

 

Ziemlich unheimlich geht im Gegensatz zum Titel „Die Wiege“ in der Geschichte von Markus K. Korb zu. Ein kleiner Dieb bricht in das ehemalige Waisenhaus von Arkham ein, da dort immer noch der, gut gefüllte, Safe stehen soll. Doch das Haus ist nicht so verlassen wie erwartet.

 

Ein alter und vereinsamter Sonderling steht im Mittelpunkt von Sören Preschers „Das vergessene Haus“. Sehr stimmungsvoll erfährt der Leser die Geschichte von William Esterbrook, der seiner alten Liebe nachtrauert. Natürlich ist mehr dran als Liebeskummer … Eher unheimlich-phantastisch als cthuloid.

 

Diskutabel ist „Die Tiefe“ von Martin Hoyer. Ein Nazi-Spion geht bei Arkham an Land und stößt recht bald auf Dagon-Kultisten und Dagon höchstpersönlich. Gut eingebettet in die Zeit, aber insgesamt nur Durchschnitt. Wer Hoyer kennt, weiß ja, dass er ansonsten prinzipiell eine gute Schreibe und gute Ideen hat.

 

„Das reine Herz“ von Günter Suda enttäuscht ein wenig. Der Plot ist an sich akzeptabel, wenn auch nicht allzu genial. Aber die Umsetzung hapert und das Ende ist eher der Pointe als einer cthuloiden/passenden Logik geschuldet.

 

Stark vom persönlichen Geschmack abhängig ist dann die Einschätzung von „Die Scherben von St. Helen“. Denn Markolf Hoffmann bringt sehr viel Filmgeschichte ein beziehungsweise Informationen über diverse Filmstile. Eine wirklich interessante Geschichte eines guten Autors.

 

Ebenfalls gelungen ist „Das dritte Kapitel“ von Christian von Aster. Alleine schon das er eine Nebenfigur aus der vorhergehenden Story mit Leben füllt ist löblich. Aber auch der Plot an sich kann sich sehen lassen. Stimmungsvoll, etwas blutig, mit Horror gefüllt. Ein deutscher Auswanderer hat eine Fleischfabrik in Arkham eröffnet. Schön auch die realistischen Schilderungen einer solchen Einrichtung in den 1920ern. Aber auch der Horror kommt wie gesagt nicht zu kurz. Der Chef hat zwei merkwürdige Geschäftspartner, die ihn zu verfolgen scheinen. Ein ganzer Stamm aus Haiti wurde als Arbeiter geholt, ihre Riten sind allgegenwärtig. Und ein Zeitarbeiter kommt auch mal in den Häcksler ...

 

Andreas Gruber, Autor des genialen Buches „Der Judasschrein“ weiß hier nur bedingt zu überzeugen. Die Geschichte um einen Privatdetektiv, der beauftragt wird rare Bücher aus Arkham zu besorgen, ist zwar anständig geschrieben, hat aber Schwächen. Eine der größten davon ist das Ende.

 

Fans des „König in Gelb“ dürften sich über „Der Doktor und der Geist des Kindes“ von Marc Alastor E. E. freuen. Wer mit dem König aber nichts am Hut hat, dürfte ebenso wenig den Doktor mögen.

 

Den Abschluss bildet „Endemion von Michael Marrak. Dieser zeigt sein Können und erzählt eine Geschichte, dessen Stimmung stark an den Großmeister Lovecraft erinnert. Es geht um einen alten Indianerfluch und Geschöpfen, die besser in der Erde bleiben sollten …

 

Fazit:

Für Freunde cthuloiden Horrors und deutscher Horror-Autoren fast schon ein Pflichtkauf. Aber auch wer mit Lovecraft nicht viel anfangen kann, könnte seinen Spaß am Buch haben, da die Autoren wie gesagt auch eigene und neue Wege gehen. Ein sehr ordentlich aufgemachte Buch, die aufgrund der Limitierung sicher einmal ein begehrtes Sammlerstück wird. Eine Anthologie mit Geschichten verschiedener Qualität, aber insgesamt lohnend.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202403281913280f259295

Arkham - Ein Reiseführer

Hrsg: Patrick J. Grieser

Titelillustration von Mark Freier

Innenillustrationen von Timo Kümmel

Karte von Adrian Maleska

Basilisk Verlag, 2006,

Paperback, 364 Seiten,

12,80 EUR,

ISBN 3-935706-24-3

Erhältlich bei Basilisk Verlag

, zuletzt aktualisiert: 04.09.2023 15:36