Atomfall (PC; USK 18)
 
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Atomfall

Rezension von Cronn

 

Ich stecke die Code-Karte in den Scanner und höre, wie sich die schweren Eisentüren entriegeln und aufgleiten. Ein Spalt entsteht, Licht flutet in den Bunker. Die Sonne blendet mich, so dass ich meine Augen mit der Hand beschützen muss.

Dann trete ich ins Freie hinaus.

Draußen erwartet mich eine Welt, die scheinbar unberührt von der atomaren Katastrophe ist, womit ich gar nicht gerechnet habe. Im Bunker hatte mich noch ein schwer verletzter Mann im Schutzanzug angesprochen, daher war meine Erwartung eine gänzlich andere.

Die Sonne scheint, das Gras grünt, aber die Hausruine am Hang stört das Bild der Harmonie. Ich laufe hinauf, finde im Haus ein Handtuch und Alkohol. Beides kann ich gut brauchen, denn der verletzte Mann im Bunker braucht Verbände und das kann ich dafür kombinieren.

Doch plötzlich höre ich das Klingeln eines Telefons.

Hier?

Verwirrt sehe ich mich um. Und tatsächlich: Etwas entfernt steht ein rotes Telefonhäuschen, wie es typisch für Großbritannien ist. Und das Klingeln kommt von dort!

Ich gehe vorsichtig heran und hebe den Hörer ab. Eine männliche Stimme meldet sich mit einer kryptischen Botschaft …

 

So ähnlich könnte man sich als Spieler fühlen, wenn man das erste Mal mit Atomfall konfrontiert ist. Das Game wurde von den britischen Machern der Rebellion Studios entwickelt. Sie sind bekannt für die Sniper Elite- und Zombie Army-Reihe. Ältere Gamer kennen auch noch den ersten Teil der Reihe Aliens vs. Predator aus dem Jahr 1999, wofür Rebellion ebenfalls zuständig war.

 

Mit »Atomfall« haben sie nun ein neues Franchise aus der Taufe gehoben und alle Anzeichen deuten darauf hin, dass es Erfolg haben wird. Doch was genau ist der Hintergrund von »Atomfall« und wie gelungen ist es? Das soll die nachfolgende Rezension aufzeigen.

Hintergrund

»Atomfall« bedient sich eines ähnlichen erzählerischen Kniffes wie schon S.T.A.L.K.E.R. Ein realer Vorfall wird fiktional aufbereitet. Im Falle von »Atomfall« handelt es sich um den sogenannten »Windscale Fire«-Unfall. Im Jahr 1957 ereignete sich in der Atomreaktoranlage bei Sellafield (früher: Windscale) ein Brand, bei dem eine radioaktive Wolke freigesetzt wurde, die über England bis über den europäischen Kontinent zog. Dieser Unfall ist weniger bekannt als der von Tschernobyl und dient den Machern von Rebellion als Ausgangslage für ihr Game.

 

Im Spiel wurde eine Schutzzone rund um den Atomreaktor gezogen. Dennoch leben noch vereinzelt Menschen hier und auch versprengte Soldaten sind vorzufinden.

 

Der Spieler erwacht (wieder einmal) aus einer Bewusstlosigkeit und taucht im Laufe des Spiels mehr und mehr ein in die Spielwelt, ergründet die Umstände der atomaren Katastrophe und welche Rolle er dabei einnimmt.

 

Dabei kann er verschiedene Fraktionen unterstützen und somit den Spielverlauf verändern. Damit ist »Atomfall« ein Rollenspiel, das an Vorläufer wie Fallout 76 erinnert.

Gameplay

Die »Atomfall«-Story bezieht ihren Reiz aus dem Nichtwissen, dem Sich-in-die-Umgebung-Einfinden, wozu der Spieler einen Entdeckerdrang besitzen muss. Denn es gibt keine plakativen Questmarker, sondern sog. »Leads«, d. h. Hinweise der Einheimischen oder gefundene Schriftstücke o. ä. Das erzeugt ein spannendes Spielerlebnis: Man hastet nicht mehr von Kompassmarkierung zu Kompassmarkierung, sondern orientiert sich zunächst selbst in der Spielwelt. Erst nach und nach werden Orte bei Entdeckung auch auf der Karte markiert. Vorher existieren sie noch nicht. Die »Leads«-Hinweise sind grobe Orientierungsmöglichkeiten, wie beispielsweise »Die Gärtnerin wohnt im Norden von Scatter Woods« (fiktives Beispiel, um Spoiler zu vermeiden). Daraufhin macht man sich als Spieler auf den Weg nach Norden, findet seinen Weg selbst und orientiert sich gänzlich anders, als wenn sofort der Questmarker freigeschaltet würde.

 

Auf diese Weise ist das Sich-durch-die-Welt-Bewegen reizvoll anders als in anderen Games. Von einer Open-World sprechen die Macher übrigens bewusst nicht, und im Grunde genommen haben sie auch Recht, denn »Atomfall« besitzt mehrere Hub-Areale, die man durchquert und in die man immer wieder zurückkommt. Doch diese Gegenden sind sehr groß geraten, so dass man durchaus das Gefühl hat, in einer Open-World unterwegs zu sein.

 

Der Spielfortschritt misst sich nicht ausschließlich darin, neue Gegenden zu erkunden. Auch das Vorankommen in der Story und die Weiterentwicklung der Spielerfähigkeiten gehört dazu.

 

Die Attribute, u. a. im Bereich Survival, Kampf, Ausdauer, kann man mit gefundenen Transfusionfläschchen erhöhen. Im niedrigen Schwierigkeitsgrad sind diese Fähigkeiten weniger ausschlaggebend. Aber im höheren Modus ist man über jede Hilfe froh.

 

Für Schleichernaturen ist »Atomfall« übrigens nur halb so gut geeignet. Die Gegner, worunter auch durchgeknallte Sektenanhänger gehören, sehen den Spieler supergut und hören auf weite Entfernung des Spielers Schritte. Kämpfe sind daher schwer zu umgehen.

 

Ein großes Lob gebührt den Entwicklern für die Anpassungsfähigkeit des Spiels. Hier kann sehr viel verändert werden: Von der Schwierigkeit der Kämpfe, der Erkundung etc. pp. bis hin zu Erleichterungen bei den Einstellungen für Spieler mit körperlichen Einschränkungen. Das ist sehr gut gelungen und sollte eigentlich bei jedem Spiel möglich sein! Auf diese Weise ist »Atomfall« ideal auf jeden einzelnen Spielertyp einzustellen. Supertoll!

 

Ansonsten gibt es noch das Inventar zu besprechen: Hier finden sich die unterschiedlichsten Gegenstände, von Dosen mit Fleisch über Giftampullen bis hin zu Verbänden. Die Gegenstände können und müssen immer wieder kombiniert werden, wofür man Rezepte benötigt, die in der Spielwelt zu finden sind. Der Rucksack bietet recht wenig Platz, weshalb man zur Kombination und zum Konsum gezwungen ist. Oder man wirft auch mal etwas weg. Waffen beispielsweise.

 

»Atomfall« hat hier einen Fokus auf Nahkampf, besitzt aber auch Fernkampfwaffen. Pfeil und Bogen sind dabei hervorzuheben, da leise und tödlich. Aber auch Schrotflinte, Gewehr und Pistole etc. sind vorhanden. Allerdings ist das Handling recht krude und es gibt wenig Munition in der Welt von »Atomfall«, was zum Szenario passt. Ein Call-of-Duty will »Atomfall« nicht sein.

 

Das Game lebt von der Erkundung, wo verlassene Bunker, Häuserruinen und Keller dem Spieler offen stehen – sofern er die Codekarten und Schlüssel gefunden hat.

 

Was allerdings unangenehm ist: Sobald man die Gegend von Feinden befreit hat, einen Bunker betritt und wieder verlässt, sind die Gegner wieder da. Das hat schon bei Far Cry 2 damals genervt und sorgt auch hier für Stirnrunzeln.

Grafik und Sound

Im Bereich der Grafik arbeitet unter der Haube von »Atomfall« die hauseigene Engine. Die produziert schöne Landschaften, die die britischen Eigenheiten sehr gelungen einfängt. Detailverliebt sind die Macher von Rebellion hier schon, aber an manchen Stellen merkt man der Engine an, dass hochaufgelöste Texturen nicht immer an vorderster Stelle der Wichtigkeit waren. Dennoch bietet »Atomfall« eine stimmige und stimmungsvolle Beleuchtung und Umgebung.

 

Im Soundbereich ist auffällig, dass die Naturgeräusche vielfältig umgesetzt wurden. Da gibt es viel zu hören, vom Wasserfall bis Vogelgezwitscher und Bienensummen, was den Eindruck der freien Natur unterstützt. Die Schusswaffen klingen allerdings etwas schwachbrüstig.

Fazit

»Atomfall« ist ein Spiel, das seinen Reiz aus der Tatsache zieht, dass hier eine postapokalyptische Zone zum Erforschen bereitsteht. Wer sich darauf einlassen kann und über Ecken und Kanten des Gameplays hinwegsieht, wird mit »Atomfall« viel Freude haben.

 

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PC-Game:

Atomfall

Rebellion, 27. März 2025

USK: 18

 

Erhältlich bei: Steam


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Erstellt: 24.04.2025, zuletzt aktualisiert: 24.04.2025 20:13, 24502