Rezension von Ingo Gatzer
Rezension:
Batman und Gotham City: Das ist eigentlich eine fast unzertrennliche Verbindung, noch inniger als Superman und Metropolis, da der Stählerne meistens dann doch die ganze Welt retten muss, während der Dunkle Ritter sich vor allem dem Schutz seiner Heimatstadt verschrieben hat. Doch in „Batman: Europa“ zieht es den Mitternachtsdetektiv über den großen Teich in die alte Welt. Allerdings ist der Ausflug nicht ganz freiwilliger Natur, da irgendjemand Batman mit einem tödlichen Virus infiziert hat. Die Spur führt zunächst nach Berlin, dann nach Prag, Paris und Rom. Zu allem Überfluss muss sich der Dunkle Ritter mit einem Reisegefährten herumschlagen, der eigentlich sein gefährlichster Widersacher ist: Joker. Auch der Clownprinz des Verbrechens ist infiziert oder gibt er das nur vor, um sich einen seiner schlechten Scherze zu erlauben?
Die Story „Batman: Europa“ stammt von Brian Azzarello und Matteo Casali. Der US-Amerikaner gilt nicht nur als einer der renommiertesten Comic-Autoren, was die Auszeichnung seines Werks „100 Bullets“ mit dem Eisner und Harvey Award verdeutlicht. Er kennt sich auch im Batman-Universum perfekt aus und kreierte hier etwa „Batman: Kaputte Stadt“ sowie das Drehbuch zum Meilenstein „Batman: Killing Joke“. Matteo Casali ist zwar nicht ganz so berühmt. Dennoch erschuf der Italiener mit „99 Days“ und einigen Arbeiten an DC-Serien wie „Catwoman“ bereits Achtungserfolge. Dem Autoren-Duo gelingt nicht nur eine spannende Hatz durch vier europäische Hauptstädte. Vor allem die Gestaltung des Jokers und die Interaktion mit seinem Antagonisten macht die Lektüre zu einem Genuss. Dabei gibt es trotz der ernsten Grundsituation – auch dank zahlreicher Referenzen – viel zu lachen. So gibt der Clownprinz des Verbrechens in Berlin seine ganze eigene Version von Lili Marleen zum Besten und zitiert auf dem Weg in die französische Hauptstadt ungeniert aus „Casablanca“ - „Und bleibt immer noch Pa-“ und „Das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft“ - um den Dunklen Ritter zur Weißglut und seine Leser zum Lachen zu bringen. Auch wenn die endgültige Auflösung des Rätsels um die Vergiftung etwas konstruiert wirkt, ist es doch ein Genuss, den Weg bis dahin zu verfolgen.
Visuell ist „Batman: Europa“ mit das Beste, was DC in den letzten Jahren auf den Markt gebracht hat. Das mag Comic-Kenner kaum überraschen, wenn sie erfahren, dass Jim Lee für das Auftakt-Kapitel der Mini-Serie verantwortlich ist. Die Zeichnerglegende präsentiert Batman und den Joker zu Beginn in wunderschön detailreich gestalteten Nahaufnahmen, die zunächst nur charakteristische Teile beider Figuren offenbaren. Das Panel, in dem sich beide wenig später anstarren – typisch: Batman ernst blickend und der Joker lachend, dabei beide blutend – ist einfach herausragend komponiert. Zudem beweist Jim Lee beim Schattenspiel und der Orchestrierung von Actionszenen seine Meisterschaft. Die schlechte Nachricht: Für die Bebilderung des weiteren Comics sind andere, ziemlich unbekannte Zeichner verantwortlich. Die gute Nachricht: Das tut der hohen optischen Qualität überhaupt keinen Abbruch. Zahlreichen Comic-Fans dürften die Namen der Illustratoren Giuseppe Camuncoli, Diego Latorre und Gerald Parell kein Begriff sein. Doch ihre herausragende – manchmal im besten Sinne ungewöhnliche - Arbeit spricht für sich. Trotz ihrer unterschiedlichen Stilistik gibt es einige Gemeinsamkeiten. So wirken die Zeichnungen insgesamt etwas verwaschen, was aber perfekt zur düsteren Atmosphäre passt. Zudem präsentieren sie zu Beginn charakteristische Elemente der Schauplätze – etwa Brandenburger Tor und Checkpoint Charlie in Berlin oder Eiffelturm und Louvre in Paris. Zu entdecken gibt es aber nicht nur toll gezeichnete Denkmäler, sondern auch sehenswerte Charakterstudien des Jokers, eine düster-stimmungsvolle Reise durch die Eingeweiden von Paris und vieles mehr. Passend: Das Autorentrio stammt selbst aus Europa, nämlich aus Italien, Spanien sowie Frankreich.
Fazit:
Optisch ist „Batman: Europa“ ein absolutes Highlight und auch der Weg zum Finale ist vor allem dank des Jokers und seiner Interaktion mit Batman hervorragend gestaltet. Auch wenn die endgültige Auflösung des Rätsels nicht ganz überzeugt, ist das Comic dennoch ein düster-komisches Fest für die Sinne.
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