Rezension von Karl-Georg Müller
Unter der Schutzherrschaft ihrer Anführerin Aqua-Alpha-Alpha gruppieren sich das Volk der Aqua, die ihrem Namen gemäß Wasserwesen sind und zu denen sich naturgemäß beeindruckende Lebewesen gesellen. Der Schreckenskrake beispielsweise weist 5 Erde, der Riesenoktopus 5 Feuer, und der verfressene Monsterfisch immerhin 4 Erde. Aber sie alle stehen hintenan, sobald Elena-Aqua-Prima-Alpha die Schaubühne betritt, denn sie lässt mit 5 Feuer und 5 Erde jeden Gegner erblassen.
Bei den Aquakarten bemerkt der Spieler gleich zu Anfang, dass sie ein Volk mit sehr vielen Sondersymbolen sind. Folgerichtig führen sie auch eine neue Fertigkeit mit ein, nämlich das „Geschützt“-Symbol. Karten mit dem Symbol sind gegen jede gegnerische Handlung geschützt, wenn sie aktiv sind und im eigenen Kampf- oder Unterstützungsbereich ausliegen. Im praktischen Spiel bedeutet das nichts anderes, als dass der Gegner sie nicht abwerfen darf oder ihre Werte nicht verringert werden können. Das wiederum macht sie für manche Völker zu unüberwindbaren Gegenspielern, in den Partien gegen ein unverändertes Khind-Deck haben sie deren Sonderfunktionen dermaßen effektiv lahm gelegt, dass die Khind nicht den Hauch einer Chance hatten. Das ist also je nach Volk des Gegenspielers sehr heftig …
Von einer ähnlich einflussreichen Qualität ist die Spielkarte „Weihe das Wasser der Balance“, denn sie nötigt den Gegenspieler dazu, nicht mehr als 5 Karten auf der Hand zu haben. Da es sich um eine Anführeraktion handelt, bleibt sie einen ganzen Zug lang aktiv; auf Spielsets, die auf schnellem Kartendurchsatz basieren wie die Hoax oder Khind (deren Vorteil darin liegt, passende Gangs zu bilden, was eine möglichst große Kartenzahl auf der Hand erfordert), wirkt sich das fatal aus.
Genauso wenig verachten darf man die Spielkarte „Trinke das Wasser des Lebens“. Sobald man die im späten Spiel auf der Hand hat, geht die Partie gewissermaßen bis zum bitteren Ende weiter. Das ist mit ihrer Sonderfunktion „Jetzt darf ich die Karten meines Abwurfsstapels in meinen Nachziehstapel mischen“ eine Anführeraktion, die sich gewaschen hat und Spielsets mit hohem Kartenverbrauch über kurz oder lang den Garaus bereiten wird.
Aber es ist nicht alles Gold, was glänzt: Eine große Anzahl der Charaktere weist nämlich entweder bei Feuer oder bei Erde den Kampfwert 0 aus. Deshalb verflüchtigt sich der gute Eindruck, den die Schreckenskrake erweckt hat, sobald in einem Zug der Gegner nicht das Äquivalent gewählt, sondern mit Feuer attackiert hat; die wassernasse Schreckenskrake steht dann sozusagen im Regen. Einen kleinen Ausgleich erfährt das Spielset dadurch, dass ein Teil der Verstärkungs- und Unterstützungskarten wegen des Symbols „Frei“ zusätzlich zu anderen Karten desselben Typs ausgelegt werden können, also mit ein wenig Glück beim Ziehen neuer Spielkarten der Schreckenskrake durch die Unterstützung „Brennender Sumpf“ und die Verstärkung „Tosende Wasserhose“ mit jeweils 2 Feuer unter die Arme gegriffen werden kann.
Insgesamt stellen sich die „Aqua“ als eines der spielstärksten und mit ihrer Vielfalt an unterschiedlichen Karten als ein sehr abwechslungsreiches Spielset dar. Werden sie noch dazu mit den passenden Spielkarten aus anderen Völkern aufgemotzt, dann sind sie ein echtes Schwergewicht und nur mit viel Geschick und einem gut konstruierten Gegendeck aufzuhalten. Zu diesem sehr guten Gesamteindruck gehören aber auch die fabelhaften Zeichnungen von Lars Grant-West, die in ihrer Detailverliebtheit und in ihrer Akkuratesse zum Allerbesten gehören, was „Blue Moon“ zu bieten hat. Der Riesenoktopus stiert schön bedrohlich, der Monsterfisch wird seinem Namen mehr als gerecht: all das ist reine Augenweide und macht dieses Spielset zu einer runden Sache.
