Blutjagd von Kim Harrison

Reihe: Rachel Morgan Bd. 3

Rezension von Christian Endres

 

Ex-Runner Rachel Morgan hat sich inzwischen einen gewissen Ruf erarbeitet – als Kraftlinienhexe wie auch als ›Vampirische Hexenkunst‹-Dienstleisterin zwischen Personenschutz und Ermittlungen aller Art. Aber sie hat auch mächtig viele Probleme am Hals: Angefangen bei ihren Verstrickungen in die von Vampiren und Elfen und Tiermenschen beherrschte Unterwelt von Cincinnati, bis hin zu ihren turbulenten Privat- und Liebesleben. Dass sie kürzlich zudem noch einen Deal mit einem Dämon einging und ihre Mitbewohnerin die Erbin des mächtigsten Altvampirs der Stadt und seit Monaten auf Rachels Blut und Körper scharf ist, darf natürlich ebenfalls nicht unterschätzt werden. Und dann ist da auch noch eine neue kriminelle Partei, die einen Fuß in die Hollows bekommen möchte – was Rachel und ihren elfischen Erzfeind plötzlich zu Verbündeten macht. Und dabei fing es doch alles halbwegs harmlos mit genveränderten Tomaten an...

 

Klingt komplex und verschachtelt? Ist es nach nunmehr drei Bänden auch. Nichts für Einsteiger also. Für alte Hasen ist dagegen immer noch Harrisons Timing interessant: Manchmal überstrapaziert sie eine Szene oder Ausführung – und mal sind ihre Dialoge haargenau bemessen, ja wirkt es nicht einmal störend, wenn eine Sexszene gefühlte 20 Seiten lang ist. Was zeigt, dass sich auch im dritten Teil wieder eines häufig ändert: Tempo und Rhythmus. Auf der einen Seite also genügend Zeit für Charakterisierungen und neue Erkenntnisse zwischen den Figuren – auf der anderen Seite massig Raum für Action, egal ob zwischen eng umschlungenen Leibern oder kämpfenden Dämonen, Pixies, Hexen, Elfen und Werwölfen. Pageturner-Alarm.

 

Dennoch ist die Action (neben den etwas zu gut gestylten Figuren) ein kleines Manko: Auf den fast 700 Seiten eskaliert einiges, und Rachel kriegt physisch wie psychisch viel ab. Klar, sie steht mit beiden Beinen im Leben – aber irgendwo gibt es eine Grenze, wo es zu viele Treffer gewesen sind. Harrison und ihre Protagonistin überschreiten diese Grenze auch diesmal wieder. Das macht es spannend und temporeich, wie gesagt, aber letztlich ist es etwas zu viel des Guten.

 

Die mit der Chick Lit gekreuzte Urban bzw. Contemporay bzw. Dark Fantasy (ächz!) überschwemmt den fantastischen Buchmarkt und nähert sich dem selbstverschuldeten Kollaps, scheint es. Vampire, Werwölfe und sexy, aber von der Liebe und dem Leben gebeutelte Jägerinnen, wohin man blickt. Längst ist es utopisch, jede neue Serie lesen zu wollen. Also muss man selektieren: Was gefällt? Ws hebt sich aus dem Beinahe-Einheitsbrei der Buffy-Epigonen ab?

 

Charlie Huston. Check. Jim Butcher. Check. Simon R. Green. Check. Julie Kenner. Check. Und vor allem und ganz weit mit vorn: Kim Harrison. Nicht, weil sie mit ihrer Reihe um Rachel Morgan den innovativsten Weg eingeschlagen hat – sondern weil es die sympathischste und letztlich auch substanzvollste Reihe ist, mit Gefühl, mit Emotionen und mit Seele – und mit einem mörderisch guten Hintergrund und dem nicht zu unterschätzenden Soap-Faktor in Sachen Beziehungskisten und Figurenkonstellationen.

 

Mit diesem dritten Band ist es amtlich: Rachels Leben und Alltag – und damit ihre Abenteuer in Buchform – sind ebenso kompliziert wie komplex.

 

Und nach wie vor höllisch unterhaltsam.

 

 

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