Captain America – The first Avenger (DVD; Abenteuer; FSK 12)
 
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Captain America – The first Avenger (DVD)

Rezension von Torsten Scheib

 

Rezension:

Bevor Joss Whedon im kommenden Frühjahr mit The Avengers zur Superhelden-Großoffensive bläst, muss zunächst erst noch ein fehlendes Puzzlestück eingefügt, der finale Epilog erzählt werden. Doch aus irgendeinem Grund kann man sich des Gefühles nicht erwehren, dass die verantwortlichen Marvel-Studios die Veröffentlichung ihres Captain America-Films ganz bewusst lange hinausgezögert haben. Das der Part des schwarzen Schafs ausgerechnet auf einen der ältesten Superhelden fallen würde – schon ironisch. Doch im Grunde war der Supersoldat, der die Flagge der Vereinigten Staaten stolz auf seinem Kostüm trägt, schon immer mehr so ein »Ami-Ding«, was natürlich vor allem an der unverhohlenen patriotischen Note liegt. Obwohl innerhalb der Serie durchaus auch kritische (Unter-)töne angeschlagen wurden. Auf der anderen Seite – und dies muss man unumwunden eingestehen – versteht es die US-Film- und Unterhaltungsbranche meisterhaft, ihre vaterlandsliebenden Töchter und Söhne so spektakulär in Szene zu setzen wie kein zweiter. Im Falle von »Captain America – The First Avenger« hieß dies: üppige 140 Millionen Dollar. Viel Geriebenes also, mit dem der versierte Regisseur und Boba Fett-Erfinder Joe Johnston herumspielen durfte.

Wir schreiben das Jahr 1942. Der Zweite Weltkrieg hat den Planeten an den Rand des Abgrunds gebracht. Tod, Leid und Verzweiflung dominieren. Johann Schmidt (Hugo Weaving), einstiger Vertrauter von Adolf Hitler verfolgt jedoch andere Ziele als sein einstiges Vorbild. Nach langer Suche findet er endlich ein ganz besonderes Artefakt mit göttlichem – oder außerirdischem – Ursprung: den Tesserakt, einen blau strahlenden Würfel, dessen Energie mit irdischen Maßstäben nicht zu messen ist. Längst ist aus dem Lakaien des Führers ein nicht minder wahnsinniger Psychopath geworden; verfolgen Schmidt und die Soldaten seiner Hydra-Vereinigung ähnlich entartete Ziele wie Hitler. Mit einem Unterschied: Schmidt hat den Tesserakt und damit die Möglichkeit, endlose Arsenale von Superwaffen herzustellen. Erst soll Berlin fallen, dann Amerika und letztlich die ganze Welt!

Von alldem weiß der schmächtige Steve Rogers (Chris Evans) nichts, wohl aber von den furchtbaren Ereignissen in Europa. Nur zu gerne würde der Junge aus Brooklyn in den nächsten Flieger steigen und den Nazis die Hölle bereiten. Doch sein schmächtiger Körperbau und diverse Gebrechen verhindern jeden Versuch, in die Army aufgenommen zu werden. Und so bleiben dem Kleinen mit dem großen Herzen nur die Bilder der in den New Yorker Lichtspielhäusern flimmernden Wochenschauen – und eine gehörige Portion Wehmut …

 

Bis eines Tages der etwas verschrobene, aber unbedingt sympathische Wissenschaftler Abraham Erskine (Stanley Tucci) in Steves Leben rückt und prompt dessen sehnlichsten Wunsch erfüllt. Binnen weniger Tage wird aus dem Dreikäsehoch der Soldat Rogers. Mehr noch: Erskine verfrachtet seinen Wunschkandidaten ausgerechnet ins das von ihm mitgeleitete »Project Rebirth«, dessen Ziel eine Armee aus Supersoldaten darstellt. Eine von Genie und Multimillionär miterschaffene Serum verwandelt Steve schließlich in ein Muskelpaket mit beeindruckender Konstitution und übermenschlichen Regenerationsfähigkeiten. Doch statt an die Front wird Steve auf Tournee durchs Land und nach Übersee verfrachtet; soll er im Rahmen einer Musikrevue entweder für Kriegsanleihen werben oder jene Soldaten aufmuntern, die schwer verwundet von den Kämpfen zurückgekehrt sind – Männer, an deren Seite Steve nur zu gerne stehen würde.

Bis er eines Tages von der Gefangennahme amerikanischer Männer erfährt, unweit von jenem Aufenthaltsort entfernt, an dem er sich auf der Bühne zum Affen machen darf. Entgegen sämtlicher Order von Colonel Chester Phillips (Tommy Lee Jones) und der britischen Agentin Peggy Carter (Hayley Atwell) begibt sich Rogers in das Nest der Hydra – und sieht sich zum ersten Mal mit seinem teuflischen Alter Ego, Johann Schmidt konfrontiert, der ebenfalls das gleiche, damals aber noch unfertige Serum injiziert bekommen hat – inklusive grausamer Konsequenzen. Dennoch gelingt es Steve – der fortan als »Captain America« agiert – nahezu sämtliche Gefangene zu befreien und Schmidts Anlagen vollständig zu zerstören. Doch Schmidt – alias Red Skull – kann entkommen. Gemeinsam mit neuen Waffentechnologien und den an seiner Seite kämpfenden »Howling Commandos« nimmt Captain America die Verfolgung auf …

 

Jegliche Sorgen sind unbegründet: trotz gelegentlich aufflammender, aber niemals mit dem Vorschlaghammer vorgetragenen Patriotismus-Huldigungen macht »Captain America – The First Avenger« durchweg Laune. Die Entscheidung, Joe Johnson zu verpflichten, geht jedenfalls vollends auf, bewies der Mann aus Fort Worth schon mit dem immer noch leicht verkannten Rocketeer (1991) dass ihm solche Topoi besonders gut von der Hand gehen. In vielerlei Hinsicht mag sein zehnter Spielfilm zunächst altmodisch erscheinen, aber genau dieses Element sorgt dafür, dass sich »Captain America« wohltuend vom Rest der zahllosen Comic-Adaptionen absetzt.

Dabei setzt Johnson weniger auf seelenlosen CGI-Overkill wie etwa in Jumanji (1995) sondern überwiegend auf gute alte Handarbeit. Nur im äußersten Notfall durfte der Rechner die Drecksarbeit machen. Ansonsten sind die authentischen und unglaublich detailverliebten Kulissen und Sets real und lassen den Streifen aus ebendiesem Grund richtig groß erscheinen. Wobei sich die Jungs und Mädels von der Designer-Abteilung besonders bei den diversen Hydra-Werkstätten und Johann Schmidts Rückzugstätte ordentlich austoben durften, aber gottlob nicht vergaßen, deutsche Wörter auch mal RICHTIG zu schreiben, was ja gerade in US-Produktionen nicht immer selbstverständlich ist. Die praktisch stets groß angelegten Fahrzeuge und Flugmaschinen stehen ganz im Zeichen des Dieselpunks und des klassischen Hollywood-Kinos von Einst, dem auch Johnson seine Avancen erweist. Groß bedeutet hier überlebensgroß so wie fast jeder Blickfang die Kinnlade etwas weiter nach unten klappen lässt. Gottlob umschifft Johnson Klischee-Untiefen und Felsen der Lächerlichkeit mit der ruhigen, erfahrenen Hand eines altgedienten Seefahrers, was freilich auch am sorgfältig durchdachten Drehbuch von Christopher Markus und Stephen McFeely liegt.

Das Schreiber-Duo kennt nämlich »ihren« Superhelden und weiß daher ebenfalls wie der Kurs zu lauten hat. Wenngleich die »richtige« Action erst gegen Ende des zweiten/Anfang des dritten Akts die heimischen Lautsprecherboxen erzittern lässt - der Weg dorthin ist keinesfalls beschwerlich. Von Minute Eins an herrscht konstant narrative Bewegung, ohne den Hauch einer ärgerlichen Länge. Doch was nützen tolle Schauwerte, Regie-Expertise und ein Vorzeige-Script, wenn die Darsteller nicht passen? Aber auch in dieser Beziehung gibt es Positives zu vermelden. Chris Evans mag bislang eher durch zumeist eindimensionale Parts und Colgate-Lächeln aufgefallen sein, doch hier erfüllt er seinen – oder besser seine – Part(s) mehr als zufrieden stellend; ist sein schmächtiges und konstant gegen die eigene Furcht erwehrendes Alter Ego gleichermaßen überzeugend wie der gegen das Unrecht ankämpfende Captain America. Demzufolge – und damit einer unumstößlichen Comic-Grundregel folgend – ist sein Gegenpart das absolute (oder besser vollkommene?) Gegenteil. Endlich darf der Australier Hugo Weaving wieder voller Inbrunst einen richtig üblen, überlebensgroßen Schurken geben, der dank der blutroten Skelettmaske noch unheimlicher wirkt, welche aber zu keinem Zeitpunkt Weavings leidenschaftliche Performance limitiert; weit gefehlt. Das man im Synchronstudio außerdem auf Hans-Jürgen Wolf zurückgriff, der seinerzeit schon den Agent Smith in der Matrix-Trilogie sprechen durfte, gibt weitere Pluspunkte. Warum der Mann, der Weavings vokale Nuancen immer noch am Besten ins Deutsche transportieren kann, nicht dauerhaft dessen Rollen vertonen darf, wird wohl auf Ewig ein Rätsel bleiben.

 

Doch auch die Nebenrollen können sich mehr als sehen lassen. Ob es sich dabei um die preisgekrönten Stanley Tucci oder Tommy Lee Jones handelt, ebenso wie die, bislang eher in TV-Produktionen gecastete Britin Hayley Atwell als Peggy Carter, deren zumeist verhaltene Avancen gen Steve Rogers eben aufgrund ihres dezenten Wesens umso glaubwürdiger erscheinen. Ein weiterer – kleiner – Coup findet sich außerdem in der Rolle des Dum Dum Dugan wieder, der nicht nur innerhalb des »Captain America«-Mikrokosmos einen tragenden Part inne hat. Neal McDonoughs Ähnlichkeit zu seinem gezeichneten zweiten Ich ist jedenfalls unglaublich – seit J. K. Simmons’ Verwandlung in den Boss des »Daily Bugle«, J. Jonah Jameson (Spider-Man 1-3, 2002-2007) hat man derlei jedenfalls nicht gesehen. Und als wäre es noch nicht genug des Guten, werden besonders all jene, welche bereits mit den vorangegangenen Auftritten von Iron Man (2008 und 2010), dem Unglaublichen Hulk (2008) und Thor (2011) vertraut sind, großzügig belohnt. »Captain America – The first Avenger« steckt nämlich voller Querverweise auf besagte Werke oder beantwortet ebendort angedeutete Hinweise. Von diversen Aussichten gen »Avengers« ganz zu schweigen …

 

Wenn überhaupt, so finden sich innerhalb der Hydra-Vereinigung die einzigen erkennbaren Mängel. Den spezifischen Grund für Red Skulls megalomanische Ziele bekommt man, wenn überhaupt, nur sehr vage geliefert und seine Schergen haben in ihrer mitunter übertriebenen Gleichgültigkeit etwas Clone War-mäßiges. Aber sind dies bestenfalls kleine Staubkörner und keineswegs tonnenschwere Brocken, welche den Weg erschweren. Unterm Strich bleibt dennoch eine der besten Superhelden-Verfilmungen der letzten Jahre, die dank der versierten Kombination aus alten Werten und neuen Techniken einen bleibenden Eindruck hinterlässt.

 

Fazit:

»Captain America – The first Avenger« überzeugt vollends. Herrlich unterhaltsames, aber niemals gezwungenes Blockbusterkino, welches den Hauch legendärer Glanztaten von Einst umschwebt, aber niemals zu seelenlosen Kopie verkommt. Somit wird das Warten auf die »Avengers« nun offiziell zur Qual … und wer nicht bis nach dem Abspann warten kann, ist selber schuld.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024042403174084a95f98
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DVD:

Captain America – The first Avenger

USA, 2011

Regie: Joe Johnston

Format: Dolby, PAL, Widescreen

Sprache: Deutsch (Dolby Digital 5.1), Türkisch (Dolby Digital 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1)

Untertitel: Deutsch, Englisch, Türkisch

Bildseitenformat: 16:9 - 2.35:1

Umfang: 1 DVD

FSK: 12

Paramount Home Entertainment, 19. Dezember 2011

Spieldauer: 119 Minuten (DVD) bzw. 124 Minuten (Blu Ray)

ASIN (DVD): B005NAGKRY

ASIN (Blu Ray): B005NAGLBE

 

ASIN: B000VLD9HO

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Darsteller:

Chris Evans

Tommy Lee Jones

Hugo Weaving

Stanley Tucci

Toby Jones

Dominic Cooper

Neal McDonough


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Erstellt: 15.01.2012, zuletzt aktualisiert: 12.09.2023 16:21, 12330