Chamäleon-Zauber von Piers Anthony
Reihe: Xanth Bd.1
Rezension von Ralf Steinberg
Xanth ist ein Land irgendwo am Rande der Realität. Hier gibt es Magie und damit auch alle nur möglichen magischen Lebewesen, von Zentauren bis hin zu Drachen.
Die Menschen, die hier leben, verfügen jeder jeweils über ein magisches Talent. Einer kann bunte Punkte auf einer Wand erscheinen lassen, ein anderer kann alles verwandeln. So unterschiedlich die Talente sind, so sind sie auch mehr oder weniger nützlich.
Ganz schlecht allerdings ist es, gar keine Magie zu besitzen, denn dann wird man im Alter von 25 Jahren aus Xanth verbannt.
Genau dieses Schicksal droht Bink. Weil er nun aber ein schönes Mädchen zur Freundin hat und schon recht gern mit ihr in Xanth leben will, macht er sich auf, den guten Zauberer Humfrey zu befragen, über welches Zauber-Talent er denn nun verfüge.
So beginnt eine amüsante Reise durch ein durch und durch magisches Land, in dem jede Pflanze, jedes Tier, ja selbst jeder Berg ebenfalls über eine Magie herrscht.
Ein Wald der nicht betreten werden will, verbirgt alle Wege in ihn hinein. Die Blume, die sich nicht pflücken lassen möchte, verschießt giftige Stacheln und ein hungriger Baum versetzt Reisende in seinem Schatten in ewigen Schlaf, um ihn langsam zu verdauen.
Da kann ein kleiner Marsch schnell lebensgefährlich werden. Doch Bink schlägt sich durch und lernt eine Menge Leute kennen. Natürlich spielen besonders Frauen eine große Rolle.
Neben der mächtigen Illusions-Zauberin Iris begegnet ihm zunächst die bildhübsche Sexbombe Wynne, die er heldenhaft gegen einen Drachen verteidigt, ohne aber ihre offensichtliche Dummheit auszunutzen. Bald danach begegner er Dee, einem durch und durch durchschnittlichen Mädchen, dessen Faszination er sich nicht genau erklären kann. Zu guter Letzt trifft er auf die hässlichen Intelligenzbestie Fanchon, die ihn nicht nur so nimmt, wie er ist, sondern auch in der Lage ist, seine Fragen über die Magie zu verstehen.. Diese drei Frauen sind das Chamäleon. Doch Bink erkennt erst später, dass sie zu einer zusammengehören. Bis dahin muss er sich mit intelektuellem Anspruch und Trieb auseinandersetzen.
Und nichts ist leichter, als die Qual der Damen-Wahl.
Inzwischen flog er doch aus Xanth raus, denn Humfrey vermochte nicht zu sagen, welches Talent in dem Burschen steckt, nur dass er überhaupt eines hat. Das reicht dem König aber nicht aus.
Kaum im magielosen Mundania angekommen, fällt er dem ebenfalls exilierten bösen Zauberer Trent in die Hände, der an einer Invasion Xanths bastelt um den alten Sturmkönig zu ersetzen.
Wie das Ganze letztendlich in einer Königswahl und Doppelhochzeit endet, erfährt der Leser in kurzweiligen Stunden des Lesens, die keine Minute an Spannung verlieren.
Der Humor Piers Anthonys ist nicht laut. Er verbirgt sich meist im Hintergrund, in den Requisiten der Geschichte. So werden schon einmal explodierende Kirschen als Kirschbomben benutzt oder Harpyien liebestoll.
Auch die Figurenkonstellation nimmt sich selbst auf die Schippe. Der gute Zauberer ist gar nicht so gut, ist der böse Zauberer nicht so böse und auch der Sturmkönig stürmt nicht sehr.
Selbst wenn wichtige Themen des Landes diskutiert werden, erhält man zum Schluss die Erkenntnis, dass etwas Skurriles dahintersteckt. So wird die Existenz von Zentauren recht eindeutig einer amourösen Verbindung zwischen Reiter und Reittier zugeordnet.
Dadurch gewinnt das magische Land Xanth nicht nur liebenswerte Züge, sondern auch eine sehr farbenfrohe Anziehungskraft.
Piers Anthony tröpfelte in die Fantasy-Geschichte auch Politik hinein, denn so eine Königswahl hat ihre Tücken gerade dann, wenn alle verfügbaren Kandidaten eigentlich gar nicht zur Verfügung stehen, da sie entweder Verbrecher oder unfähig sind. Man kann dem gebürtigen Britten unterstellen, hier einen satirischen Blick auf seine Heimat Amerika geworfen zu haben.
Xanth ist der Beginn eines Riesenerfolges für Piers Anthony. Seit dem Animationsfilm Shrek ist die Bedeutung dieser Fantasy-Serie für die USA aber sehr offensichtlich, schade, dass deutsche Verlage sich scheuen, die aktuellen Bände der Reihe in Deutsch herauszugeben.
Den Großteil der Serie hat Ralph Tegtmeier für Bastei/Lübbe übersetzt. Mit seinen erfreulich kreativen Eindeutschungen eigentlich unübersetzbarer Wortspiele, von denen es in keinem Buch Piers Anthonys mangelt, erwarb er sich einen sehr guten Ruf bei den Lesern.
Xanth ist keine normale Fantasy. Im unnormalen aber, da ist es das größte magische Land, dass wir besuchen können und dass sollten wir auch schnell wieder tun.
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