Druckversion: Chroniken des Wahns – Blutwerk (Autor: Michael R. Fletcher)

Chroniken des Wahns – Blutwerk von Michael R. Fletcher

Rezension von Christel Scheja

 

Der kanadische Autor Michael R. Fletcher lebt heute mit seiner Familie in einem Vorort von Toronto und liebt Goth-Metal, wenn er nicht schreibt und arbeitet. Mit seinem Debütroman wollte er eine Geschichte schaffen, die sich abseits der meisten Fantasy-Klischees bewegt. Nun ist Chroniken des Wahns – Blutwerk auch auf Deutsch erschienen.

 

Rezension:

„Glaube ist Macht“ ist auf der Welt der Wahnsinnigen nicht nur ein Sprichwort sondern eine unumstößliche Tatsache, denn die Wahnwirker ziehen aus ihrem eigenen Irrsinn genug Magie, um die Welt nach ihrem Gusto zu formen oder die Werkzeuge dazu in der Hand zu haben. Als Soziopath hat man gute Chancen, andere zu dominieren, sei es nun, weil man in der Lage ist, sich in mehrere Persönlichkeiten zu spalten, Wesen in Brand zu versetzen oder die Umgebung um sich herum durch sich manifestierende Trugbilder zu formen.

In dieser Welt wächst der junge Morgan heran, der schon frühe besondere Begabungen zeigt. Ein machtgieriger Theokrat, Tyrann in seiner eigenen Domäne der Gläubigen, will ihn zu einem Gott heranziehen, den er nach seinem eigenen Gutdünken formen und lenken kann.

Zur gleichen Zeit kommt ein Trupp von Vaganten auf die dumme Idee, den Jungen entführen zu wollen um von den Gläubigen das entsprechende Lösegeld zu erpressen. Dazu wagen sie alles – auch sich durch eine Zitadelle voller Irrer zu schlagen, bei denen einer wahnsinniger als der andere ist. Und nicht zuletzt giert auch ein anderer Wahnwirker, dessen Macht es ist, andere zu versklaven, den Knaben in seine Hand zu bekommen.

 

So gesehen ist das Grundgerüst eigentlich sehr einfach gestrickt, aber das gibt dem Autoren die Möglichkeit, das drumherum auszubauen. Von den drei verschiedenen Gruppen wirken die Vaganten eigentlich noch am normalsten und eignen sich deswegen gut als Identifikationsfiguren. Sie sind gut in ihren Rollen erkennbar, haben Ecken und Kanten, aber auch ein paar sehr liebenswürdige Züge, die den meisten anderen Figuren fehlen.

In der theokratie herrscht strenge Zucht und Ordnung und da zeigt sich, dass gerade ein angehender Gott – selbst wenn er nichts anderes kennt als die Umgebung, in der er aufgewachsen ist – seinen eigenen Kopf hat.

Die Wahnwirker sind sehr akribisch in ihren Fähigkeiten beschrieben, damit der Leser auch genau nachvollziehen kann, was sie da gerade eigentlich tun und erreichen wollen. Man merkt, dass er die verschiedenen Stufen und Ausprägungen des Wahnsinns gut recherchiert und daraus die magischen Kräfte der Figuren entwickelt hat. Allerdings geht er dabei nicht sonderlich in die Tiefe der jeweiligen Krankheit, sondern nur so weit, wie es sich für den Fluss der Handlung anbietet.

Zugleich zeichnet er keine angenehme Welt. Da der Wahnsinn regiert, kann man nicht unbedingt sagen, was als nächstes passiert, schlagen einige der Charaktere doch immer wieder in eine andere Richtung als man erwarten möchte.

Die Figuren haben zudem nicht nur sympathische, sondern überwiegend negative Züge, denn wenn man auf dieser Welt überleben will, muss man den Wahnwirkern widerstehen können. Dem entsprechend sollte man auch als Leser nicht unbedingt erwarten, dass alles und jeder überlebt, zumal es kein Schwarz und Weiß, sondern nur Grau in unzähligen Facetten gibt.

Das Experiment, sich von den üblichen Klischees zu lösen ist deshalb auch weitestgehend geglückt, selbst wenn die Handlung viel Zeit braucht, um in die Gänge zu kommen. Aber das sei der glaubwürdigen Schilderung des Hintergrunds und der Figuren geschuldet, die tatsächlich in dieser Art noch nicht da gewesen sind.

 

Fazit:

»Chroniken des Wahns – Blutwerk« ist ein interessantes Debütwerk und dürfte vor allem Fans düsterer Fantasy gefallen, die es in erster Linie lieben, in die düsteren Abgründe des menschlichen Denkens einzutauchen und mit Horrorelementen zu vermischen.

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Buch:

Chroniken des Wahns – Blutwerk

Original: Beyond Redemption, 2015

Autor: Michael R. Fletcher

Bastei Lübbe, Januar 2017

Taschenbuch, 607 Seiten

Übersetzung von Andre Taggeselle

Cover: Elm Haßfurth

 

ISBN-10: 3404208633

ISBN-13: 978-3404208630

 

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, zuletzt aktualisiert: 19.04.2024 08:43