Codex Urbanis (Quellenband)
 
Zurück zur Startseite


  Platzhalter

Codex Urbanis (Quellenband)

Reihe: Engel

Rezension von Christoph Fischer

 

Das mittlerweile in der Version 2.0 erschienene Grundregelwerk Engel gibt einen allgemeinen Einblick in die Spielwelt von Engel und beschreibt die Engel als Spielercharaktere. Die einzelnen nach ihren Erzengel benannten Orden kommen dabei etwas zu kurz. Hier schaffen die fünf Ordensbücher Abhilfe. Nach wie vor sind aber die geflügelten Boten des Herrn die ausschließlich von Spielern wählbaren Charakterklasse. Erst das Quellenband Mater Ecclesia ermöglicht auch menschliche Anhänger der Angelitischen Kirche zu spielen. Das von Spielern schon lange Zeit erwartete Quellenband Codex Urbanis erweitert nun maßgeblich den spielbaren Rahmen. Es erlaubt erstmals Spielern auch zweifelhafte Individuen jenseits Kirchentreuer Diener mit Leben zu erfüllen.

Der Begriff Codex Urbanis steht dabei ursprünglich für eine Denkschrift des Diadochen Enrique von Cordova, Vater der heutigen dortigen Herrscherin Isabella, mit der er die Gründung eines europaweiten Städtebundes einfordert. Dieses Manifest aus dem Jahre 2625 gilt als Gründungsdokument der Urbanis-Liga, ein militärischer und wirtschaftlicher Zusammenschluß von Städten unter Diadochenherrschaft.

 

Der Titel des Quellenbandes Codex Urbanis konnte treffender nicht gewählt werden. Ziel des Buches ist zum einem das Leben in den Städten des 27. Jahrhunderts darzustellen, zum anderen aber auch die mannigfaltigen Unterschiede zwischen angelitisch und diadochisch geprägten Metropolen herausarbeiten. Dazu beschreibt es im ersten Kapitel „Leben in den Städten“ die allgemeinen Lebensbedingungen, wie z.B. das allgemeine Erscheinungsbild solcher Städte, unterschiedliche Herrschaftssysteme, die dort angewandte Rechtsprechung, das Berufswesen, die Hygieneverhältnisse und die Kultur.

 

Im daran anschließenden Kapitel „Urbanis-Liga, Neue Hanse und Nordbund“ werden die drei wichtigsten nichtkirchlichen Organisationen der Engel-Spielwelt näher beleuchtet. Die Urbanis-Liga ist für die Kirche ein von ketzerischen Technikartefakten verseuchter Erbfeind. Für den deutlich kleineren Rest der Welt ist es der letzte Hort der Freiheit. Dies ist der größte Abschnitt im Kapitel und umfasst im Wesentlichen eine kurze Beschreibung seiner Mitgliederstädte Aachen, Augsburg, Budapest, Cordova, Franconofurt, Genf, Moskau, Malaga, Real, Salzburg, Wien und Zurik, sowie eine eingehende Betrachtung der bereits erwähnten Streifschrift von Enrique von Cordova.

Der Nordbund ist eine Ansammlung von Stämmen und Siedlungen aus dem Norden Skandinaviens, die den neuen ramielitischen Herrschern seit dem Fall des Himmels von Trondheim erbitterten Widerstand leisten. Dieser Abschnitt mit einer allgemeinen Beschreibung des Nordbundes ist der kürzeste im Kapitel.

Die Neue Hanse ist ein Wirtschaftsbund, der auf Manna statts Dogmen setzt. Sie besteht aus wenigen Kaufleuten, die vor allem aus Gabrielsland stammen, aber Europaweit den Handel kontrollieren. Der letzte Abschnitt beschreibt ebenfalls allgemein die Neue Hanse, geht aber dann deutlich detailierter in die Strukturen und das Handelswesen ein.

 

Das dritte Kapitel „Musterstädte der Liga“ ist das eigentliche Herzstück des vorliegenden Werkes. Es stellt sehr ausführlich die Beispielstädte Essen, Met-Nancy, Moskau und Wien vor. Dabei wird jede Stadt zuerst allgemein beschrieben, dann werden die dort lebenden Menschen vorgestellt und schließlich die dort produzierten Waren aufgelistet. Damit liefert es die Grundlage für authentische eigene Stadtabenteuer.

 

Beim ersten Konvent der Diadochenstädte wider die Schrecken der Traumsaast in den urbanen Gebieten zu Stanbul anno 2656 trafen sich Gelehrte aus allen wichtigen nichtangelitischen Städten, um ihre Erfahrungen mit der Traumsaat und ihrer Bekämpfung auszutauschen. Das Kapitel „Urbane Legenden“ enthält Auszüge aus dem persönlichen Protokoll-Manuskript eines Teilnehmers. Dieses Inplay-geschriebene Protokoll stellt damit eine Erweiterung des Quellenbandes Traumsaat um städtische Auswüchse dieses Seuche des 27. Jahrhunderts dar.

 

Das in jeder Engel-Rollenspielpublikation nicht fehlen dürfende Kapitel vier „Dramatis Personae“ stellt diesmal ausführlich die Diadochen Benren II. von Moskau, Isabella von Cordova, Lera von Wien und Walter von Essen vor. Daneben werden weitere zwölf Personen aus unterschiedlichsten Verhältnissen nach schon klassischer Struktur Allgemein, Aussehen, Wesen und D20-Werte beschrieben. Die in diesem Kapitel aufgeführten Personen bieten eine guten Querschnitt dessen, was den Abenteurer abseits angelitischer Pfade erwartet und bereichern das Spiel um einige neue, interessante Facetten.

 

Das abschließende Kapitel „Appendix“ untermauert das bisher allgemein gehaltene Hintergrundwissen mit regeltechnischen Werten. Hierzu liefert es im ersten Abschnitt neue Prestigeklassen für Städter nach dem D20-System Edition 3.5 und im zweiten die D20-Werte der neuen Traumsaatkreaturen. Ein Charakterbogen für Städter rundet das Kapitel ab.

 

Das 168-Seitige Quellenband Codex Urbanis ist in ein stabiles Hardcover gebunden. Die Aufmachung entspricht dem typischen Engel-Look und ist von gewohnt hoher Qualität. Erneut lockern kleinere Kurzgeschichten zwischen den Kapiteln den Inhalt auf. Auch die zahlreichen Illustrationen von Max Liebehenschel und Eva Widermann sind durchweg sehenswert und vermitteln ungemein die Stimmung dieser Welt.

 

Trotzdem liest sich dieses Buch, besonders das erste Kapitel, meiner Meinung nach schwer. In keiner anderen bisher erschienenen Engel-Publikation war Hintergrundwissen so zäh verpackt wie im vorliegenden. Irgendwie wollte nicht das richtige Flair bei mir aufkommen.

Positiv davon hebt sich das Kapitel vier mit dem Inplay-Protokoll über den Konvent ab. Es liefert sicher nicht soviel detailiertes Wissen wie die anderen Kapitel, liest sich dafür aber deutlich spannender als alle anderen. Es stellt eine klasse Hommage an das Quellenband Traumsaat dar und ist eine längst überfällige Ergänzung der Traumsaatkreaturen.

Einen Reiz des Erzählspiel Engel für Spieler macht sicher aus, dass uns alltägliche und futuristische Technik als Artefakte aus der Zeit davor den Charakteren im Spiel Rätsel aufwerfen. Erneut erfährt an so mancher Stelle, wie beispielsweise beim grünen Schleim in Wien, leider auch der Spielleiter nicht mehr. Dies ist aber für eine richtige Beschreibung gegenüber den Spielern wichtig.

Die Städtebeschreibungen und die ausgewählten Beispielcharaktere finde ich als Erzähler einer eigenen Engel-Runde besonders hilfreich, da sie mir erlaubt das Stadtleben meinen Spielern authentisch zu präsentieren. Extrem schade ist, dass keine Karten der Städte abgedruckt sind.

Je nach Kreativität des Erzählers wären sicher auch ein paar Abenteuerideen wünschenswert gewesen.

 

Fazit:

Das Quellenband Codex Urbanis richtet sich an Erzähler wie auch Spieler, sofern letztere Wissen welche Abschnitte sie nicht lesen sollten. Es bereichert ungemein das Bild vom Europa des 27. Jahrhunderts um einen wesentlichen Faktor: Das Leben in Diadochenstädten. Es erlaubt erstmals Spielen nicht kirchentreue Charaktere zu spielen. Das Quellenband ist inhaltlich gut ausgewogen und optisch Spitzenklasse. Aber gemessen an der sonst hohen Qualität der Engel-Reihe stellt Codex Urbanis meiner Meinung nach leider die schlechteste Engel-Publikation dar.

Zur vollständigen Weltbeschreibung fehlt jetzt nur noch ein ausführliches Quellenband zum Thema „Herr der Fliegen“, dass weit mehr beschreibt als das Quellenband Traumsaat.

Nach oben

Mit freundlicher Unterstützung von Feder&Schwert GmbH,

www.feder-und-schwert.de.

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240424041626cc9311ba
Platzhalter

Codex Urbanis (Quellenband)

System: Engel

Autoren: Florentine Flach, Sonja Garske, Tobias Hamelmann, Oliver Hoffmann und Lars Schiele

Gebundene Ausgabe

168 Seiten

Verlag: Feder&Schwert

Erschienen: August 2007

ISBN-10: 3937255664

ISBN-13: 978-3937255668

Erhältlich bei: Amazon

 


Platzhalter
Platzhalter
Erstellt: 18.01.2008, zuletzt aktualisiert: 02.02.2015 01:04, 5687