Druckversion: Das Amt für versäumte Ausgaben (Autor:Uwe Hermann; Kurzgeschichten 4)

Das Amt für versäumte Ausgaben von Uwe Hermann

Reihe: Kurzgeschichten Band 4

 

Rezension von Ralf Steinberg

 

Verlagsinfo:

10 skurrile Geschichten von Uwe Hermann: böse, abgedreht und voller Humor. Mit einem Vorwort von Uwe Post und der gemeinsamen Geschichte Der Valentino-Exploit – Treffen Sie erneut die Quirl. Sie sorgen dafür, dass die Atome nicht bummeln und das die Zeit in die richtige Richtung hüpft. Oder kehren Sie ein, in ein Gasthaus, in dessen Zimmer Nr. 13 sich die Dimensionen kreuzen. Lernen Sie den Profiboxer kennen und erfahren Sie, warum ein Wasserabsperrhahn alles ändern kann. Und warum zur Hölle dreht das Haustier der netten alten Dame plötzlich durch? Viele neue Geschichten, die Sie so noch nirgends gelesen haben!

 

Rezension:

Das Amt für versäumte Ausgaben ist bereits der vierte Band mit Kurzgeschichten die Uwe Hermann im Selbstverlag herausbringt. Er enthält sieben Erstveröffentlichungen und drei alte Bekannte.

In seinem Vorwort lenkt Uwe Post die LeserInnen vorsichtig auf die Richtung der nachfolgenden Geschichten und erhofft sich Mitleiden, Mitkämpfen, aber vor allem Mitgrinsen.

 

Die Auftaktgeschichte Das Gasthaus am Ende der Dimensionen bietet eine Zeitreise-Fantasygeschichte in der vom Autor favorisierten Ich-Perspektive.

Im titelgebenden Gasthaus am Ende der Dimensionen verwirren sich die Zeitlinien, sodass sich hier Wesen aus verschiedenen Zeiten begegnen können. Es liegt in einem idyllischen Tal und besitzt die seltsame Eigenschaft, seine Besucher nie wieder herauszulassen.

Hier nun treffen sich der Zauberlehrling und sein Meister mit einem Dieb, der ihnen einen speziellen Schlüssel verkauft, mit dem man in das Zimmer eines Hexers gelangen kann, der einst dem Meister die Abhandlung der unaussprechlichen Sprüche stahl. Der Schlüssel öffnet dieses Zimmer Nummer 13 zu einer ganz bestimmten Zeit – und für den etwas einfältigen Zauberlehrling beginnt eine abgefahrene Reise durch Zeit und Raum …

 

Man kann die Geschichte durchaus eine klassische Fantasygeschichte nennen. Die Zutaten sind typisch. Vom Wirtshaus bis hin zu saufenden Elfen bleibt Uwe Hermann in artgerechter Umgebung. Auch die verschiedenen Etappen der Zeitreise ändern hieran nichts. Zu vieles bleibt vorhersehbar. Die locker erzählte Geschichte bietet Klamauk neben recht einfach gestrickter Utopie und kann letztlich nicht fesseln.

 

Abgehoben beweist, dass Abnabelung vom Elternhaus seinen Preis hat. Alles muss man fortan selber machen, etwa das Anbringen einer Wohnzimmerlampe. Wenn man dabei einen elektrischen Schlag bekommt und von der Leiter in die Tiefe einer Altbauwohnung fällt, kann viel passieren. Falls man aufschlägt …

 

Situationskomik im Extrem – Uwe Hermann verknüpft in dieser kleinen Story Verschwörungstheorien und Ufo-Glauben durchaus amüsant, jedoch fehlt ihm für die Auflösung eine wirklich zündende Idee; hier hätte es mehr Schmackes sein dürfen.

 

Mit einem grandiosen Titel kann Der heilige Wasserabsperrhahn aufwarten. Auf einem fernen Kolonialplaneten hat sich eine skurrile Religion um den einzigen Gegenstand herum entwickelt, der vom Absturz eines Kolonialraumschiffs übrig blieb: Der Wasserabsperrhahn. Als eine Schaustellertruppe ihre Zelte auf dem Planeten aufschlägt, erfährt der junge Star der Show, welche Konsequenzen es hat, mit der Tochter des Chefs zu schlafen. Zum Glück helfen manchmal Gebete …

 

Eine Geschichte mit köstlichen Details. Allein schon der Wasserabsperrhahn als Reliquie ist das Lesen wert.

Problematisch ist jedoch die Ich-Perspektive, da sie hier ganz im Gegensatz zur Intention keine Nähe zur Figur schafft. Der Boxer entwickelt in der Kürze der Handlung kein Profil und somit verpufft das eigentlich emotionale Ende geruchlos im Weltall. Die Story erreichte den zweiten Platz beim DSFP.

 

Die für den Kurd-Lasswitz-Preis nominierte Zusammenarbeit mit Uwe Post, Der Valentino-Exploit, beweist, welche Synergieeffekte sich aus der Kooperation zweier Satiriker ergeben können.

Valentino ist ein Cyberdog, der seinem Frauchen voller Aufmerksamkeit dient. Doch dann wird er gehackt und Frauchen engagiert einen abgehalfterten Kammerjäger …

 

Von vorne bist fast ganz hinten ist »Der Valentino-Exploit« super. Die zugrundeliegende Idee ist erstklassiger Science-Fiction-Stoff und wurde mit großartiger Lockerheit in die Story integriert. Gerade die Tierszenen enthalten jede Menge Spaß und offenbaren einen kernigen Humor, der auch mit den einzelnen Tierarten zu spielen versteht. Einzig das Ende flacht etwas ab, ohne den positiven Gesamteindruck zu schmälern.

 

In Die Totschläger schlägt sich eine alte Oma mit den Unfreundlichkeiten herum, die in einer zerfallenden Welt mit dem Geldabheben verbunden sind.

 

Eine ganz nette Story, die um den Twist herumgescribbelt wurde. Aber letztlich ist sie auch ziemlich vorhersehbar und bietet außerhalb der Pointe zu wenig.

 

Wir nehmen euch mit! handelt vom ehemaligen Agenten Bennett Jameson, der verzweifelt versucht, vor seinen alten Arbeitgebern zu fliehen. Denn Jameson kann sein Bewusstsein in andere Körper springen lassen. Was als coole Spionage-Idee begann, soll nun tödlich für den Agenten enden, doch so leicht will er sich nicht fangen lassen …

 

Die Plotidee ist gut, nur leider hört die Geschichte genau in dem Augenblick auf, wo der eigentliche Stoff losgeht. Schade.

 

Himmel- und Hölleklischees bilden die Grundlage von Die Hölle liegt gleich nebenan. Da der US-Präsident verstarb, ohne vorher die geänderten Abschusscodes der Atomraketen weitergeben zu können, schickt man Spezialagenten ins Jenseits, um den Verstorbenen vor Ort zu befragen …

 

Eine Klassische McGuffin-Story im christlichen Umfeld. Vielleicht für Anhänger der entsprechenden Religion spannend und lustig.

 

Auch in Mensch² setzt sich Uwe Hermann eher konservativ mit seinem Thema auseinander.

Nachdem eine durch Implantaten aufgewertete Frau in sein Leben stürzte und wieder verschwindet, lässt sich der Ich-Erzähler von der führenden Implantatfirma als Testperson einstellen und gerät in die gierigen Hände der Maschinerie …

 

Eine Geschichte ohne Höhepunkte oder besonderem Reiz.

 

Dafür entschädigt aber bereits die nächste Story mehr als genug. Mit Das Amt für versäumte Ausgaben liefert Hermann eine sehr schöne Hommage an Douglas Adams.

Im Innern der Erde sorgen die mausähnlichen Quirls für den ordentlichen Ablauf im Universum. Doch warum erscheinen plötzlich 42 Menschen in der geregelten Welt des Ordnungssympatisanten Knoll?

 

Treffende Persiflage auf Bürokratie im Kontext von Adams Anhalter-Universum. Ebenso schräg nur nicht ganz so dicht erzählt. Gerade mit den Menschen-Figuren hätte man vielleicht noch mehr machen können.

 

Die letzte Geschichte bildet zugleich den Höhepunkt des Bandes. Versuchsreihe 13 – Die Infektion wurde zu Recht für den KLP nominiert.

Florian Richter und Dr. Erik Siegmann bilden ein ganz besonderes Ermittlerteam der Hamburger Polizei. Mittels Nanobots reanimieren sie Ermordete für wenige Sekunden, um so dem Täter auf die Spur zu kommen. Doch ihr neuester Fall verstrickt sie in politische Intrigen und führt in das Herz der Nanniten-Entwicklung …

 

Uwe Herman gelingt hier eine perfekte Verbindung von SF-Background, Figuren und rasantem Thriller. Dabei spielt es keine Rolle, wie realistisch die beschriebene Polizeiarbeit wirkt, vielmehr vermittelt sie den treibenden Beat einer zukünftigen Elbmetropole.

 

Für das Cover zeichnet Verleger Ernst Wurdack verantwortlich und bietet einen mehr als angemessenen Rahmen für den Kurzgeschichtenband.

 

Fazit:

Mit »Das Amt für versäumte Ausgaben« gewährt Uwe Hermann einen kurzweiligen Einblick in sein phantastisches Kurzgeschichtenschaffen. Die Qualität schwankt dabei zwischen herausragend und eher bekannten Versatzstoffen, besticht aber stets durch eine klare und humorvolle Sprache. Möge sich die geneigte Leserschaft selbst darüber ein Urteil bilden, ob die zehn Geschichten zum Grinsen oder wenigstens zum Grübeln sind.

Nach oben

Buch:

Das Amt für versäumte Ausgaben

Reihe: Kurzgeschichten Band 4

Autor: Uwe Hermann

Vorwort: Uwe Post

Taschenbuch: 244 Seiten

CreateSpace, 26. November 2015

Cover: Ernst Wurdack

Inhalt:<typolist>

Das Gasthaus am Ende der Dimensionen

Abgehoben

Der heilige Wasserabsperrhahn

Der Valentino-Exploit (Co-Autor: Uwe Post)

Die Totschläger

Wir nehmen euch mit!

Die Hölle liegt gleich nebenan

Mensch²

Das Amt für versäumte Ausgaben

Versuchsreihe 13 – Die Infektion

</typolist>ISBN-10: 1517552109

ISBN-13: 978-1517552107

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B016YFWQOC

 

Erhältlich bei: Amazon

, zuletzt aktualisiert: 10.03.2024 18:58