Das dunkle Herz von London (Autor: Kenneth Cameron)
 
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Das dunkle Herz von London von Kenneth Cameron

Rezension von Carina Schöning

 

„Das dunkle Herz von London“ ist der erste ins Deutsche übersetzte Roman des amerikanischen Autors und ehemaligen Navy-Geheimdienstoffiziers Kenneth Cameron.

 

London 1900, nur wenige Jahren sind vergangen seitdem der bekannte Serienmörder Jack the Ripper in den dunklen Straßen von London scheinbar seine blutige Mordserie beendet hat, doch in den Köpfen der Menschen spuken seine Taten immer noch herum. In dem heruntergekommenen Elendsviertel Minories ist wieder ein grauenerregender Mord geschehen und schnell werden die Erinnerungen an Jack the Ripper wieder wach. Doch ist es diesmal wieder der gleiche Mörder, oder hat sich doch ein perverser Nachahmungstäter gefunden? Die Londoner Kriminalpolizei tappt anfangs im Dunklen und schnell wird ein betrunkener Afroamerikaner für die Tat verantwortlich gemacht und unter Folter zu einem Geständnis gezwungen.

Zur gleichen Zeit bekommt der ehemalige US Marschall und jetziger Roman-Autor Denton ungewöhnlichen Besuch. Mulcahy, wie sich der Mann selbst nennt, hat schier unglaubliches zu berichten. Er war während seiner Kindheit und Jugend in Ilkley mit dem unbekannten Serienmörder höchstpersönlich befreundet gewesen und musste hautnah miterleben wie sein angeblicher Freund ein Mädchen gleichzeitig vergewaltigt und mit einem Taschenmesser aufgeschlitzt hat. Denton ist anfangs von diesen Neuigkeiten geschockt, doch später kommen ihm Zweifel an der Geschichte. Vielleicht ist der verängstigte Mann nur ein weiterer Spinner, der durch diese typisch englische Ripper-Manie auffallen will? Als Denton dann jedoch die Nachricht von dem Mord in den Minories erfährt, ist der ehrgeizige Schriftsteller doch von Mulcahys wirrer Theorie überzeugt. Unabhängig von der Kriminalpolizei stellt er selbst Nachforschungen an und gerät dadurch in den Fokus des Mörders.

 

„Das dunkle Herz von London“ ist ein wenig spannender historischer Kriminal-Roman mit seltsamem Humor. Der amerikanische Autor versucht hier einen schrulligen Möchtegern-Detektiv mit der durchaus spannenden Ripper-Thematik zu verbinden, was leider in der Umsetzung nicht besonders gut gelingt. Vor dem Hintergrund des steifen viktorianischen Englands gehört der mäßig erfolgreiche Schriftsteller Denton aufgrund seiner amerikanischen Abstammung und seines Berufes weder zur herrschenden Oberschicht, noch zu arbeitenden Mittelschicht. Er verdingt sich mehr schlecht als recht mit Geschichten aus seiner alten Heimat und ist immer noch dabei den frühen Selbstmord seiner Ehefrau zu verarbeiten. Traumatisiert und voller Selbsthass und Zweifel, stochert der gescheiterte Held nun hier und da ein wenig rum, interpretiert die Beweise auf seiner Art und verliert sich letztendlich in wirren Verschwörungstheorien bis er auf die Hintergründe zu dem Mord stößt. Die Handlung plätschert dabei munter vor sich hin und selbst, wenn man die damaligen Zustände zu dieser Zeit beachtet, sind seine Nachforschungen wenig logisch oder durchdacht. Statt klare Logik herrscht hier munteres Rätselraten oder aber der tragische Held stößt mal zufällig auf die richtige Spur. Störend sind hier auch die seitenlangen Diskussionen von Denton mit seinem persönlichen Diener, Hausarzt oder auch Verleger über unwichtige Dinge, die die Handlung kaum voran bringen und eher als Füllmaterial wirken. Zudem sind einige Szenen auch schlecht oder zu knapp beschrieben, während andere dann wiederum durchaus lebendig und bildlich wirken. Auch die Figuren sind entsprechend unterschiedlich beschrieben. Einige durchaus ansprechend, andere wiederum blasse Abziehbilder von Stereotypen wie der schlecht gelaunte Polizeichef oder auch die wohlgenährte Puffmutter. Einen bleibenden Eindruck hinterlassen Figuren und Handlung so jedenfalls nicht und auch die abrupte Auflösung am Schluss wirkt nicht wirklich nachvollziehbar. Man muss dem amerikanischen Autor jedoch zu gute halten, dass der Roman zumindest sprachlich gelungen ist. Viele Anspielungen auf die damals zeitgenössischen Autoren wie Oscar Wilde oder Edgar Allan Poe lassen zumindest ein wenig Atmosphäre aufkommen, auch wenn dann das Endergebnis nicht voll überzeugen kann.

 

Insgesamt ist „Das dunkle Herz von London“ ein wenig spannender historischer Kriminal-Roman mit einigen guten Ansätzen, aber einer schlechten Umsetzung. Wer mit einem unsympathischen Schriftsteller zwischen Selbsthass und Schreibblockade mitfühlen kann, mag hier vielleicht einen kurzen Blick riskieren.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240329030656d29ea8f7
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Roman:

Das dunkle Herz von London

Autor Kenneth Cameron

Original: „The Frightened Man“, 2008

Übersetzer: Marcus Ingendaay

Goldmann Verlag, 13. Juli 2009

Taschenbuch, 350 Seiten

 

ISBN-10: 3442469694

ISBN-13: 978-3442469697

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 18.04.2010, zuletzt aktualisiert: 17.04.2023 20:56, 10345