Das Grab des Oliver Raymonds (Die Morde des Émile Poiret 4)
 
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Das Grab des Oliver Raymonds

Reihe: Die Morde des Émile Poiret 4

Hörspiel

Rezension von Oliver Kotowski

 

Rezension:

Vor Wut schnaubend kommt Moira Temple nach Hamingstead Hall. Was mag sich ihre senile Mutter wohl dabei gedacht haben, sie mitten in der Nacht zu rufen? Butler Gregory informiert Moira, dass die anderen – ihre jüngere Schwester April und ihr Bruder Anthony – schon eingetroffen sind. Es fehle nur noch Émile Poiret, der Meisterdetektiv. Moira echauffiert sich darüber, dass ihre verblödete Mutter einen Ausländer, noch dazu einen Franzosen – einen Belgier, wie Gregory richtigstellt – in die Familienangelegenheiten einweiht. Doch als die ungehaltene Dame erfährt, dass es um das Grab des Oliver Raymonds gehe, da erbleicht sie. Unterdessen lässt sich Poiret von Otis, Butler, Chauffeur und Assistent in einem, zum Anwesen fahren. Er glaubt keineswegs, dass Lady Hamingstead schwachsinnig ist, vermutet aber, dass es durchaus gefährlich werden könnte, wenn das Rätsel um jenes übel beleumdete Grab gelöst werden soll.

 

Mit Das Grab des Oliver Raymonds geht die Reihe in die vierte Runde und bietet eine neue, aber wie immer eigenwillige Mischung. Dieses Mal steht im Kern eine Rätselgeschichte: Oliver Raymonds war ein berüchtigter Freibeuter, der nach Piratenart gewaltige Schätze versteckt haben soll. Sein Grab enthält den Schlüssel, der zu den Schätzen führt, doch vorher gilt es ein Rätsel zu lösen. Damit verknüpft sind ein bis zwei Kriminalgeschichten – es ist nicht ganz klar, inwiefern die beiden Geschichten zusammenhängen. Zum einen scheint auf dem Grab des Freibeuters ein Fluch zu liegen – wer immer sein Rätsel lüften will, der stirbt. Es sind schon drei Söhne der Lady Hamingstead gestorben. Außerdem scheint sich der 'Fluch' auszuweiten – eine Angestellte von Moira Temple, die nicht einmal im Anwesen lebt, ist gerade ermordet worden.

Leider geht das Konzept der Geschichte nicht auf. Die Rätselgeschichte verwendet nur ein einzelnes Rätsel, das zudem bekannt sein kann, wenn man sich mit der Geschichte von Rätseln ein wenig auskennt. Kennt man es nicht, wird der Hörer kaum mitraten können. Schlimmer wird es aber bei den hineinspielenden Krimis, denn in beiden bleiben Punkte ungeklärt oder sind gar ungereimt. Die Motivationen einiger Figuren bleiben im Dunkeln, müssen aber recht bizarr sein. Auch das Verhalten der Figuren ist eher bizarr: Während die eine Mord-Reihe als Kapitalverbrechen gewertet wird, das nur ein verkommener Charakter begehen kann, wird die andere als Kavaliersdelikt gehandhabt, ein grober Unfug, der in Zukunft zu unterlassen ist.

Die Elemente des Cozy-Crime spielen dieses Mal eine untergeordnete Rolle: Es gibt zwar wieder ein rustikales Anwesen, aber das wird kaum beschrieben, Poirets Figur wird nicht weiterentwickelt und seine exzentrischen Eigenheiten auf ein angenehmes Maß zurückgefahren; die anderen Figuren bleiben aber leider recht blass.

 

Bei den Sprechern sind wieder drei Stammsprecher dabei: natürlich Peter Buchholz (Erzähler) und Donald Arthur (Émile Poiret) und als dritter Andreas von der Meden (Otis). Alle drei sind Hörspiel-Veteranen, an deren Performanz gibt es nie viel zu kritteln. Wohl aber sind mir dieses Mal zwei Dinge aufgefallen. Zum einen verspricht sich Arthur/Poiret mehrfach. Ich nehme an, das soll noch weiter den Umstand unterstreichen, dass Poiret Ausländer ist – aber wirkt es nicht seltsam, dass der hochintelligente Meisterdetektiv, der vor Jahren nach England auswanderte, nur unzureichend Englisch spricht? Auf der anderen Seite hat von der Meden hier etwas mehr Raum und vor allem mehr Spielraum erhalten und diesen sehr vorteilhaft nutzen können – man mag ihn öfters weiter in den Vordergrund stellen.

Bei den verbliebenen fünf Sprechern gibt es eine kleine Merkwürdigkeit – es gibt ein kleines Larry Brent-'Revival': Ingeborg Christiansen, Pia Werfel und Peter Weis hatten alle in verschiedenen Rollen mit X-Ray-3 zu tun bekommen. Die Drei sind ebenfalls echte Veteranen und oft zu hören gewesen: Die drei ???, TKKG und natürlich in allen möglichen Maritim-Hörspielen; Werfel und Weis hatten etwa eine Rolle in Sherlock Holmes – Die verschleierte Mieterin. Die beiden verbliebenen sind mir in letzter Zeit als 'Paar' begegnet: Thomas Karallus und Christine Pappert. Ist hier die Fernsehserie King of Queens ausschlaggebend, in der die beiden die Hauptfiguren Doug und Carrie synchronisieren, oder ist es die Top Secret-Reihe, in der sie die Agenten Rawleigh und Morgrave sprechen? Dabei können die beiden durchaus einzeln auftreten, wie etwa Karallus in Die verschleierte Mieterin oder Pappert in Professor Zamorra. Gleichwie, an der Leistung der Gastsprecher gibt es nichts auszusetzen.

 

An der Inszenierung hat sich nichts geändert – sie ist eher altmodisch mit einem Erzähler und unterstützender Geräusch- bzw. Musikkulisse; beides passt wiederum gut zur Story. Dennoch will ich an dieser Stelle eine Kritik anbringen: Wirklich Schockierendes wirkt schockierender, wenn es nicht lange vorher angekündigt wird. Darum kündigt man eine Trauerbotschaft mit Worten wie "Ich habe Euch etwas Trauriges mitzuteilen" oder dergleichen an. So wird der Adressat durch die Vorbereitung geschont. Ob das Schonen des Hörers nun die richtige Taktik ist, um Spannung zu erzeugen, scheint mir doch sehr zweifelhaft.

 

Fazit:

Der Meisterdetektiv Èmile Poiret wird von der betagten Matriarchin der Hamingsteads gerufen, um das Rätsel des Grabes Oliver Raymonds' zu lösen, und muss sich gleich noch mit zwei blutigen Mordreihen befassen. Das Grab des Oliver Raymonds ist eine eher zahnlose Mischung aus Rätselgeschichte und klassischem Krimi – leider verpuffen so die guten Leistungen der Sprecher.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240328163608ed9a47bc
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Hörspiel:

Das Grab des Oliver Raymonds

Reihe: Die Morde des Émile Poiret 4

Buch: Ascan von Bargen

Label: Maritim

Erschienen: Oktober 2009

Umfang: 1 CD, ca. 59 min.

ISBN-10: 3867142092

ISBN-13: 978-3867142090

Erhältlich bei: Amazon

 

Sprecher (Auswahl):

 

Peter Buchholz

Donald Arthur

Andreas von der Meden

Ingeborg Christiansen

Pia Werfel

Peter Weis

Thomas Karallus

Christine Pappert

 


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Erstellt: 22.11.2009, zuletzt aktualisiert: 14.02.2024 18:17, 9599