Das Königskind (Autor: Robert Merle)
 
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Das Königskind von Robert Merle

Rezension von Ralf Steinberg

 

Klappentext:

Fortune de France - Schicksal Frankreichs: König Henri Quatre ist ermordet, und schon ist sein großes Werk, die Toleranz zwischen Katholiken und Protestanten, in Gefahr. Sein kleiner Sohn, gerade neun Jahre alt, wird beargwöhnt, isoliert, bespitzelt von der eigenen Mutter, der machtgierigen Maria von Medici, und ihrem italienischen Günstling Concini. Robert Merle, der den Wortlaut des Edikts von Nantes ebenso gut kennt wie die Dessous einer Hofdame, erzählt die dramatische Jugend Ludwigs XIII. Sieben Jahre braucht er - und verschwiegene Freunde wie seinen Ersten Kammerherrn Pierre-Emmanuel de Siorac - bis er durch einen Staatsstreich endlich König wird.

 

Rezension:

Im zweiten Teil der Erinnerungen von Pierre-Emanuel de Siorac geht es in erster Linie um die Darstellung Ludwig XIII. Vom umsorgten Dauphin, der nach dem Mord an seinem Vater Henri Quatre unter der ungeliebten Regentschaft seiner Mutter Maria von Medici, qualvolle Jahre der Unmündigkeit durchstehen muss, während sein Land von spanischen und päpstlichen Getreuen geplündert wird, etwa durch Concino Concini, Marqis D'Ancre, der durch Maria in allem gefördert wird.

Das Fehlen eines starken Sovereigns führt zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen, als die übrigen großen Fürsten Frankreichs versuchen, die Gunst der Stunde zu nutzen, um selbst der Krone näher zu rücken.

Pierre-Emanuel kann sich durch Zufall in den Staatsdienst einkaufen und als ein Erster Kammerherr seinem größten Wunsch nachgehen, nämlich Ludwig zu dienen. Als einer der wenigen Königstreuen in der Umgebung des Monarchen, der in Reims gekrönt wird, muss sich Pierre-Emanuel äußerst vorsichtig bewegen, um nicht in die Schusslinie der anderen Parteien zu gelangen.

Auf der anderen Seite zieht ihn die Liebe zu Ulrike von Lichtenberg in beständige Herzensnöte.

Robert Merle verfolgt das Erwachsenwerden der beiden Jungen mit großer Sympathie und Leidenschaft. Eingebunden in einen barock überfüllten Hintergrund voller geschichtlicher Details, von einfachen Dingen wie die Verwendung von Haushaltsgeräten bis hin zur politischen Analyse, geht Merle seiner Mission nach, ein lebendiges und buntes Frankreich zu präsentieren, wie es sich zu Beginn der absoluten Monarchie zeigte.

Dabei richtet er sein Augenmerk auf die psychologischen Motive seiner Figuren gleichermaßen, wie er ihre gesellschaftlichen Bezüge berücksichtigt.

So untersucht er etwa Marias Unvermögen, den Staat zu lenken ebenso, wie die frühe Verstohlenheit Ludwigs, mit der er seine Machtübernahme plant und inszeniert. Dabei glänzt Merle mit erstaunlichen Perspektiven.

Die spanische Doppelhochzeit erscheint bei ihm nicht nur als politisches Kalkül, sondern auch als fürchterliche Demütigung für Ludwig, der seine geliebte Schwester an den Erbfeind verliert. Maria als Mutter beider, stellt Merle in ihrer Kühle dar und betont ihre Unfähigkeit zu lieben als eine jener Umstände, die Ludwigs Charakter formten.

Damit wird Das Königskind zu einer eindrucksvollen Persönlichkeitstudie jenes Monarchen, den wir aus den Drei Musketieren so ganz anders in Erinnerung haben. Auch über Richelieu erfahren wir näheres. Wie er sich vom geschickten Redner und spanienfreundlichen Kleriker der letzten Generalstände zum klugen Wendehals entwickelt, der als heimlicher Beobachter Ludwigs in den Dienst als Berater der gestürzten Königinmutter tritt.

Die Fülle an Persönlichkeiten, Orte und Ereignissen bilden bei Merle eine sehr lesenswerte Einheit, die im Gegensatz zum Vorgänger Der wilde Tanz der Seidenröcke, stimmungsvoller und vor allem überzeugender ist, da Merle nun auch Erklärungen für die fast hündische Ergebenheiten Sioracs seinem König gegenüber liefert.

 

Fazit:

Ohne Zweifel ist "Das Königskind" ein besonderes Glanzstück innerhalb der Fortune de France. Neben einer gleich bleibend niveauvollen Sprache, reich bebilderten und vielfältigen Hintergründen offeriert Robert Merle ein faszinierendes Portrait Ludwig XIII.

 

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Titel:

Das Königskind

Original: L’Enfant-Roi, 1993

Übersetzerin: Christel Gersch

Erschienen: Aufbau Taschenbuch Verlag, 1998

Broschur, 478 Seiten,

ISBN: 3746612179

Erhältlich bei Amazon


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Erstellt: 24.04.2006, zuletzt aktualisiert: 18.04.2024 09:19, 2126