Das Relikt der Macht von Hans Kneifel
Reihe: Atlan:Illochim-Trilogie, Bd. 3
Rezension von Christel Scheja
Hans Kneifel ist einer der Autoren, die Atlan als eine der zentralen Figuren des Perry Rhodan Universums schon seit den 1960ger Jahren maßgeblich mitgestaltet haben. Er hat wie kein anderer die Vergangenheit des unsterblichen Arkoniden mit Leben erfüllt und in unzähligen „Zeitabenteuern“ seine Erlebnisse auf der Erde zwischen dem 8. Jahrtausend vor unserer Zeit und dem Aufeinandertreffen mit dem Erben des Universums geschildert.
Zu den Details, die er im Laufe der Zeit geprägt hat, gehört einmal die zynische Art Atlans das Leben zu betrachten, es aber auf der anderen Seite dennoch in vollen Zügen und ohne schlechtes Gewissen zu genießen. Man wird sich an den Filmhelden James Bond in der Darstellung von Sean Connery erinnert fühlen und liegt damit nicht einmal so falsch.
Ein wenig davon kommt auch in „Das Relikt der Macht“, dem ersten Band der „Illochim“-Trilogie zum Tragen. Atlan erholt sich von seinen letzten Einsätzen in Quinto-Center und lässt Gott einen guten Mann sein, als ihn eine Nachricht von Homer G. Adams erreicht – dem Finanzgenie der Terraner und ältesten Weggefährten Perry Rhodans. Dieser bittet ihn bei einem sehr heiklen Problem um Hilfe.
Noch ist nicht an die breite Öffentlichkeit gedrungen, dass in Terrania heftige Unruhen toben. Die Bewohner eines Viertels an der Throra-Road proben den Aufstand, nachdem sie erfahren haben, dass die baufälligen Häuser abgerissen und durch ein hypermodernes Zentrum für die Oberklasse ersetzt werden wollen. Zwar hat man schon versucht, die Männer, Frauen und Kinder in ein anderes Viertel und wesentlich besser ausgestattete Wohnungen umzusiedeln, aber sie sehen es nicht ein, sich entwurzeln zu lassen.
Und nun hat die besonders mächtige Gruppe MEINLEID auch noch damit begonnen, Terror in andere Stadtteile zu tragen. Von Bombenattentaten und sogar einen Angriff auf ihn ist die Rede. Trotzdem will Homer G. Adams keine Militärgewalt einsetzen, denn das würde zu viel Aufsehen erregen und auch in der Galaxis für Unruhe sorgen.
Statt dessen hofft er, dass Agenten der USO einen Weg finden werden, um die charismatischen Anführer der Unruhen zur Einsicht zu bewegen oder verschwinden zu lassen, wenn Diplomatie oder anderes keine Wirkung zeigt.
Atlan nimmt den Auftrag selbst an und begibt sich maskiert zur Erde. Dort angekommen macht ihn Adams mit Tristan Li, einem der ranghöheren Aktivisten von MEINLEID bekannt, dem das Vorgehen seiner Mitstreiter zu radikal geworden ist und der sich als Mittelsmann zur Verfügung gestellt hat.
Durch seine Hilfe und Unterstützung findet Atlan heraus, dass viel mehr hinter der ganzen Sache steckt als ursprünglich gedacht. Denn nicht wenige der Anführer des Aufstandes besitzen ihren Einfluss und ihr Charisma durch ein uraltes Artefakt, dass sie in den Tiefen ihres Stadtviertels gefunden haben.
Die Suche nach den Ursachen und der Wunsch das Geheimnis um die muschelartigen Sarkophage zu lösen, bringen Atlan schließlich selbst in tödliche Gefahr...
Wenn man schon etwas älter ist fühlt man sich bei der Schilderung der Aufständischen sehr stark an die Hausbesetzerszene in Berlin-Kreuzberg oder Hamburg Ende der 1970ger Jahre erinnert. Vermutlich hat sich Hans Kneifel auch an den damaligen Bildern und Schilderungen orientiert, denn einige Parolen sind 1:1 übernommen worden.
Dadurch kommt der Roman nicht ganz so wie erwartet in Fahrt. Über ein Drittel der Geschichte vergeht mit Geplänkel auf verschiedenen Handlungsebenen, ehe sich Atlan endlich auf die Erde und mitten ins Geschehen begibt. Aber selbst da fehlt der Schwung der Vorgängerromane.
Anstatt auf Action und Kämpfe setzt Kneifel eher auf ein detektivisches Verwirrspiel, das Atlan schließlich auf die Spur der Artefakte führt, die selbst für ihn neu und fremdartig sind. Um so interessanter ist es zu Lesen, wie Atlan unbedingt das Rätsel um die Sarkophage und Figuren lösen möchte, die er und seine Agenten schließlich bergen. Doch leider unterschätzt er gerade am Ende die Macht, die den uralten Stücken innewohnt.
Und genau das stellt die Weichen für die weiteren Bände des Zyklus.
Der erste Band des „Illochim“-Zyklus ist vielleicht nicht eines von Hans Kneifels Meisterwerken, aber er bringt dort die Dinge ein, die man in seinen Romanen aus dem Perry-Rhodan-Universum so schätzen gelernt hat - eine süffisant erzählte Handlung, in die immer wieder geschichtliche Hintergründe eingeflochten werden, ein spannendes Abenteuer, dass zwar etwas ärmer an Action ist, als man von ihm und anderen Perry Rhodan-Autoren gewohnt ist aber längst nicht so sperrig und schwer verdaulich wie seine historischen Romane.
„Das Relikt der Macht“ kann die Qualität seiner Vorgängerromane problemlos halten. Hans Kneifel schildert den unsterblichen Arkoniden so wie ihn vor allem die älteren Leser kennen und weiß auch mit weniger Action als üblich in den Bann zu schlagen und neugierig auf die Fortsetzung zu machen.