Das Tibetprojekt (Autor: Tom Kahn)
 
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Das Tibetprojekt von Tom Kahn

Rezension von Björn Backes

 

Free Tibet! Die Popularität dieses Slogans nimmt mittlerweile Ausmaße an, die jeden kleineren Staat in die Knie zwingen sollte. Die Himalaya-Nation gilt als Vorzeigebeispiel für die unrechtmäßige Unterdrückung einer größeren Macht, in diesem Fall China, und gleichzeitig als Sympathieträger der westlichen Welt. An ihrer Spitze, der kontroverse, aber kaum minder beliebte Dalai Lama, seines Zeichens Botschafter des Friedens in Fernost, insbesondere in Europa, wo die Führungsperson der buddhistischen Welt in letzter Zeit kontinuierlich zu Gast ist. Nun droht aber die bittere Revolution: Tom Kahn, Autor von „Das Tibetprojekt“ stellt die Religion als solche in die Ecke und konstruiert eine Verschwörungstheorie, die den Dalai Lama auf nahezu die gleiche Stufe stellt wie das SS-Regime. Provokation oder gut recherchierter Tatsachenbericht? Das soll hier aufgeklärt werden.

 

 

Inhalt:

Der Mord eines deutschen Historik-Professors wirft ein großes Schandmal auf den anstehenden Besuch der deutschen Regierungsspitze auf chinesischem Terrain. Um einem Eklat vorzubeugen, wird der chinesische Geheimdienst auf die Sache angesetzt und darauf eingeschossen, den außergewöhnlichen Geschichtsforscher Dr. Decker für die Ermittlungen zu gewinnen. Decker ist verzückt von der hübschen Agentin und lässt sich bereitwillig auf die Fernost-Expedition ein, ohne jedoch überhaupt nur den Ansatz der Tragweite seiner Unternehmung zu erkennen. Alsbald wird er in einem Intrigensumpf rund um die buddhistische Religion hineingezogen, dessen Spuren bis ins Dritte Reich in persona Heinrich Himmler zurückreichen, den Mossad streifen, die Herkunft des Dalai Lama in Frage stellen und die böse Seite des tibetischen Glaubens aufdecken. Decker und seine neue Komplizin sind verblüfft von den wissenschaftlichen Errungenschaften ihrer Analysen, wissen aber gleichzeitig, dass sie sich auf ein gefährliches Spiel einlassen. Im Hintergrund agiert nämlich nach wie vor eine Geheimorganisation, die das fürchterliche Treiben der vergangenen Jahrzehnte zu verhüllen versucht – und das mit allen Mitteln.

 

 

Rezension:

Tom Kahn wagt in seinem neuen Thriller eine ganze Menge. Fraglos ist der Stoff, auf dem die Story basiert gut recherchiert und voll gestopft mit brisantem Hintergrundwissen, jedoch holt der Mann mitunter etwas zu weit aus, um seine Verschwörungstheorie um die Religion in Ostasien in Szene zu setzen. Die Geschichte beginnt sehr brisant und temporeich, benötigt zwar einige Zeit, bis man mit den führenden Charakteren sympathisiert, kommt aber dennoch richtig gut in Schwung und etabliert sich auf den ersten 100 Seiten zu einem durch und durch mitreißenden Thriller. Im Anschluss jedoch ist Kahn zu sehr damit beschäftigt, sein Fachwissen auszubreiten und die Story mit unzähligen philosophischen Ansätzen zu unterwandern. Es gibt eine Reihe von tiefgründigen Einblicken in die Historie des Buddhismus, beginnend bei den ersten Anfeindungen über die Konflikte zwischen den Lamas bis hin zur akuten Entwicklung in diesem Sektor, dies alles sehr fundiert aufgearbeitet und unterhaltsam dargestellt. Das Problem nur: Diese Inhalte werden nur sehr ruckartig in die Handlung eingebunden und trotz ihrer offenkundigen Ungeheuerlichkeit oftmals separat abgearbeitet. Decker und seine Gefährtin stellen Kontakte mit hochrangigen Personen im Vatikan und in einzelnen Regierungen her und erfahren plötzlich unter Druck Dinge, die nicht einmal in ihren dunkelsten Träumen Erwähnung gefunden hätten, doch abgesehen davon, dass sie anhand der neuen Erkenntnisse von Schauplatz zu Schauplatz hangeln, laufen Infotainment, Verschwörung und die eigentliche Thriller-Action immer wieder aneinander vorbei.

 

In diesem Zusammenhang wirkt auch die unterdrückte Liebschaft der beiden Hauptakteure weniger glaubwürdig, geschweige denn in irgendeiner Form angebracht, da es kaum sinnvoll scheint, ein solch gewagtes Thema anzugehen, und dabei einen Funken von verschlossener Erotik in die Geschichte einzubringen. Dies mag jetzt gravierender klingen, als es tatsächlich ist, aber es ist eben auch einer dieser unstimmigen Punkte, mit denen man die Spannung zu forcieren versucht, die aber nicht so recht in die Stringenz der Story eingeflochten werden können.

Auf den Punkt gebracht sind die Stränge einfach nicht fließend miteinander verwoben worden. Für sich betrachtet sind Kahns Ausführungen sicherlich sehr gut, mitunter sogar brillant, aber insgesamt etwas hüftsteif inszeniert. Daran zerbricht an manchen Stellen leider auch ein sehr interessanter, aber insgesamt nur selten begeisternder Roman, der inhaltlich wie erzähltechnisch deutlich hinter seinem Potenzial zurückbleibt.

 

 

Fazit:

“Das Tibetprojekt“ startet mit großen Ambitionen, kann sich aber im Rahmen der Erzählung nicht durchringen, wissenschaftliche Abhandlung oder doch Thriller-Handlung zu sein. Die Vermischung der beiden Extreme läuft dementsprechend nicht wirklich harmonisch ab und konstruiert schließlich einen Plot, der hinter seinen großen Hoffnungen ein ganzes Stück zurückbleibt.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240419121836799acb1f
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Das Tibetprojekt

Autor: Tom Kahn

Broschiert: 400 Seiten

Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG (1. Februar 2009)

Sprache: Deutsch

ISBN-10: 3423211199

ISBN-13: 978-3423211192

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 27.03.2009, zuletzt aktualisiert: 12.04.2024 09:51, 8486