Das Verschwinden der Lady Carfax (Sherlock Holmes 45)
 
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Das Verschwinden der Lady Carfax

Reihe: Sherlock Holmes 45

Hörspiel

Rezension von Oliver Kotowski

 

Rezension:

Nach einem Blick auf Dr. Watsons Stiefel und einer verwirrenden Bemerkung zu dessen Badegewohnheiten wendet Holmes sich einem neuen Fall zu: Die alte Gouvernante und Vertraute der Lady Francis Carfax hatte regelmäßig Briefe von ihrem ehemaligen Zögling erhalten, doch diese sind jetzt schon seit einiger Weile ausgeblieben. Ein paar schnelle Ermittlungen von Holmes ergeben, dass Lady Carfax eine alte Jungfer von mittlerweile knapp vierzig Jahren, aber immer noch attraktiv ist. Sie stammt zwar aus einem verarmten Zweig der illustren Familie, doch befindet sich wertvoller Schmuck in ihrem Besitz. Holmes fand heraus, dass es zudem eine Unregelmäßigkeit bei der Kontoführung der Dame gibt: Statt der üblichen kleineren Geldbezüge wurde von einer Fremden vor einiger Zeit ein größerer Geldbetrag abgehoben und seither nichts mehr. Es scheint, als sei Lady Carfax verschwunden. Ist sie einem Verbrechen zum Opfer gefallen? Da Holmes selbst in London festsitzt, macht sich Watson alleine auf die Suche, zunächst ins schöne Lausanne am Genfersee, doch bald weiter ins deutsche Baden-Baden.

 

Das Verschwinden der Lady Carfax ist vom Plot her ein absolut gradliniger Krimi: Lady Carfax ist verschwunden, es gilt, sie aufzuspüren. Die Struktur gleicht einer Schnitzeljagd. Bei den Ermittlungen gibt es aber zwei ungewöhnliche Eigenheiten. Zum einen ist Dr. Watson zunächst alleine unterwegs (was allerdings gelegentlich auch in anderen Fällen vorkommt wie etwa in Der Hund der Baskervilles) und daraus folgt andererseits, dass die Ermittlungen recht dialoglastig sind – Holmes messerscharfe Beobachtungs- und Kombinationsgabe fehlt halt, was Watson eben durch 'Verhöre' zu ersetzen versucht. Damit gerät die für Holmes-Geschichten typische Spannungsquelle – das Staunen des Hörers über den Triumph der Ratio – ins Hintertreffen. Das dem Krimi inhärente Rätseln bleibt natürlich und rückt vielleicht sogar etwas weiter in den Vordergrund. Aufgrund von Watsons Naturell geraten auch die 'Action'-Elemente stärker ins Blickfeld – bei Zeiten nimmt das Geschehen die Züge eines Thrillers an. Befördert wird dieses durch eine entstehende Zeitknappheit – denn Holmes ist nur beratender Detektiv und kein Polizist; hier wird dem Rechnung getragen. Schließlich seien als Spannungsquelle noch ein paar humorige Kabbeleien zwischen Holmes und Watson genannt.

 

Bei den Sprechern fällt zweierlei auf: Zum einen ist die Anzahl für ein Holmes-Hörspiel verhältnismäßig hoch – elf werden angegeben – was bei der Dominanz von Holmes und dieses Mal besonders Watson, kombiniert mit der Laufzeit von ca. sechsundfünfzig Minuten, dazu führt, dass die anderen Sprecher jeweils nur wenige Zeilen zu sagen haben. Zum anderen tummeln sich viele bekannte Stimmen im Hörspiel: Holmes und Watson werden wie immer großartig von Christian Rode und Peter Groeger gesprochen. Der spröden Vermieterin der Baker Street 221B, Mrs. Hudson, verleiht Gisela Fritsch ihre Stimme. Fritsch hat eine (beinahe) dauerhafte Präsenz als Karla Kolumna in den Benjamin Blümchen- oder Bibi Blocksberg-Hörspielen. Da ich annehme, dass nicht alle Hörer diese beiden Reihen kennen, seien hier noch zwei weitere genannt: Auch in Die Morde des Émile Poiret und Jack Slaughter hat sie ihre Auftritte. Klaus Dittmann habe ich in letzter Zeit häufiger gehört – in der Hellboy-Reihe spricht er etwa den Dr. Manning. Hier indes sagt mir seine Interpretation des ruppigen britischen Adligen Sir Phillip Green nur bedingt zu – bisweilen klingt er mir zu affektiert. Thomas Karallus (die Synchronstimme von "Doug" aus King of Queens), sonst in Reihen wie Die Morde des Émile Poiret oder Top Secret zu hören, gibt hier einen namenlosen Hoteldirektor.

Doch es gibt auch Neulinge in Sachen Hörspiel. Zum einen will ich den Sprecher des jungen Kellners Jules Vibart aus der französischen Schweiz nennen: Jan Panczak, der mir bisher völlig unbekannt schien – er synchronisiert Kyle Broflovski aus South Park. Hinzu kommt, dass er Hans-Georg Panczaks Sohn ist. Wen kann es da noch überraschen, dass er seine Rolle einwandfrei spricht (und keineswegs wie Kyle klingt). Als Letztes will ich Anita Hopt nennen, die die junge Marie, die Zofe der verschwundenen Lady Carfax, gibt. Ihre leicht stockende Performanz als unsicher sprechende Schweizerin ist völlig überzeugend – bravo! Zwar hat Hopt schon die verschiedensten Dinge getan – sie ist Sängerin, Synchronsprecherin, Theaterschauspielerin etc. – doch wahrgenommen habe ich sie bisher nicht. Bleibt zu hoffen, dass sie bei den üblichen Verdächtigen der Hörspielszene ihre Auftritte bekommt, denn die Sternenschweif-Hörspiele, in denen sie häufig zu hören ist, werde ich mir nicht besorgen.

Alles in allem eine gute bis hervorragende Performanz der Sprecher sieht man von kleinen Schwächen ab.

 

An der Inszenierung hat sich wenig geändert: Sie ist wie immer recht konservativ mit Dr. Watson in der Funktion des Erzählers. Die Geräuschkulisse wird zurückhaltend zur Unterstreichung der Ereignisse verwendet. Etwas ungewöhnlicher ist dieses Mal die Musik geraten: Sie geht deutlich zur Orchestralmusik, ist lebhafter und wird meines Erachtens auch betonter eingesetzt.

 

Fazit:

Dr. Watson macht sich auf die Suche nach der verschwundenen Lady Carfax – zunächst alleine, da Holmes London nicht verlassen kann. Das Verschwinden der Lady Carfax weicht in mancherlei Aspekten leicht vom üblichen Duktus der Sherlock Holmes-Reihe von Maritim ab, doch dieser frische Wind tut dem Hörspiel gut. Zwar ist dieser Krimi kein Meisterstück des modernen Hörspiels, doch er lässt sich gut hören und lädt zum weiteren Verfolgen der Reihe ein.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240424031526d9980968
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Hörspiel:

Das Verschwinden der Lady Carfax

Reihe: Sherlock Holmes 45

Vorlage: Sir Arthur Conan Doyle

Produzent: Studio Maritim

Buch: Imke Noak

Label: Maritim

Erschienen: Februar 2010

Umfang: 1 CD, ca. 56 min

ASIN: 3867142602

Erhältlich bei: Amazon

 

Sprecher (Auswahl):

 

Christian Rode

Peter Groeger

Gisela Fritsch

Klaus Dittmann

Thomas Karallus

Anita Hopt

Jan Panczak


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Erstellt: 01.03.2010, zuletzt aktualisiert: 18.04.2024 19:24, 10110