Deadpool: Greatest Hits – Die Deadpool-Anthologie
 
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Deadpool: Greatest Hits – Die Deadpool-Anthologie

Rezension von Ingo Gatzer

 

Wir schreiben das Jahr 2024 und das Schmuddelkind Wade Wilson alias Deadpool hat es vom Bösewicht und Gegner diverser Superheroen über eine Rolle als Antiheld zum vermeintlichen Retter des sich ziemlich in Schieflage befindlichen Marvel Cinematic Universe – im Team-Up mit Wolverine – gebracht. Nicht nur, um auf diesen Film Lust zu machen, sondern vor allem um den unkorrekten Brutalo-Spaßvogel mit der großen Klappe zu ehren, hat Panini einen fetten Hardcover-Sammelband herausgebracht. Was bietet Deadpool: Greatest Hits – Die Deadpool-Anthologie alles und lohnt sich die Anschaffung?

 

Die Anthologie umfasst satte 348 Seiten und knapp ein Dutzend Deadpool-Abenteuer aus den Jahren 1991 bis 2018. Demensprechend hat Panini den Band gegenüber der letzten Auflage aus dem Jahr 2016 noch etwas erweitert. Zwischen den Geschichten finden sich ansprechende Texte, die die Entstehungsgeschichte von Deadpool, seine Entwicklung, Freunde, Feinde & Co kenntnisreich beleuchten. Hier können sowohl Neulinge als auch Hardcore-Fans vermutlich noch Neues erfahren. Dass sich Deadpool-Schöpfer Rob Liefeld vom DC-Killer Slade Wilson und Spider-Man inspirieren ließ, ist wenig überraschend. Dass allerdings der eher mäßige Film Twins eine entscheidende Inspiration für die Erschaffung des ›regenerierenden Degenerierten‹ war, dürfte weniger bekannt sein.

 

Nicht fehlen darf in der Anthologie natürlich der Anfangspunkt aus dem Jahr 1991, der passenderweise Der Anfang vom Ende (Teil 1) heißt. Deadpool-Erfinder Rob Liefeld ist hier für Story und Zeichnungen verantwortlich, während Fabian Nicieza nur die Dialoge kreiert. Zwar war Liefeld kein großartiger Zeichner – so wirkt die Mimik seiner Figuren etwas grobschlächtig und die Körper-Proportionen passen nicht immer. Allerdings ist seine Story action- und fantasiereich. Zudem setzt er mit Deadpools erstem Auftritt – bei dem (natürlich) Cable zunächst wenig zu lachen hat – ein fettes Ausrufezeichen. Die Dialoge wirken etwas hölzern und erinnern dabei an die eher weniger gelungenen Actioner der 80er. Dennoch weiß Deadpools Premiere auch heute noch zu gefallen. Zwar ist der Killer hier noch deutlich weniger verspielt und durchgeknallt. Seine Neigung zum Quasseln und Nerven seiner Gegner kommt aber bereits hier durch.

 

Danach folgt mit der Story Mit großer Kraft kommt großer Zufall ein frühes Highlight aus dem Jahr 1997. Wie der Titel schon erahnen lässt, versetzt Joe Kelly Deadpool – zusammen mit Althea – hier in die Vergangenheit von Comicheld Spider-Man. Dabei zieht der Autor den Comic-Klassiker aus den 1960ern genüßlich, aber doch liebevoll durch den Kakao. Wer (den) Spaß versteht und sich auch schon immer über die merkwürdigen Frisuren der Osbournes wunderte, kommt hier auf die Kosten. Dazu harmonieren die Zeichnungen von Pete Woods gut. Denn der wechselt immer wieder in den klassischen Stil der frühen Spider-Man-Comics, zu denen seine modernen Deadpool-Panels einen reizvollen Kontrast bilden.

 

Ende Gelände von Jimmy Palmiotti und Buddy Scalera aus dem Jahr 2001 ist dann ein zweiteiliges Aufeinandertreffen DER beiden Marvel-Antihelden schlechthin, nämlich Deadpool und Punisher. Dabei hat Letzterer zwar zunächst den cooleren Auftritt. Doch die Lacher hat dann doch Mister Wade auf seiner Seite. Den Reiz der Geschichte macht vor allem der Gegensatz zwischen den unterschiedlichen Temperamenten der zwei Killer und eine gute Portion schwarzer Humor aus. Zudem gibt es zahlreiche komische Anspielungen und eine gute Portion Wade-Wortwitz á la »Kein Grab ist nasser, als ein Meer voller Wassser« – mit bestem Dank an den Übersetzer Michael Strittmatter. Da lassen sich dann auch einige logische Schwächen verschmerzen. Die hervorragenden Zeichnungen von Georges Jeanty werten den Zweiteiler noch zusätzlich auf. Dabei wissen vor allem die dynamischen Actionsequenzen zu gefallen.

 

Fabian Nicieza war bereits zuvor in der Anthologie vertreten. In Klebrige Situationen aus dem Jahr 2006 darf er nun als vollwertiger Autor fungieren. Dabei kommen sich Deadpool und Spider-Man uns Gehege. Die Geschichte ist aber trotz der ansprechenden Bebilderung von Patrick Zirchner nur guter Durchschnitt und bleibt etwas unter ihren Möglichkeiten.

 

In Säbelzahn-Serenade (2008) muss Deadpool sich in das Wilde Land begeben. Das Ganze ist dank schöner Zeichnungen von Reilly Brown gut anzusehen und liefert auch einige lustige Durchbrechungen der vierten Wand – etwa wenn die Autoren Fabian Nicieza und Reilly Brown ihre Hauptfigur über das nächste Crossover-Comic sinnieren lassen.

 

Actionmäßig geht es aber erst im Folgeteil Symbiose Mitose richtig ab, für das hier offensichtlich vor allem die Vorbereitungen getroffen werden. Die Kombination von Dinosauriern mit außerirdischen Symbionten á la Venom sorgt für krachende Action, was in Verbindung mit den typischen Deadpool-Kommentaren für reichlich Spaß sorgt.

 

Der große Kinofilm (2010) von Duane Swierczynski ist eine kreative Möglichkeit, eine (alternative) Origin-Story von Deadpool zu erzählen und gehört schon deshalb in diese Sammlung – auch wenn die Zeichnungen von Leandro Fernandez nicht ganz an die Arbeit der Illustratoren der letzten Geschichten anknüpfen können. Damit es nicht die typische Herkunftsgeschichte eines Superhelden wird, liefert Swierczynski einige nette Spitzen gegen Autoren im Allgemeinen sowie Hollywood im Speziellen und liefert ein stimmiges emotionales Ende – was bei Deadpool ja eher die Ausnahme bildet.

 

In Headpool – ebenfalls aus dem Jahr 2010 – von Victor Gischler haben wir es nicht nur mit Deadpool, sondern auch mit der Quasselstrippe in (Zombie-)Kopfform zu tun. Nette Idee, auch wenn die Geschichte zu Ende ist, als sie – im letzten Panel – richtig interessant wird. Dafür können das Paneldesign und die ausdrucksstarke Charaktergestaltung von Paco Medina überzeugen.

 

Etwas enttäuschend ist Zerstörungslust (2010) von Rick Remender geraten. Die Story bietet zwar einige nette Seitenhiebe auf den American Way of Life. Allerdings gerät sie selbst für Deadpool-Verhältnisse zu albern und zeigt gleich in mehrfacher Hinsicht keinen Deadpool in Bestform. Auch die Zeichnungen von Jerome Opena sind nichts Besonders und reichen nicht an viele der Illustrationen in dieser Anthologie heran.

 

Gelungener ist da Der Preis stimmt (2011), in der es unser liebster Psycho-Söldner mit dem Wrecker zu tun bekommt. Daniel Way präsentiert hier eine Deadpool-Story mit – natürlich überzeichneter – moralischer Botschaft, ohne dass es zu aufgesetzt wirkt, vergisst dabei aber die Brachialkomik nicht. Bong Dazo liefert dazu die passenden Panels, die vor allem im Großformat wegen vieler toller Details zu gefallen wissen.

 

Wenn Wade Wilson schon einmal jemandem das Ja-Wort gibt, gehört das natürlich auch in diese Anthologie. Brian Posehn und Gerry Duggan sorgen in Die Hochzeit von Deadpool (2014) für reichlich Spaß und einige Knalleffekte. Leider erreichen die Zeichnungen von Mike Hawthorne kein Top-Niveau. Immerhin liefert er aber eine schöne visuelle Beatles-Referenz.

 

Last, but not least schickt Skotti Young den Söldner in der letzten Story aus dem Jahr 2019 auf die Jagd nach dem Freizeitpark-Maskottchen Zaggy Pig. Dabei kombiniert er eine recht lustige Geschichte mit einer guten Portion Emotion. Denn Wade Wilson ist bei der Hatz nicht allein, kann seine Begleiterin jedoch anders als das Lespublikum nicht einordnen. Dazu liefert Nic Klein gewohnt gute Zeichnungen.

 

Am Ende des Bandes hat Panini noch einen kleinen Bonus in petto. Dabei handelt es sich um eine Cover-Galerie. Diese hätte zwar gerne noch umfangreicher ausfallen dürfen, bietet aber dennoch einige Highlights. Dazu zählt etwa die Verballhornung der berühmten Kuss-Szene aus dem ersten Spider-Man-Film von Sam Raimi.

Fazit

»Deadpool: Greatest Hits – Die Deadpool-Anthologie« liefert reichlich gutes Zeug für Deadpool-Fans und alle, die es werden wollen. Die Zusammenstellung präsentiert den unverwüstlichen Wüstling überwiegend in Bestform und bietet eine XXL-Portion actiongeladender Komik zum überaus fairen Preis.

 

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Comic:

Deadpool: Greatest Hits – Die Deadpool-Anthologie

Original: The New Mutant 98, 1983; Deadpool 11, 54-55, 1997; Cable & Deadpool 24, 49-50; X-Men Origins: Deadpool 1, 2010; Prelude to Deadpool Corps 4, 2010; Deadpool 1000 (III), 2010; Deadpool 33.1, 2008; Deadpool 27 (I), 2012; Deadpool 8, 2018

Autoren: Rob Liefeld, Fabian Nicieza, Gerry Duggan, Joe Kelly und Skottie Young

Zeichner: Rob Liefeld, Bong Dazo, Paco Medina, Georges Jeanty und Nic Klein

gebundene Ausgabe, 348 Seiten

Panini, Juli 2024

 

ISBN-10: 3741636797

ISBN-13: 978-3741636790

 

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 09.08.2024, zuletzt aktualisiert: 21.08.2024 15:36, 23393