Rezension von Olaf Kieser
Rezension:
Das Reisen per Anhalter ist so eine Sache. Keiner der Beteiligten weiß mit absoluter Sicherheit, worauf er sich da einlässt. Dennoch entschließt sich der junge Jessy, der nach L.A. Will um Schauspieler zu werden, für diese Art des Reisens. Der Anfang ist jedoch alles andere als ermutigend. Knapp kann er einem garstigen Trucker-Lüstling entkommen und strandet so in der Wüste. Dort trifft Jessy nach einigem Warten auf eine Gruppe von fünf jungen Studenten, die in einer abgelegenen, verlassenen Mission ein wildes Partywochende veranstalten wollen. Jessy wird der Mitnahme und des Mitfeierns als würdig bewertet. Auf der Fahrt kommt er zu seiner Freude der attraktiven Madison näher. Nachdem die Gruppe die Station erreicht hat beginnt sie umgehend mit ihrer Party, die hauptsächlich aus Hot Dogs, Alkohol und Sex besteht. Da sie sich das in etwa so vorgestellt hatten, schlafen alle spät in der Nacht glücklich ein. Als am nächsten Morgen die Reifen des Wagens zerstochen sind, erhält die bisher gute Stimmung einen Dämpfer. Die Party ist endgültig vorbei, als es den ersten Toten gibt und jemand mit allen Mitteln jeglichen Fluchtversuch der jungen Leute boykottiert. Neben dem Irren bedrohen aber auch die Hitze und schwindende Vorräte massiv das Überleben der Gruppe. Und so beginnt für die Gruppe ein Kampf an zwei Fronten.
Die Autorin kennt sich ganz eindeutig im Horror und dem Slasher-Subgenre und den entsprechenden Konventionen aus. Zahlreiche Anspielungen sind ein klarer Beleg dafür. Julien Christofferson baut ihre Geschichte geradezu klassisch auf. Da ist eine Gruppe, in diesem Fall College-Studenten, die an einem einsamen Ort isoliert wird. Der Täter, der, so viel sei an dieser Stelle verraten, ein Mensch ist, dezimiert die Unglücklichen nach und nach. Das ist zwar nun nicht wirklich neu, doch dafür zumeist effektiv und es erzeugt Spannung. Vorausgesetzt natürlich, der Leser hängt an den Figuren, die gemeuchelt werden. Hier muss man feststellen, dass ein paar der Nebenfiguren zu leicht als Kanonenfutter auszumachen sind. Ihre Charakterisierung ist eher oberflächlich und klischeehaft, was ein Mitleiden erschwert. Die Jungs sind auf Sex aus, die Mädels natürlich alle sexy und (ganz wichtig) ziemlich willig. Tatsächlich kommt man nicht umhin zu gestehen, dass man manchmal sogar ein wenig froh ist, wenn eine Nebenfigur endlich das Zeitliche segnet, nachdem sie immer wieder das Nervenkostüm des Lesers strapaziert hat. Aber das ist im Slasher-Gernre nicht unüblich.
Der Anhalter entwickelt zunehmend Spannung samt Bedrohungsgefühl. Die Autorin versteht es recht gekonnt, mit allerhand erzählerischen Kniffen die Identität des Täters lange geheim zu halten. Wer sich in dem Genre nicht so sehr auskennt, wird wohl einige Zeit brauchen, um den Schurken zu identifizieren. Und diejenigen, die sich gut darin auskennen, haben ihren Spaß dabei, ihre Täter-These zu entwickeln und zu überprüfen.
Ein paar Worte sollen auch darüber verloren werden, wie die Geschichte erzählt wird. Man verfolgt die Geschehnisse aus der Ich-Perspektive von Jessy, einem jungen Mann mit starkem Interesse am weiblichen Geschlecht. Christofferson benutzt oft ein deutlich überzeichnetes Macho-Vokabular. Da das aber in der Regel recht frech und nicht ohne Witz verwendet wird, unterhält das ganz gut. Auch ist das Tempo der Geschichte insgesamt recht flott. Das Cover des Buches passt gut zum Inhalt und gibt einen Vorgeschmack auf das, was einen erwatet.
Fazit
Der Anhalter von Julien Christofferson ist ein frech erzählter Genre-Roman. Eine Gruppe von jungen Leuten wird an einem abgelegenen Ort von einem mysteriösen Mörder an der Flucht gehindert und dezimiert. Natürlich wird das Slasher-Genre hier nicht neu erfunden, doch für Fans, oder die, die es werden wollen, bietet der Roman spannende, kurzweilige Unterhaltung.