Der Astronaut von Andy Weir
Rezension von Matthias Hofmann
Vom Tellerwäscher zum Millionär. Oder besser, vom Selbstverleger zum gefeierten Starautor. Andy Weirs Karriere als Schriftsteller ist aus dem Stoff aus dem Träume gewebt sind. Vor zehn Jahren, nach diversen Absagen von Buchverlagen, veröffentlichte er 2011 seinen Roman Der Marsianer einfach auf seiner Webseite. In Fortsetzungen. Und zwar umsonst. Für alle frei zugänglich.
Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte: Die Story des Astronauten Mark Watney wurde nicht nur zum weltweiten Bestseller, sondern auch zum gefeierten Kinofilm unter der Regie von Ridley Scott, mit Matt Damon in der Hauptrolle.
Mit weiteren Romanen hat sich Weir Zeit jedoch gelassen. Erst 2017 folgte Artemis, von dem ebenfalls eine Filmversion in Arbeit ist (allerdings schon seit rund vier Jahren). Wie fast schon erwartet, konnte er damit den Erfolg seines Mars-Romans nicht wiederholen, wenngleich sich das flott geschriebene Buch wacker geschlagen hat, auf den einschlägigen Bestsellerlisten und unter den SF-Fans.
Für seinen dritten, unter eigenem Namen veröffentlichten Roman hat sich Andy Weir »nur« knapp drei Jahre Zeit gelassen. Mit »Der Astronaut« kehrt er zu dem Erfolgsrezept zurück, das ihn berühmt gemacht hat. Es besteht aus einer einfachen Formel: Ein Mann kämpft gegen schier unüberwindbare Umstände. Allerdings hat Weir den Katastrophenregler um einiges nach oben aufgedreht. Während in »Der Marsianer« ein einzelner Mensch »nur« um sein Leben kämpft, muss Ryland Grace, der Held von »Der Astronaut«, gleich die gesamte menschliche Rasse retten. Und noch das Überleben von mindestens einer weiteren extraterrestrischen Zivilisation obendrein.
Die Handlung von »Der Astronaut« hat Andy Weir clever strukturiert. Sie lebt auch von der ein oder anderen Überraschung, weshalb ich an dieser Stelle zur Spoilervermeidung den Plot nur leicht anreißen möchte.
So wacht der ehemalige Molekularbiologe Ryland Grace, der zuletzt seine Brötchen als Realschullehrer verdiente, auf und findet sich nicht Zuhause in seinem Bett wieder, sondern irgendwo anders. Recht schnell wird ihm klar, dass er sich an Bord eines Raumschiffs befindet. Die beiden anderen Mitglieder seiner exklusiven Crew, Commander Yáo Li-Jie und Ingenieurin Olesya Ilyukhina, sind auf dem Weg zum Sternensystem Tau Ceti ums Leben gekommen. Er ist also alleine, ganz weit weg von der Erde. Auch seine Erinnerung ist zunächst weg, kommt aber allmählich wieder.
Somit haben wir zwei Handlungsstränge: die Erlebnisse von Ryland Grace im All zum einen und die Vergangenheit, die in Rückblenden erzählt wird, zum anderen. So wird die Erde bedroht durch die Astrophagen, eine besonders perfide Lebensform, eine Art Virus, das die Energie von Planeten frisst und die Sonne unserer Milchstraße bedroht. Grace soll das verhindern. Er befindet sich deshalb auf einem One-Way-Trip. Rückkehr zur Erde ausgeschlossen.
Verraten sei noch, dass es sich bei »Der Astronaut« um eine Erstkontakt-Geschichte handelt. Den Rest sollte man sich selbst »erlesen«, denn bei diesem Roman handelt es sich prinzipiell um einen klassischen Hard-Science-Fiction-Roman, der so richtig in der Tradition eines Arthur C. Clarke oder Robert A. Heinlein steht, aber mit einem modernen Mäntelchen daher kommt.
Die Abenteuer von Ryland Grace bieten diesen besonderen »Sense of Wonder«, den man bei diesen ganzen austauschbaren Sci-Fi-Serien, die heutzutage am Laufmeter produziert werden, vermisst. Fast unvermeidbar sind gewisse verrückte Zufälle und unerwartete Geistesblitze, einhergehend mit einem grenzenlosen »MacGyverismus«, die Ryland Grace nie verzagen lassen. Das macht den Hauptprotagonisten zu einem klassischen Heroen.
Andy Weir ist das Kunststück gelungen, den Plot, mitsamt Astrophagen, pseudo-wissenschaftlich so zu erklären, dass man als Leser gerne über die vorhandenen Logiklöcher springt und bei teilweise albernem Humor mitschmunzelt.
Insgesamt ist »Der Astronaut« ein wunderbares Lesevergnügen für Freunde unterhaltsamer Science Fiction. Nicht ganz so gut wie »Der Marsianer«, aber nah dran. Auf jeden Fall macht die Lektüre neugierig auf die unvermeidliche Hollywood-Verfilmung. Metro-Goldwyn-Mayer soll die Lizenz für drei Millionen US-Dollar gekauft haben. Nach aktuellem Stand soll Ryan Gosling Ryland Grace spielen.
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