Der Barde (Autor: Angus Donald)
 
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Der Barde von Angus Donald

Rezension von Christel Scheja

 

Gerade in England ist die Vergangenheit noch immer allgegenwärtig und die wenigsten schämen sich ihrer. Vor allem nicht die Autoren von historischen Romanen, die auch die bekanntesten Geschichten immer wieder neu aufleben lassen. Nach den Sagen um „König Artus“ ist nun ein anderer legendärer Held an der Reihe, dessen Existenz ebenfalls nicht gesichert ist – „Robin Hood“.

Gerade die Fassung von Howard Pyle hat den charmanten Schurken und Vogelfreien unsterblich gemacht. Als Beschützer der Armen und Schwachen, der die Reichen beraubt um das Geld an die weiter zu geben, die es mehr brauchen, ist er jedem Kind noch heute bekannt.

 

Grund genug auch einmal eine andere Seite zu zeigen, die vermutlich näher an der Realität, aber nicht so schön zu lesen ist. „Der Barde“ von Angus Donald entführt in den Sherwood Forest des ausgehenden 12. Jahrhunderts, in dem nichts so ist, wie man es aus den Geschichten kennt.

Skrupellose normannische Adlige, allen voran der Sheriff von Nottingham beuten das Land aus und scheffeln die Gelder vor allem in ihre eigenen Taschen. Gewalt gegen die Bauern ist allgegenwärtig. Aber auch der Mann, der den Menschen zumindest ein wenig Hoffnung gibt, hat nur wenig Skrupel, denn auch Robin Hood lässt sich den Schutz, den er manchen Dörfern angedeihen lässt, recht gut bezahlen.

Zu ihm stößt Alan Dale, nachdem er bei einem Diebstahl erwischt worden ist und rechtzeitig entkommen konnte, bevor man ihm die Hand abschlagen will. Er wird in die Bande aufgenommen, muss aber erst einmal ein paar harte Lehrjahre auf einem abgelegenen angelsächsischen Hof absolvieren, um kämpfen zu lernen und seine anderen Fähigkeiten zu verbessern. Denn wie sein Vater, der vor ein paar Jahren gehängt wurde, ist er ein begnadeter Barde.

Alan lernt recht schnell, dass das Leben als Geächteter mit vielen Gefahren behaftet ist und diese nicht nur von der gegnerischen Seite stammen. Er muss Verrat aus den eigenen Reihen miterleben, den Tod von lieb gewonnen Freunden. Doch nun versteht er um so besser, was Rorber, genannt „Robin Hood“ und seine Gefährten antreibt, auch wenn er immer wieder mit ihren dunklen Seiten konfrontiert wird.

Schließlich spitzt sich der Konflikt zu, als sich sein Erzfeind anschickt, nicht nur seine Geliebte Mary-Anne zu ehelichen, sondern auch ein Heer rüstet, um ein für alle Mal den Haufen der Gesetzlosen zu zerschlagen. Und wieder ist dabei Verrat im Spiel.

 

Im Gegensatz zu früheren „Robin Hood“-Erzählungen wird hier die Rolle des Gesetzlosen nicht romantisch verklärt. Zwar hilft dieser den Leibeigenen und Bauern, fordert aber auch Gefallen von ihnen wie ein Lehnsherr oder Gutsbesitzer – und wenn es nur Verstecke und Lügen sind. Das Leben in den Wäldern ist hart und grausam, es schenkt selbst Kindern nichts, wie vor allem Alan, aus dessen Sicht die Geschichte erzählt wird, erleben muss.

Auch wenn er im Verlauf der Jahre seinen Anführer immer besser zu verstehen lernt, weil er selbst einige Menschen, die er gerne hat, verliert, so kann er doch andere Facetten nicht ganz tolerieren. Der Autor zeichnet ein hartes und brutales Bild der Zeit, demaskiert ritterliche Romantik des Hochmittelalters und verklärende Blicke auf die keltische Kultur. Es gibt grausame Strafaktionen, viele Kämpfe, Folter und nicht zuletzt Intrigen. Denn letztendlich zählt nur eines: Jeder ist sich selbst der nächste, wenn er überleben will.

Dennoch vergisst der Autor darüber nicht, eine Abenteuergeschichte zu erzählen, die es in sich hat. Einzig störend ist daran, dass viele der kleinen Szenarien nur erzählt und nicht durchlebt werden, wie etwa das die erste Begegnung von Bruder Tuck und Robin. Es gibt sehr viel Action, die nicht immer nur aus Kampf besteht und man kann die Seiten flüssig herunter lesen.

Die Figuren selbst bleiben eher blass, da der Autor ihre Entwicklung nicht immer erklärt und begründet, Alan beobachtet zwar die Taten der anderen Helden, kann aber nicht in ihre Köpfe hinein sehen und hinterfragt nur selten ihr Verhalten. Gerade die Gegenspieler zeichnen sich durch eine besonders klischeehafte Zeichnung – sie sind mehr oder minder sadistisch, grausam und/oder machtgierig

 

„Der Barde“ dürfte vor allem Lesern gefallen, die keine weitere Schicksalsromanze, sondern eher handfestes Abenteuer vor einer derben Kulisse mögen. Allerdings sollte man trotz der harten Schilderungen keine Tiefe erwarten.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240425164603c95c3903
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Der Barde

Autor: Angus Donald

broschiert, 446 Seiten

Bastei-Lübbe, erschienen März 2010

Übersetzung aus dem Englischen von Katharina Volk

Titelbild von Finepic, München

ISBN-10: 3426503700

ISBN-13: 978-3426503706

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 30.03.2010, zuletzt aktualisiert: 18.04.2024 09:19, 10254