Der Blutstern (Autor: Frank Rehfeld; Abenteuer-Spielbuch in der Welt des Hexers von Salem, Bd. 1)
 
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Der Blutstern von Frank Rehfeld

Reihe: Abenteuer-Spielbuch in der Welt des Hexers von Salem Band 1

Rezension von Ingo Gatzer

 

Die von Wolfgang Hohlbein entwickelte Serie “Der Hexer von Salem“, welche teilweise auf Howard Phillips Lovecrafts “Cthulhu-Mythos“ basiert, dürfte eine der erfolgreichsten deutschen Horrorzyklen überhaupt sein. Thema ist jeweils die Bedrohung der Menschheit durch schreckliche, göttergleiche Wesen. Frank Rehfeld, der an der Entwicklung des “Hexer“-Gesamtkonzepts beteiligt war und schon diverse Romane zu dieser und anderen Heftreihen, sowie Romanadaptionen zu TV-Serien, verfasst hat, schreibt mit “Der Blutstern“ das erste Abenteuer-Spielbuch im Hexer-Universum.

 

Das Genre der Abenteuer-Spielbücher ist fast vier Jahrzehnte alt und erfreute sich besonders in den 1980er-Jahren mit Highlights wie Steve Jacksons “Analand Saga“ oder “Einsamer Wolf“ von Joe Dever und Gary Chalk besonderer Beliebtheit. Das Besondere an diesem Medium ist, dass der Leser durch seine Entscheidungen den Verlauf der Handlung beeinflussen kann. Diese Interaktivität wird dadurch erreicht, dass in dem in chronologisch nummerierten Abschnitten unterteilten Buch verschiedene Handlungsalternativen angeboten werden, zwischen denen gewählt werden kann. Der Leser setzt die Lektüre dann bei dem Abschnitt fort, der seiner Wahl entspricht.

 

Pegasus Press hat sich 2005 dafür entschieden das Genre, das mit den so genannten Solo-Abenteuern in Rollenspielsystemen wie beispielsweise “Das Schwarze Auge“ eng verwand ist, neu zu beleben. Als Rahmen dienen dabei bekannte Fantasy- oder Horror-Universen wie “Ulldart“, “Das geborgene Land“ oder eben “Der Hexer von Salem“.

 

Die Spielregeln sind relativ einfach gehalten. Der Held verfügt über die Eigenschaften Kampfkraft, Klugheit und Willensstärke, deren Startwert jeweils drei beträgt. Durch verschiedene Ereignisse können diese Fähigkeiten zu- oder abnehmen. Fällt eines dieser Attribute auf null, bedeutet das den Tod der Spielfigur. In einigen Situationen wird der Spieler aufgefordert eine Probe auf eines dieser oder des sich im Spielablauf entwickelnden vierten Attributes abzulegen. Dazu muss er, indem er für jeden Punkt, den er in der jeweiligen Fähigkeit besitzt einmal einen sechsseitigen Würfel wirft, einen vorgegebenen Wert übertreffen, um die Probe zu schaffen. Bei Kämpfen würfelt man hingegen je einmal für sich und den Gegner und addiert zu dem Würfelergebnis den aktuellen Kampfkraftwert. Die Differenz beider Resultate wird dann von Kampfkraft des Unterlegenen abgezogen. Diese Sequenz wird solange wiederholt, bis die Kampfkraft eines Kombattanten auf null oder darunter sinkt.

 

Die Geschichte beginnt im Herbst des Jahres 1925 in New York. Der Leser spielt einen Studenten, der sich für Parapsychologie interessiert und deshalb an einer Séance im Haus eines seiner Universitätsprofessoren teilnimmt. Dort trifft er auf Richard, Sohn des berüchtigten Hexers Robert Craven. Er prophezeit, dass die spiritistische Sitzung uninteressant werden wird. Doch er soll sich täuschen. Denn ein dramatischer Hilferuf führt den Leser bald in die berüchtigte Stadt Arkham und in ein kleines Dorf, in dem ein finsterer Magier nach einer gefährlichen Macht strebt.

 

Überzeugen kann “Der Blutstern“ vor allem in punkto Atmosphäre. Unter Verwendung einiger Motive, der sich bereits Lovecraft und Hohlbein bedienten, präsentiert Rehfeld als Hintergrund seiner Geschichte das Amerika von 1923 und verwendet dabei Zeitkolorit wie Prohibition oder die aufkommende Automobilisierung. Dabei sorgen einige Überraschungen im soliden Plot sowie gruselige Erlebnisse punktuell für Spannung.

 

Zur dichten, unheimlichen Atmosphäre tragen besonders die Zeichnungen bei. So befindet sich auf dem Buchcover ein fast schon klassisches Bild des Künstlers Les Edwards, das einen distinguierten Gentleman zeigt, in dessen schwarzem Haar sich eine blitzförmige, weiße Haarlocke befindet und der von übergroßen Augen beobachtet wird. Nach dieser Zeichnung, die in ähnlicher Form auch schon den ersten Hexer-Roman “Als der Meister starb“ (sowie “The Devil´s Footsteps“ von John Burke) schmückte, soll Hohlbein seinen Hexer gestaltet haben. Allerdings tritt diese Figur gar nicht im Roman auf. Vollauf gelungen sind auch die in schwarz-weiß gehaltenen Bilder des Zeichners und Illustrators Fufu Frauenwahl, der Einigen vielleicht durch seine bizarren Comicsserie “Ray Murphy - Detective of Dreams“ bekannt ist. Frauenwahls kleine und große Zeichnungen lockern die langen Textpassagen auf und schaffen es, den Leser in die richtige Stimmung zu versetzen.

 

Leider ist der Verlauf der Handlung bzw. das Überleben des Helden zu oft vom Glück abhängig. So kann es bereits nach zehn Abschnitten geschehen, dass die Figur des Spielers bei einer nicht zu umgehenden Würfelprobe mit einer Wahrscheinlichkeit von fast 50% das Zeitliche segnet. Auch kurz vor dem Finale spielt der Zufall eine zu große Rolle. Hier wäre es wünschenswert gewesen dem Leser ein Rätsel zu stellen, anstatt ihn raten zu lasen, ob der den blauen, roten, grünen oder gar keinen Stein aus einer Statue entfernen soll.

 

Auch die Ausgestaltung des Kampfsystems kann nicht überzeugen. Wer in der ersten Runde schlecht würfelt hat meistens bereits den ganzen Kampf verloren. Besser wäre hier ein kombiniertes System von Kampfquotienten und Zufallszahlen wie es etwa in der Reihe “Einsamer Wolf“ verwendet wird.

 

Der Fokus des Buches liegt deutlich auf dem erzählerischen und nicht auf dem spielerischen Teil. Deshalb kommt “Der Blutstern“ auch mit nur 300 Abschnitten aus, was sich im Vergleich zu anderen Werken des Genres eher bescheiden ausnimmt. Da überrascht es nicht, das der Spieler selten Möglichkeiten erhält vom vorgeschriebenen Handlungsweg abzuweichen und an einigen Stellen Entscheidungssalternativen vermissen mag.

 

Als Bonus enthält der Band noch ein kurzes, mit der übrigen Handlung verknüpftes, Szenario, welches zu einem Abenteuer in der Rollenspielwelt “Der Hexer von Salem“ ausgestaltet werden kann.

 

Fazit:

“Der Blutstern“ kann somit eher Fans der Reihe “Der Hexer von Salem“ empfohlen werden, die schon ungeduldig auf das neueste Abenteuer im Hexer-Universum warten. Anhänger von Abenteuer-Spielbüchern werden sich vermutlich daran stören, dass das eigentliche Spiel zu kurz kommt, das Kampfsystem unausgewogen ist und zu häufig Glück und Zufall über Wohl und Weh entscheiden. Einen Blick sollte man in das Buch aber schon alleine wegen der gelungenen Illustrationen von Fufu Frauenwahl werfen.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024042005012151136021
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Der Blutstern

Reihe: Abenteuer-Spielbücher in der Welt des Hexers von Salem, Bd. 1

Autor: Frank Rehfeld

Titelillustration: Les Edwards

Innenillustrationen: Fufu Frauenwahl

Broschiert

272 Seiten

Verlag: Pegasus Spiele

Erschienen: April 2008

ISBN-10: 3939794058

ISBN-13: 978-3939794059

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 22.06.2008, zuletzt aktualisiert: 24.03.2024 19:16, 6760