Der Clan der Vampire von Lena Meydan

Rezension von Ingo Gatzer

 

Rezension:

Moskau wird von Vampiren beherrscht. Verschiedene Clans kämpfen mit- und gegeneinander um die Herrschaft. Während sich einige Gruppierungen wie die Dachanawar für eine weitgehend friedliche Koexistenz mit den Menschen einsetzen und sich bemühen, die Existenz von Vampiren geheim zu halten, wird die Menschheit etwa von den brutalen Tschornis wie Vieh behandelt. Der noch junge Dachanawar Darrel nimmt in seinem Clan eine besondere Stellung ein, weil er über seltene telepathische Fähigkeiten verfügt. Doch als er sich in eine menschliche Frau verliebt und für sie das Leben anderer Blutsauger riskiert, droht eine spektakuläre Gefahr. Derweil verfolgen einige Clans offen oder im Geheimen ganz eigene Ziele.

 

Die fantastische Literatur boomt in Russland. Sergej Lukianenkos Wächter-Romane und Dmitry Glukhovskys Endzeitentwurf Metro 2033 sind dafür nur einige prominente Beispiele, die sich auch in Deutschland sehr erfolgreich verkauften. Die in Moskau geborene Journalistin und Schriftstellerin Lena Meydan ist allerdings bei uns noch relativ unbekannt, konnte mir ihren Fantasy-Werken aber bereits verschiedene Literaturpreise einheimsen.

 

Mit dem Vampir Darrel kreiert Lena Mayden eine sympathische Figur. Durch seine Jugend und seine noch teilweise vorhandene "Menschlichkeit" taugt er als Identifikationsfigur, sodass der Leser in Gefahrensituationen mit ihm mitfiebert. Bei der Liebesgeschichte zwischen Darrel und Lorraine gelingt es der Autorin – anders als viele andere Verfasser von aktuellen Vampirromanen - weitestgehend die Klippen des Kitsches zu umschiffen. Zudem gefällt das gut gestaltete Gleichgewicht zwischen einer glaubhaften Beschreibung der Clans mit ihren typischen Eigenheiten und spannenden Sequenzen. Das Buch endet mit einem veritablen Cliffhanger, der Lust auf eine Fortsetzung macht.

 

Die Übertragung aus dem Russischen von Anja Freckmann ist insgesamt gut gelungen und ermöglicht eine flüssige Lektüre. Die Übersetzerin hatte in Vergangenheit bereits Sergej Lukianenkos „Drachenpfade“ sowie einen Roman aus dem Metro-2033-Universum ins Deutsche übertragen. Allerdings macht der Buchtitel keinen Sinn. Hier wäre die Pluralform „Die Clans der Vampire“ eine bessere Wahl gewesen. Die manchmal ungewöhnliche und an einigen Stellen etwas antiquiert wirkende Wortwahl dürfte einerseits darauf zurückzuführen sein, dass die Autorin so unterschiedliche Schriftsteller wie Oscar Wilde und J. K. Rowling zu ihren Favoriten zählt und andererseits hier auch immer wieder Vampire sprechen, die teilweise mehrere Jahrhunderte alt sind.

 

Die Struktur der verschiedenartigen Vampirclans ist Lena Meydan zwar gut gelungen. Jedoch finden sich hier zu deutliche Parallelen zum Rollenspielsystem „Vampire – Die Maskerade“, zu dem auch diverse Romane erschienen sind, als dass man an einen Zufall glauben könnte. So entsprechen Meydans kunstliebende Feriartos bei „Vampire – Die Maskerade“ den Toreador. Die wolfsartigen Wrikolakos erinnern an den Clan Gangrel. Bei den Nosferos, die sich durch ihr unmenschliches und überaus hässliches Äußeres auszeichnen, erinnert sogar der Name an den Clan der Nosferatu bei „Vampire – Die Maskerade“. Kritisieren kann man zudem die manchmal etwas naiv wirkenden Pläne von Vampiren, die in der Gemeinschaft der Blutsauger als gewiefte Taktiker gelten. Angesichts einer Lebenserfahrung von mehreren Jahrhunderten ist man als Leser überrascht, wie einfach sich uralte Vampire bisweilen ausmanövrieren lassen oder wie wenige Dinge sie bei ihren Plänen bedenken.

 

Fazit:

 

Lena Meydan gelingt ein verheißungsvoller und spannender Auftakt zu ihrer Vampirsaga, wobei sie sich allerdings überdeutlich beim Setting des US-Rollenspielsystems „Vampire – Die Maskerade“ bedient.

 

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