Der Dieb von Megan Whalen Turner
Reihe: Die Legenden von Attolia, Bd. 1
Rezension von Christel Scheja
Megan Whalen Turner wurde 1965 geboren. Nach ihrem Anglistik-Studium arbeitete sie eine ganze Zeit als Buchhändlerin, bis sie sich dazu entschied, ihr Glück als freie Schriftstellerin zu versuchen. Sie lebt heute mit ihrem Mann in Ohio.
„Der Dieb“ ist nach vielen Kurzgeschichten ihr erster Roman und der Auftakt zu der Reihe „Die Legenden von Attolia“.
Der Dieb Gen sieht einer düsteren Zukunft entgegen. Eingesperrt in den Kerker des Königs erwarten ihn lebenslange Gefangenschaft und vielleicht der Tod, je nach Laune des Herrschers und seiner Schergen.
Eines Tages aber kommt der Magier des Königs in den Kerker und macht Gen ein Angebot, dem er nicht widerstehen kann. Er soll zusammen mit dem Mann und seinen Gehilfen los ziehen, um Hamiates Gabe, ein kostbares Artefakt der Götter an sich zu bringen, das das Machtgleichgewicht zwischen den drei kleinen Staaten Attolia, Eddis und Sounis gefährlich ins Wanken bringen könnte, aber auch dem König einen Vorteil verschaffen könnte.
Natürlich sagt Gen nicht ein, auch wenn ihm schnell klar wird, das eine Flucht nicht gerade einfach sein könnte. Aber auf der Reise lernt man sich insgesamt besser kennen.
So wie sich Meinungen verändern können, werden auch Geheimnisse enthüllt, die beweisen, dass auch der Dieb weit mehr als nur der übliche Langfinger ist.
„Der Dieb“ ist in mehrfacher Hinsicht interessant. Liest er sich zunächst wie ein nettes kleines All-Age-Fantasy-Abenteuer, das vor einem ungewohnten Hintergrund spielt, das etwa dem östlichen Mittelmeerraum speziell Griechenland, im Mittelalter entspricht, und seichte Unterhaltung verspricht, so zeigt sich schon bald, dass weit mehr dahinter steckt.
Die Geschichten und Legenden, die sich die Männer erzählen füllen nicht nur die Seiten, sondern verraten nach und nach immer mehr über sie selbst und ihre Absichten. Ehe man sich versieht, steckt man mitten in einem raffinierten Intrigenspiel, das vordergründig eher langweilig ist, es aber in sich hat. Der Autorin gelingt es auch das bis zum entscheidenden Moment zu verbergen, obwohl sie aus der Ich-Perspektive erzählt, und das sorgt zusätzlich für eine überraschende Wendung.
Die Charaktere sind Menschen mit Fehlern und Schwächen, liebenswerten Macken und Eigenheiten, die sie gut vorstellbar machen und für eine Bindung zum Leser sorgen.
Zwar mag der Roman nicht das epische Werk sein, das man vermuten könnte – es verzaubert aber auch erwachsene Leser durch seine Komplexität und seine Lebendigkeit.
Zudem merkt man, das trotz der in sich geschlossenen Handlung Weichen gestellt werden, die zusätzlich neugierig auf den nächsten Band machen. Und auch die wenigen magischen Momente reichen völlig aus, um den Leser in eine andere Welt zu entführen.
„Der Dieb“ ist der würdige Auftakt einer Fantasy-Saga in der weit mehr steckt, als man im ersten Augenblick denkt. Der Roman ist spannend ohne actionreich zu sein, denn er weiß immer wieder zu überraschen. Zusammen mit den sympathischen Figuren ergibt sich ein rundes Bild, das auch erfahrene Leser in den Bann schlagen kann.
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