Der Fluch der dunklen Mutter von Simon R. Green

Reihe: Geschichten aus der Nightside Bd. 4

Rezension von Christian Endres

 

Inzwischen wissen wir, dass John Taylor ein Mann ist, der viele Feinde hat. Langsam kristallisiert sich jedoch auch heraus, weshalb dem so ist und warum vor allem Walker, der lange Arm der Autoritäten der Nightside, es immer wieder auf den Schnüffler mit der Gabe, alles und jeden zu finden, abgesehen hat. Die Schleier scheinen sich endgültig zu lüften, als John von der göttlichen Fortuna beauftragt wird, die Ursprünge der Nightside zu erforschen, und sich dazu mit dem Sünder und seiner Dämonengeliebten sowie dem Irren verbündet und einige unangenehme Fragen stellt. Über all dem steht jedoch nicht nur der Auftrag der lächelnden Schicksalsgöttin, sondern auch der lange, dunkle Schatten von Johns geheimnisvoller Mutter. Denn die Verbindung zu dieser macht den Ermittler nicht nur zu einem immens mächtigen Mann - sie macht ihn auch zu einer Gefahr für die Zukunft und den Fortbestand der Nightside...

 

Im vierten Band seines großartigen Fantasy-Mythen-Cocktails bringt Routinier Simon R. Green sowohl die Nightside als Ort und modernen Fantasy-Mythos, als auch seinen Protagonisten John Taylor weiter voran. Wie gewohnt nimmt sein fantastischer Moloch unterhalb der Fundamente Londons und in der Nachbarschaft des legendären Schattenfall wieder ein paar Konturen mehr an, gewinnt an Schärfe und Profil, an Sünden und an Orten, da man diese kaufen oder anderswie erwerben kann. Green scheucht sein seltsames Detektiv-Quartett mit Höllenfeuergeschwindigkeit durch die gefährlichsten Winkel der Nightside, nur um sie einmal mehr mit allerhand obskuren Figuren zu konfrontieren, von denen Merlin Satansbrut oder die riesigen sprechenden Teddybären im größten Auktionshaus der Nightside noch die normalsten und vertrautesten zu sein scheinen.

 

Diesmal schöpft Green jedoch aus den Vollen und begnügt sich nicht mit den üblichen, herrlich skurrilen Einfällen, Personen und Genre-Verquickungen. Diesmal schnappt er sich ganz bewusst die Vergangenheit - und die Zukunft - unseres hartgesottenen Helden und bringt einige Geheimnisse ans Licht, die klar im Zeichen der Weiterentwicklung stehen. Ob zum Guten oder zum Schlechten, sei einmal dahin gestellt.

 

Stilistisch überzeugt Green dabei einmal mehr durch seine lässige Reminiszenz an all die großen Hardboiled-Romane und ihre Detektive zwischen Helden- und Antiheldentum. Lediglich zum Ende des Romans bemüht er den berüchtigten Deus Ex Machina ein bisschen zu sehr, aber das fällt in der Summe dann nicht mehr weiter ins Gewicht. Viel interessanter und spannender ist, was wir über John und die Nightside erfahren durften - und wie sich das auf zukünftige Geschichten und Fälle auswirken wird.

 

So spannend, actionreich, abgedreht, innovativ, grotesk und stimmungsvoll, dass man kaum atmen kann.

 

Falls es da draußen also tatsächlich noch immer jemanden geben sollte, der es noch nicht weiß: Es gibt im Moment nichts Besseres als Simon R. Greens Geschichten aus der Nightside.