Der Fremdling (Autor: Max Frei)
 
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Der Fremdling von Max Frei

Rezension von Christian Endres

 

Hinter dem Pseudonym Max Frei – aus dessen Sicht die magischen Abenteuer und Ermittlungen in der Welt Echo geschildert werden – verbirgt sich das Autorenpaar Svetlana Martynchik und Igor Stepi. Sie schicken den verschlafen-nachtaktiven Lebenskünstler Max in eine phantasievolle Welt fernab der meisten Genre-Stereotypen, die dafür sorgt, dass die Bücher und ihr schrulliger Held sich gerade im russischen Sprachraum großer Beliebtheit erfreuen. In Zuge des »Lukianenkos-Booms«, der im letzten Jahr eingesetzt und osteuropäische Fantasy-Autoren für den deutschen Markt wieder interessant gemacht hat, war es also nur eine Frage der Zeit, bis sich auch hierzulande ein Verlag mit Max Frei beschäftigen würde ...

 

Trotz eines kleinen Vorworts mit kurzen Eckdaten der Geschichte des fremdartigen Reiches jenseits unserer gewohnten Welt, wird der Leser eher unbedarft und sogar ein bisschen überrumpelt in die urbanen Belange und Regionen von Echo geworfen. Doch wenigstens ist er nicht alleine – Protagonist Max geht es da keinen Deut besser. Auch er wird nach langem Vorspiel in seinen Träumen in ein neues Leben hineingezogen, allerdings ohne sich großartig dagegen zu wehren – ein Beispiel für die Nonchalance des werten Herrn Frei, bald schon beliebtester und interessantester Fremdling in der Stadt. So dauert es dann auch nicht lange, bis Max sich halbwegs eingelebt und an die Kuriositäten, die Alltagsmagie und die exotische Kleidung gewöhnt hat, und steigt zum Nachtpolizisten, Geheimagenten und Kriminalbeamten in der phantastischen Domäne Echo auf, die immer wieder Neues, Schreckliches wie Schönes, für ihn – und damit auch uns Leser – bereit hält ...

 

Sprachlich macht »Der Fremdling« einiges her, wenngleich er dafür, dass er aus der Ich-Perspektive erzählt wird, manchmal vielleicht sogar ein wenig zu gestochen und poliert (und mit zu hochtrabendem, üppigem Vokabular) des Weges daher kommt. Andererseits nimmt man Max nach den ersten paar Seiten diesen blümeranten Stil durchaus ab, wenn er sich in seiner neuen Heimat, seinem neuen Beruf und seinem neuen Leben zu Recht zu finden versucht und uns an seinen Abenteuern teilhaben lässt ...

 

Dennoch geht der Roman ziemlich zäh los und fordert trotz aller Exotik in Sachen Personen, Umfeld und Umgebung von seinem Leser vor allem eines: Durchhaltevermögen. Auf den ersten 200 Seiten des Buches passiert nicht sonderlich viel. Zwar lernen wir einiges über Struktur und Aufbau von Echo, das Handling von Magie, die Verhaltensweisen in der Gesellschaft, et cetera – aber so richtig zünden tut die Geschichte erst relativ spät, kurz vor der Hälfte des Bandes. Und auch dort geht es noch vornehmlich gemächlich voran ...

 

Dafür findet man sich an Seite des »Fremdlings in der Fremdartigkeit« Echos schnell zu Recht und sieht mit aller Deutlichkeit, dass hier eine Fantasy-Welt geschaffen worden ist, die sich stark von den gängigen Mechanismen des Marktes unterscheidet und als vollkommen eigenständige Kreation und Idee herhält – und dabei unglaublich viel Potential für spannende, phantasievolle Geschichten mit nicht weniger interessanten oder bunten Figuren bereit hält, das die Autoren allerdings etwas besser nutzen müssen, um mich für Folgebände der Reihe zu begeistern.

 

Apropos Reihe. Nach dem, was der erste Band und die Blanvalet-Vorschau bis zum Herbst zeigen, hat man Max Frei ein einheitliches Reihen-Design für die Taschenbücher spendiert, was mit Anwachsen der Serie natürlich einen hübschen Anblick bieten dürfte, zumal die Gestaltung mit dem Oval doch ein wenig heraussticht – wie passend für den Fremdling ...

 

Fazit: Es geht gemächlich zu im erstem Band über die seltsame Welt von Echo, und so braucht man Sitzfleisch und Durchhaltevermögen, um mit den Figuren warm zu werden und die Vorzüge der kreativen Weltenschöpfer aus Osteuropa erkennen zu können. Dennoch wird auch die innovative Welt nicht jeden Leser dazu bringen können, sich durch die erste Hundertschaft an Seiten zu quälen oder das Potential der Serie auf Anhieb erkennen und akzeptieren zu wollen, wenn der erste, kurzweilige Band nicht gleich ins Schwarze trifft und sich manchmal eher selbst im Wege steht.

 

»Der Fremdling« ist sicherlich ein interessanter Grundstein für eine Serie über einen begabten, extravaganten Ermittler in einer nicht weniger extravaganten Fantasy-Welt der etwas anderen Art – leider ist er aber auch ein Grundstein und Roman, der nicht immer und schon gar nicht auf Anhieb zu fesseln oder zu gefallen weiß und auch die ein oder andere (wenn auch stets stilistisch vorzüglich zu Papier gebrachte) Länge aufweist.

 

Ein endgültiges Urteil erlauben wohl erst die Nachfolgebände – mit diesen wird sich nämlich endgültig heraus kristallisieren, ob der Fremdling Max Frei nun Fleisch oder Fisch ist.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404240153230fc9b3eb
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Der Fremdling

Autor: Max Frei

Broschiert: 416 Seiten

Verlag: Blanvalet; Auflage: 1 (2007)

Sprache: Deutsch

ISBN-10: 3442244137

ISBN-13: 978-3442244133

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 24.01.2007, zuletzt aktualisiert: 23.04.2024 16:18, 3394