Der Fürst der Finsternis von Anne Rice
Reihe: Die 7 Todsünden
Rezension von Ramona Schroller
Klappentext:
Lestat de Lioncourt: Er ist schön wie ein gefallener Engel, und wenn
er lacht, bersten die Spiegel, doch seine Tränen sind bitter, und sein
Lebenselixier ist - Blut. Ruhelos durchstreift der Gentleman-Vampir
die Welt, bis er schließlich in New Orleans in einen todesgleichen
Schlaf fällt, aus dem er achtzig Jahre später erwacht ...
Inhalt:
Lestat de Lioncourt wird als jüngstes Kind eines verarmten
französischen Marquis geboren. Schon früh wird klar, daß er anders ist
als seine überlebenden Geschwister. Zweimal reißt er von Zuhause aus,
zweimal wird er wieder eingefangen und zurückgeschleift. Und die
einzige, die sich um ihn kümmert, ist seine kränkliche Mutter.
Dann winkt ein Lichtstreif am Horizont. Als Lestats Mutter an einer
schweren, tödlichen Krankheit zu leiden beginnt, gibt sie ihrem
Lieblingssohn all ihre Ersparnisse und schickt ihn nach Paris. Dort
soll Lestat sich seinen Lebenstraum erfüllen und Schauspieler werden.
Tatsächlich beginnt kurz nach seiner Ankunft in der Hauptstadt
Frankreichs eine steile Karriere als Bühnendarsteller, während sein
Freund, der mit ihm ausgerissen ist, der Schneiderssohn Nicolas,
versucht, mit seinem Geigenspiel Fuß zu fassen. Doch während Lestat
immer weiter aufsteigt, sinkt Nicolas immer weiter ab.
Bis Lestat eines Abends, während er auf der Bühne steht, ein seltsames
bleiches, lächelndes Gesicht im Zuschauerraum erblickt. Ein Gesicht,
das sich kurz darauf mitten in der Nacht über sein Bett beugt ...
Rezension:
Goldmann hat sich dieses Frühjahr den sieben Todsünden gewidmet und
sieben Taschenbücher in einer einmaligen Auflage herausgegeben, die
sich mit eben jenen Sünden befassen sollen. Ein wenig unglücklich ist
dabei die Gestaltung der Bücher ausgefallen: Während auf dem Cover ein
geschmackvolles Foto von maskenhaften Kapitälen oder Wasserspeiern zu
sehen ist, neben der Erwähnung der Reihe und der, im Buch
vorgefundenen Todsünde, endet die Gemeinsamkeit bereits beim
Buchrücken, auf dem ganz normal Titel und Autor vermerkt sind. Meines
Erachtens nicht ganz glücklich, diese Lösung, und vor allem für
Sammler vielleicht ein Grund, sich die Bücher nicht zuzulegen.
Desweiteren macht der Verlag meines Erachtens den Fehler, teils keine
Einzelbände zu benutzen, sondern Romane, die bereits in Reihen
erschienen sind. Natürlich soll diese einmalige Auflage den Umsatz
steigern, dennoch etwas unglücklich gewählt, wie auch in diesem Fall.
„Der Fürst der Finsternis" von Anne Rice gehört eigentlich in die
Reihe um ihre „Chroniken der Vampire" und beschreibt die frühen Jahre
des Dämons in Engelgestalt Lestat de Lioncourt, die Hauptfigur, die
sich durch fast alle Werke zieht. Anzusiedeln ist dieser Roman
zwischen den Büchern „Gespräch mit einem Vampir" und „Die Königin der
Verdammten".
Lestat als unschuldiger Jüngling, das hat doch schon mal was. Die
Rahmenhandlung spielt nach seinem 80-jährigem Schlaf im Jahre 1984
bzw. 85. Lestat erwacht und stellt fest, daß die Welt um ihn her doch
ganz interessant zu sein scheint. Also gräbt er sich selbst aus, nimmt
eines seiner alten Häuser in New Orleans wieder in Besitz und kommt zu
dem Schluß, daß er ab jetzt ein Rockstar sein möchte. Als er sich
einer Band anschließen will, stolpert er über das Buch seines
Vampir-Kinds Louis, das inzwischen zu einem Kultroman geworden ist.
Lestat beschließt, daß die Zeit reif ist, der Welt die Existenz der
tödlich-schönen Kinder der Nacht zu offenbaren und einiges richtig zu
stellen, was Louis falsch verstanden hat. Dabei schreibt er die
Geschichte seiner Entstehung und seiner frühen Jahre als junger Vampir
auf.
Wer wissen möchte, warum Lestat schließlich so geworden ist, wie er
später in den Romanen von Anne Rice auftritt, der wird hier
überreichlich belohnt. Dabei ist es an sich schon köstlich, wie
unschuldig sich dieser „Fürst der Finsternis" immer wieder hinstellt.
Aus Lestats Sicht der Dinge nehmen die Chroniken der anderen Vampire
merkwürdige Formen an. Wer auch immer da die Wahrheit verbiegt, Lestat
wäscht seine Hände in Unschuld.
Dabei hat er es als Jungvampir auch wirklich nicht sonderlich leicht
gehabt. Kaum ist der Bluttausch mit dem alten Magnus vollzogen, als
dieser sich auch schon ins Feuer stürzt. Keinen Ton von möglichen
Benimmregeln innerhalb der Vampirgemeinschaft - nicht einmal ein Wort
darüber, ob es noch andere wie ihn gibt. Als dann die Büssersekte des
Armand beginnt, Lestat zu jagen, versteht er zunächst einmal gar nicht
warum. Klar, die Schuld liegt bei Magnus, der ja bereits das
Verwandlungsblut stahl.
Mam merkt richtig, wie viel Spaß die Autorin dabei hatte, diesen Roman
zu verfassen. Eine Figur wie Lestat, die selbst als Untoter noch
soviel Leben versprüht - kein Wunder, daß er für viele Fans die
Kultfigur in den Werken überhaupt ist. Sein „Gejammer" hält sich in
Grenzen, schließlich ist er ja praktisch veranlagt. Richtig treffen
kann ihn so schnell nichts, auch wenn er in seiner Chronik das anders
sieht. Und auch die anderen bekannten Figuren aus den Chroniken
tauchen auf, nicht alle, aber doch ein Teil. Und wieder fragt der
Leser sich, wer denn jetzt eigentlich schuld ist an dem ganzen Chaos
in Paris, der eine schiebt es dem anderen zu und Lestat spielt doch
wieder einmal die Unschuld vom Lande.
Im Gegensatz zu den meist doch schweren, melancholischen
Lebensgeschichten einiger anderer Vampire aus den Chroniken sprüht
dieses Buch geradezu vor Lebensfreude. Lestat hat sich selbstständig
gemacht während der Entstehung dieses Romans, das merkt man als Leser
mehr als deutlich. Immer wieder tendiert er doch leicht in eine andere
Richtung, als die Autorin ihn haben will - das Krux mit Figuren, bei
denen man lange verharrt.
Alles in allem eine vergnügliche Lektüre, und deutlich leichter als
beispielsweise die Chronik des Armand. Für alle, die dieses Buch
verpaßt haben, bietet sich jetzt noch einmal die Gelegenheit, und für
einen Sonderpreis noch dazu. Und für alle, die einmal einen anderen
Vampir erleben möchten, ein guter Kennlernband.
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