Der Fürst von Morgen (Autor: John Christopher)
 
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Der Fürst von Morgen von John Christopher

Die Bücher mit dem Blauen Band

Rezension von Christian Endres

 

Fischers Bücher mit dem Blauen Band sollen jungen Leseratten regelmäßig ansprechendes Lesefutter in edlen Hardcover-Bänden präsentieren - und so freilich schnell eine baldige Vorliebe für schön aufgemachte, gebundene Bücher festigen. Zum Auftakt der ambitionierten Reihe fand so neben der Neuerzählung der Abenteuer des Löwenritters Iwein als Erstausgabe auch die Neuauflage der schon etwas älteren Fantasy-Trilogie um den titelgebenden Fürsten von Morgen ihren Weg in die edel gestaltete Edition.

 

In der Geschichte in drei Teilen arbeitet der britische Autor John Christopher (hinter dem sich übrigens der 1922 geborene Christopher Samuel Youd verbirgt, der unter dem Christopher-Pseudonym auch die Science Fiction-Bestseller-Saga um die Tripods schrieb) mit einer Welt nach dem Zusammenbruch der neuzeitlichen Moderne - und nähert sich dem ganzen postapokalyptischen Thema auf eine sehr erfrischende Art: Zu Beginn seiner Trilogie ist da von Endzeitstimmung nämlich keine Spur - stattdessen mutet das alles wieder ordentlich mittelalterlich an, als die Menschheit den Weg zurück in die Zivilisation sucht. Doch die Spuren der Vergangenheit sind nach wie vor existent, wenn man nur weiß, wo man abseits der Geistermagie, Zwerge und Ritterturniere nach ihnen Ausschau halten muss. Und sei es nur in der Zeitlosigkeit der Fehler, die schon einmal zum Kollaps geführt haben ...

 

Die Trilogie aus den 1970ern gilt als Klassiker der fantastischen Jugendliteratur - allerdings ist sie alles andere als leichte Kost. Das zeigt nicht nur die Nachbetrachtung von Dietmar Dath am Ende des blauen Leinenbandes, sondern auch die gesamte Anmutung der Geschichte. Christopher beschreitet seinen eigenen Weg, schafft seine eigene Welt - das war’s dann aber schon mit den gängigen Mustern. Darüber hinaus ist der Dreiteiler eine sprachlich reichlich trockene Ich-Erzählung mit wenig nach außen getragenen Empfindungen und stets einer gehörigen Portion emotionalem Abstand zum Geschehen - zumindest auf den ersten Blick, denn zwischen den Zeilen lauert der Tiefgang, lauern die Gefühle und die wahre Bedeutung dieses Werks.

 

Doch gerade für jüngere Leser ist es nicht immer ganz leicht, sich an Christophers Figuren zu binden, da selbst Protagonist Luke eher ein Fernrohr in die Welt und Stimmungen des Fürsten von Morgen ist, also wieder mit gehörig Abstand zum Geschehen. Dafür punktet der Fürst durch seine allgegenwärtige, aber niemals störende Kritik an der menschlichen Unbelehrbarkeit, welche die Trilogie wie ein roter Faden der Bitterkeit durchzieht. Ein bisschen lebendiger und feuriger hätte es trotzdem hier und da gerne sein dürfen. Und ob all die moralischen und kritischen Fragen im Subkontext des Werkes bei der Zielgruppe wirklich ankommen und diese nicht vorher vor dem trockenen Geschehen kapituliert, ist trotz des tollen Abschlusses der Story leider ebenfalls eine nicht ganz unberechtigte Frage ...

 

»Der Fürst von Morgen« also ein verdienter Klassiker? Ja, definitiv. Ein innovatives Setting samt andersartiger Herangehensweise an die literarische Postapokalypse? Fraglos. In der Neuauflage ein Top-Preis-Leistungs- Verhältnis? Aber hallo!

 

Aber auch eine spritzige, fesselnde Lektüre? Leider nur bedingt.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240419190735d7df7734
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Der Fürst von Morgen

Reihe: Die Bücher mit dem Blauen Band

Autor: John Christopher

Hardcover, 504 Seiten

Leinen im Pappschuber

Fischer, März 2008

ISBN: 3596852714

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 08.05.2008, zuletzt aktualisiert: 24.03.2024 19:16, 6451