Nicht immer müssen Romane in fernen Welten spielen. Manchmal reicht es auch aus, einfach die Sichtweise zu verändern, so wie in Rob Perrys Debütroman Der große Gary. Der 1987 geborene, englische Autor hat sich nach Studium und Job als Fitnesscoach dazu entschieden, sich nur noch dem Schreiben zu widmen und dies nun auch recht erfolgreich getan.
Benjamin ist erst achtzehn Jahre alt. Er jobbt in einem Supermarkt, auch wenn es ihm aufgrund seiner extremen Angststörungen schwer fällt, aber seine Filialleiterin weiß ihm zu helfen. Und bisher war auch seine Oma immer im Caravan Park für ihn da.
Nun aber liegt sie im Krankenhaus, was schon herausfordernd genug ist, aber noch schlimmer wird es für ihn, als ihm am Strand ein Hund zuläuft, den dann auch noch ein Bekannter als schnellster Hund des Landes erkannt wird und Ärger wittert.
Denn natürlich sind die eigentlichen Besitzer des »Großen Gary« nicht gewillt, ihren besten Windhund so einfach aufzugeben, und genau das bringt Benjamin dazu, schließlich über seinen Schatten zu springen und den Roadtrip seines Lebens zu starten, so herausfordernd das für den jungen Mann auch ist.
Denn irgendwie hat sich das Tier, das natürlich viele Keime an sich trägt, dennoch in sein Herz geschlichen und er fühlt sich enger mit ihm verbunden, als er es für möglich gehalten hat. Und deshalb will er es um jeden Preis retten.
Das ist auch die Triebfeder für die ganze Geschichte, die zeigt, dass auch ein von Angststörungen gequälter Außenseiter, der die Welt ganz anders wahr nimmt, irgendwann etwas so viel bedeutet, dass er seine Grenzen überschreitet. Das ganze wird dann auch noch recht ruhig und fast ganz aus der Sicht von Benjamin erzählt dessen Erlebnisse und Gedanken im Vordergrund stehen.
Dazu kommt neben dem schrägen Lebenskünstler und Gauner Leonhard, der ebenfalls nicht so ganz in die Gesellschaft passt, auch noch ein paar ganz normale Menschen, die mehr oder weniger in das Schicksal eingreifen.
Die Geschichte strahlt durchaus eine gewisse Faszination aus, gerade weil man vieles nur aus der ganz besonderen Weltsicht Benjamins mitbekommt, bleibt aber auch auf einer gewissen Distanz.
Das relativ offene Ende mag zudem Absicht sein, könnte jedoch auch dem ein oder anderen Leser nicht ausreichen. So oder so kann man den Roadtrip der besonderen Art aber genießen, denn es gibt auch immer wieder spannende Momente und Wendungen, die man so nicht hat kommen sehen.
Zeitlich verortet ist das ganze in den ersten Monaten der Corona-Pandemie, in der man mit der Krankheit noch nicht ganz so gut umzugehen wusste, was dem ganzen einen zusätzlichen Reiz gibt.