Der Lamo-Kodex (Autor: Stefan Blankertz)
 
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Der Lamo-Kodex von Stefan Blankertz

Rezension von Ralf Steinberg

 

Verlagsinfo:

Vor 3600 Jahren ging in einem der gewaltigsten Vulkanausbrüche der Erdgeschichte Atlantis unter. Überlebende wurden in eine unbekannte und unwirtliche Welt geschleudert. Seit dieser Zeit träumen Innenweltler davon, einen Weg zurück in die Außenwelt zu finden. Dieser Traum passt allerdings nicht in die aufgeklärte, wissenschaftliche und politische Landschaft, zu der die Innenwelt inzwischen geworden ist. So werden die "Außenweltsucher" belächelt, aber auch mit Gewalt verfolgt. Dem jungen Lamo wird nach seinem Volljährigkeitsfest eröffnet, dass er zum "Außenweltsucher" erwählt wurde. Als er es mit wenigen Mitstreitern schließlich nach vielen Schwierigkeiten schafft, in die Außenwelt zu gelangen, findet er dort eine kaum weniger unwirtliche Welt vor.

 

Rezension:

Die Erde als Hohlwelt gehört zu den ältesten Theorien der Geologie. Die wohl bekannteste Auseinandersetzung mit der Struktur des Erdinneren lieferte Jules Vernes in seinem Roman Die Reise zum Mittelpunkt der Erde.

Ein bewohnbarer Hohlraum in großer Tiefe - bei Stefan Blamkertz wird aus dieser Idee eine Art natürliche Dyson-Sphäre. Der eigentliche Erdkern ist eine kleine Sonne im Zentrum der Erde. Die Innenseite des Hohlraums verfügt über eine Schwerkraft, die zur Erdkruste gerichtet ist und damit die Bildung von Ozeanen ermöglicht. Die physikalischen Aspekte werden jedoch im Roman nur angerissen und können getrost als reine Fiktion betrachtet werden, denn Blankerzt will als promovierter Soziologe über ganz andere Dinge berichten.

Der Roman besteht aus verschiedenen Erzählebenen. Da hätten wir zum einen die deutsche Wirklichkeit, in deren Mittelpunkt ein alter linksradikaler Anthropologe steht, der von der Polizei zu einem ungewöhnlichen Fall herangezogen wird. In einem Zoo, mitten im Gehege einer Affenfamilie, sind seltsame Eindringlinge aufgetaucht. Doch im Gemengelage aus Politik, persönlichen Ressentiments und medialem Wahnsinn, geraten die Ereignisse schnell außer Kontrolle und diverse Missverständnisse führen zur Tragödie.

Auf der anderen Ebene erfahren wir in Form einer netten Kamingeschichte die Geschichte von Lamo, dem Außenweltsucher und dadurch eine ganze Menge über den Hintergrund der Höhlenwelt. Blankerzt entwickelt eine Gesellschaft mit zwei recht unterschiedlichen Ethnien, die sich nie ganz grün sind, oft bekriegen und damit typischen Menschen gleichen. Die Kombination mit deutscher Befindlichkeit ist so erheiternd wie beklemmend, man weiß an einigen Stellen nicht ganz genau, ob der der Autor hier zynische Schlussfolgerungen zieht oder munter parodiert. Besonders in der Figur des Professors Herrmann Brause, der ständig mit sich selbst und der Umgebung kämpft, legt der Autor viel Verbitterung hinein. Der Altachtundsechziger lebt in einer Welt, die seinen Idealen zuwider läuft. Er sieht überall Verdummung, Lügen und faule Kompromisse, wo er vorsichtig mit dem Konjunktiv jongliert, schlägt ihm ein kategorischer Imperativ entgegen. Er hat das Gefühl, dass der Feind von damals doch noch über die Blumenrevolte triumphierte und nur ihm fällt das auf.

Der Leser erkennt natürlich schnell, dass auch Lamo mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hat. Auch er ist ein Außenseiter, der gegen die öffentliche Meinung und Vorurteile angeht.

 

Ein weiterer wesentlicher Aspekt des Buches liegt in der Sprache. Blankertz erschafft nicht nur zwei völlig neue Sprachen, er bezieht sie auch beständig in die Handlung ein, macht sie zu kulturellen Merkmalen, anhand derer er Unterschiede in den Lebensweisen verdeutlicht, seien es Rangunterschiede oder Sex-Praktiken. Dadurch gelingt es dem Autor wesentlich deutlicher seine Weltenschöpfung zu beschreiben, als durch tausende Seiten Erklärungen. Er wandelt recht flott auf Tolkiens Spuren und bietet mit einem umfangreichen Anhang tiefe Einblicke in seine Sprachkreation.

Dabei ist ein spannender und vor allem abwechslungsreicher Roman entstanden, dessen besondere Note in den kritischen und bitterbösen Szenen zu finden ist.

 

Fazit:

Stefan Blankertz liefert mit dem Lamo-Kodex eine nachdenklich stimmende Sozial-Utopie. Seine Figuren sind eigen aber nachvollziehbar und ihr Kampf um das Bestehen in einer nicht perfekten Gesellschaft ist sowohl voller Tragik, als auch Humor. Ein ungewöhnliches Stück deutscher Phantastik.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024041821513277bcd776
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Buch:

Der Lamo-Kodex

Autor: Stefan Blankertz

Taschenbuch, 303 Seiten

Edition Phantasia, Oktober 2010

Cover: Stefan Blankertz

 

ISBN-10: 3937897410

ISBN-13: 978-3937897417

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 17.02.2011, zuletzt aktualisiert: 10.04.2024 18:52, 11562