Der Magier der Erdsee von Ursula K. LeGuin
Reihe: Erdsee Band 3
Rezension von Christel Scheja
1968 erschien in England eine zunächst als Jugendbücher geplante Trilogie. Die junge Autorin Ursula K. LeGuin schuf Fantasy, die nur wenig mit den barbarischen Welten der Sword&Sorcery oder den Epen a la Herr der Ringe zu tun hatte. Ihre Geschichte konzentrierte sich auf die kleinen, unscheinbaren Dinge, und das, was Menschen mit ihnen anstellen konnten. „Der Magier der Erdsee“ erzählte wie auch „Die Gräber von Atuan“ und „Das ferne Ufer“ Geschichten aus dem Leben des jungen Magiers Sperber alias Ged. Anfang der 90ger Jahre setzte sie ihre Saga mit dem Werk „Tehanu“ fort und leitete mit einer Kurzgeschichtensammlung über zu Romanen mit neuen Abenteuern aus Erdsee, in denen Ged nur noch eine Nebenfigur ist. Diese Spätwerke sind aber nicht mehr ganz mit den ersten drei Bänden zu vergleichen.
„Erdsee“ wurde bereits zweimal verfilmt. Zwar distanzierte sich die Autorin von dem Fernseh-Zweiteiler von 2004, doch die filmische Umsetzung des ersten Bandes mit Elementen aus dem Zweiten konnte dem Zuschauer zumindest einen Hauch der Magie von Erdsee vermitteln. Das durch seine qualitativ hochwertigen Animes bekannte Studio Ghibli setzte den dritten Roman „Das ferne Ufer“ 2006 als Zeichentrickfilm „Gedo Senki“ um.
Die Inselwelt von Erdsee bietet vielen Völkern eine Heimat, große Reiche haben allerdings keine Chance zu bestehen, da die isolierte Lage vieler Inseln eine Kontrolle so gut wie unmöglich macht. So beschränken sich sogar die kriegerischen Karg nur auf Überfälle. Bei einem dieser Raubzüge auf Gont erwacht in Sperber, dem Sohn des Schmiedes ein ungewöhnlich starkes magisches Talent. Der Zauberer Ogion nimmt sich des Jungen an, merkt aber schon bald, dass er dessen Neugier und Kraft nicht alleine unter Kontrolle halten kann. Sperber ist zu neugierig und ungeduldig und stöbert schon in Büchern, die ihm eigentlich noch verboten sind.
Deshalb schickt Ogion ihn auf die berühmte Zauberschule von Rok, in der Hoffnung, der Junge, dessen wahrer Name eigentlich Ged lautet, dort rechtzeitig zur Vernunft kommt, ehe er sich selbst in Lebensgefahr bringt. Doch das ist vergebliche Liebesmüh. Provoziert durch einige adlige Schulkameraden, wagt Sperber einen viel zu mächtigen Zauber, der das Tor zum Totenreich öffnet. Mit üblen Folgen für seinen Körper und seine Seele. Von nun an trägt Ged eine Narbe im Gesicht, und die Gewissheit, dass er ein von Schatten gejagter Verfluchter ist und den Tod mit sich trägt...
Auch wenn das Abenteuer und die Action nicht zu kurz kommen, so merkt man doch sehr schnell, worauf es Ursula K. LeGuin wirklich ankommt. Ihr Held ist kein übermächtiger und sicherer Magier, sondern zunächst nur ein Junge, der sich völlig überschätzt, die Warnung anderer in den Wind schlägt und längere Zeit braucht bis er begreift, wie er die auf sich geladene Schuld sühnen kann. Wie die anderen Figuren in ihrem Buch ist er glaubwürdig und lebendig geschildert, mit Schwächen und Fehlern.
Die Magie ist kein bloßes Werkzeug, dass man ohne Nachzudenken benutzen kann, denn durch den „wahren Namen“ eines jeden Gegenstandes oder Wesens, dass man manipulieren will, greift man in die Schöpfung ein und kann das empfindliche Gleichgewicht stören. Oder man eröffnet dunklen Schatten einen Weg in das Diesseits. Missbrauch kann üble Folgen haben.
Der Autorin gelingt es mit einfachen und klaren Worten eine mystisch-versponnene Atmosphäre zu erzeugen, die den Leser in den Bann schlägt und jenseits jeden Kitsches ist.
Es bedarf keiner epischer Taten oder exotischer Hintergründe, um eine spannende Abenteuergeschichte zu erzählen. Manchmal sind es gerade die Entscheidungen Einzelner, die den Leser mehr fesseln und mitfiebern lassen, als die x-te Rettung der Welt.
Das macht damals wie heute die Qualität des Romans und seiner beiden Nachfolgebände aus, die sich schon in den 70-ger Jahren zu einem der bekannteren Werke der Fantasy mauserten und auch heute noch zu Recht als Klassiker neben Tolkien genannt werden müssen.
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