Der Nebelkönig von Susanne Gerdom

Rezension von Christel Scheja

 

Vor einigen Jahren debütierte Susanne Gerdom mit ihrer „Anida“-Trilogie im Heyne-Verlag. Seither hat die ausgebildete Buchhändlerin, die allerdings heute als Regisseurin und Schauspielerin an verschiedenen Düsseldorfer Theatern arbeitet, schon einige Romane für Jugendliche und Erwachsene veröffentlicht, vor allem bei Piper. „Der Nebelkönig“ ist ihr erster Roman für Ueberreuter und wendet sich an ein etwas jüngeres Publikum.

 

Vor vielen Jahren brachte der Nebelkönig im Zeichen des Wolfes großes Unglück über die Welt, nachdem er seinen Ziehvater, den letzten aller Drachen umgebracht hatte, Zusammen mit drei Gefährten gelang es erst der Katzenkönigin ihn zu stellen und zu besiegen, aber nicht zu töten.

Dies ist eines der Märchen, die das Küchenmädchen Sallie besonders gerne mag und immer wieder gerne zur Hand nimmt, wenn sie ihre knappe Freizeit in der Bibliothek verbringen darf. Sie hat das Gefühl es gut getroffen zu haben, denn die Herrschaft und die übergeordneten Diener sind sehr nett und lassen ihr viele Freiheiten, sie ist auch mit der Arbeit zufrieden, auch wenn sie hart ist. Nur der Kammerherr macht ihr Angst.

Dann aber beginnen sich Dinge zu verändern. Sie begegnet einem geheimnisvollen grau gekleideten Mann in der Bibliothek, der ihr ein Buch schenkt. Danach ist alles anders. Sie entdeckt, dass sie Dinge beeinflussen kann, dass vieles von dem, was sie für Wahrheit gehalten hat, nur Fiktion ist und sie interessante Türen öffnen kann, die ihr vorher verschlossen waren.

Nach und nach beginnt sie sich auch zu fragen, ob die Geschichten, die sie gelesen hat, wirklich geschehen sind und inwieweit diese stimmen. Schon bald wird ihr klar, dass die ausgerechnet die Legende vom „Nebelkönig“ der Schlüssel zu allen Geheimnissen ist und sie schon längst mitten in einem gefährlichen Abenteuer steckt, in dessen Verlauf ihre Entscheidungen das Schicksal der Welt beeinflussen werden.

 

Ähnlich märchenhaft wie der Aufhänger ist auch die Geschichte um Salle dem einfachen Küchenmädchen, dass eigentlich mehr ist, als sie geglaubt hat zu sein und mit einem klassischen Thema spielt: Was ist Wahrheit, was ist Lüge? Wie sollte man alte Schriften lesen, um den wahren Kern darin zu erkennen und ist wirklich alles was niedergeschrieben wird, nur Fiktion?

Die Autorin beginnt ein Verwirrspiel, dass überschaubar genug, um auch schon Leser ab 10 Jahren zu fesseln und nicht nur ältere Jugendliche. Denn wirklich in Gefahr gerät die Heldin nicht, auch was die Gewalt angeht, bleibt das Buch weit hinter dem zurück, was andere Romane für diese Altersstufe bieten. Auch werden Dinge einfach als gegeben vorausgesetzt, die ältere Leser bereits interessiert hinterfragen.

Das ganze bettet die Autorin in eine Atmosphäre und Umgebung ein, die fatal an die Herrenhäuser und Landgüter des viktorianischen England erinnern. Zwar gibt es immer noch eine sehr strenge Hierarchie in den Häusern, die Mägde sind aber längst nicht so ungebildet wie zuvor, denn es ist essentiell notwendig für den Plot, dass Sallie lesen kann. Und auch die neblige Atmosphäre spricht sehr für die unheimlichen alten Gemäuer, die im 19. Jahrhundert so gerne der Hintergrund für die Romane der Schauerromantik war.

Die Charaktere sind sehr einfach gestrickt. Selbst Sallie über die man noch am meisten erfährt, bleibt sehr oberflächlich, die Nebenfiguren sind meist nur auf eine Aufgabe ausgerichtet. Auch auf jedwede Romanzen wird verzichtet, obwohl es stellenweise so aussieht, als würde die Heldin irgendwelche Gefühle entwickeln.

Die Handlung selbst ist weitestgehend geschickt und spannend aufgebaut, denn die Geheimnisse enthüllen sich Schritt für Schritt, nur am Ende überstürzen sich die Ereignisse sehr und auch die Auflösung ist für erfahrene Leser sehr simpel.

 

Alles in allem ist „Der Nebelkönig“ ein interessantes Fantasy-Märchen mit leichten Goth-Anklängen, das vor allem jüngeren Lesern gefallen dürfte, die noch spannende Abenteuer und Freundschaft allem anderen vorziehen.

 

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